Kellerwelt
nächsten. „Die beiden Zivilisten wirst du bei der ersten
Gelegenheit verheizen. Sie könnten dir hinter der Kriegszone zwar nützlich
sein, doch du wirst keinen Augenblick zögern, die beiden ins Feuer zu schicken.
Und diesen anderen Kerl in Schwarz wirst du erledigen, sobald ihr die
Kriegszone hinter euch habt. Du willst nämlich eine neue Siedlung aufbauen, um
dort wieder den großen Chef zu markieren. Und dabei kannst du keine Konkurrenz
brauchen."
Der Chef starrte das Orakel
mit hochgezogenen Augenbrauen an. Der Gesichtsausdruck sollte offenbar eine
Mischung aus Überraschung und ironischer Anerkennung ausdrücken.
„ Gar nicht schlecht, Orakel.
Ich wusste ja gar nicht, wie viel kriminelle Energie in dir steckt. Ich muss
zugeben, dieser Plan ist nicht übel. Das Dumme daran ist nur, dass er von dir
stammt und nicht von mir. Diesen Schwachsinn hast du dir ausgedacht, nicht
ich."
„ Das glaube ich dir
nicht", sagte das Orakel. Diesmal hechelte es nicht mehr jedem Wort hinterher, sondern sprach völlig normal. „Ich
habe nie nachvollziehen können, was es mit diesen Aufgaben auf sich hatte.
Jetzt kann ich es. Irgendwie haben die mir Informationen in den Arm gespritzt.
Und deswegen weiß ich genau, was du planst."
Die Kleine wandte sich ab.
„Oh Mann, der macht immer nur Stunk. Ich glaube, der kann gar nicht anders.
Immer versucht der, einem komische Sachen in den Kopf zu setzen."
„ Schluss jetzt",
kommandierte der Chef und wandte sich dann an alle. „Wir werden uns von diesem
Geschwafel nicht aus der Fassung bringen lassen. Das Orakel steht einfach nur
darauf, Leute gegeneinander auszuspielen. Darauf werden wir nicht hereinfallen,
ist das klar?"
Bevor jemand darauf
reagieren konnte, legte das Orakel nach: „Ich weiß von den Kindern. Ich weiß
alles. Sie haben es mir in den Arm gespritzt."
Der Chef wirbelte herum. „Du
weißt einen Scheiß! Und jetzt halt deine Klappe, Orakel. Halt die Klappe, bevor
ich sie dir stopfe. Wir müssen zusammenhalten."
Bis zu diesem Moment hatte
er noch nicht viel auf das Gerede des Orakels gegeben. Die Veränderung, die mit
dem Orakel vor sich gegangen war, hatte ihn zwar interessiert, doch er hatte
sich noch nicht von den Ausführungen anstecken lassen. Dies änderte sich nun,
denn das Stichwort „Kinder" hatte er schon einmal gehört. Deswegen hakte
er nach.
„ Was ist mit den
Kindern?"
Das Orakel lachte,
verschluckte sich, hustete. Als es wieder zu Atem kam, sagte es: „Was glaubst
du denn, wie er diesen Entsorger ausgetrickst hat?"
„ Orakel, es reicht",
sagte der Chef bedrohlich leise.
„ Nein nein ",
fuhr er dazwischen. „Lass das Orakel ruhig mal reden."
„ Er hat sich in einer
…"
Weiter kam das Orakel nicht.
Die Mündung der Remington-Flinte ruckte schneller nach oben, als das Auge
folgen konnte. Dann bellte die Flinte einen Schuss hinaus, der das Orakel genau
in die Magengrube traf. In der Enge des Korridors brachte der Abschussknall
beinahe die Trommelfelle aller Anwesenden zum Bersten. Nur der Chef und das
Orakel pressten nicht die Hände auf die Ohren. Der Chef, weil er auf den Knall
gefasst gewesen war und das Orakel, weil es gerade damit beschäftigt war,
zusammenzuklappen wie ein Taschenmesser.
Für einen Moment schien im Korridor
ein fürchterliches Durcheinander zu herrschen, doch er wusste, dieser Eindruck
entstand nur durch den Ausfall des Gehörs und das Zurückweichen aller
Anwesenden. Das Panzerchen und die Kleine traten automatisch zurück, um aus dem
unmittelbaren Wirkungsbereich der Schrotflinte zu kommen.
Er hingegen wartete ab, bis
der Tinnitus nachließ und die Geräusche des Korridors allmählich wieder
durchließ. Dann hörte er die Stimme des Orakels.
„ Die Kinder. Die
Kinder."
Das Orakel krümmte sich auf
dem Boden. Der Bauchschuss musste barbarische Schmerzen verursachen. Er trat an
den Verwundeten heran und beugte sich über ihn. Dabei versuchte er, an eines
der Medipacks in seiner Beintasche heranzukommen.
„ Was ist mit den
Kindern?"
Die Augen des Orakels
suchten seinen Blick und hielten ihn fest. „Aufpassen. Du musst aufpassen. Der
Chef ist völlig kaputt. Dem ist nicht mehr zu helfen. Aber du, du bist noch
nicht verdorben. Du kannst immer noch werden, was immer du sein willst. Vergiss
das bloß nicht."
Der Chef trat von der
anderen Seite heran. „Meine Fresse, der lebt ja immer noch. Moment mal."
Der Liliputaner betätigte den Repetiermechanismus der Remington-Flinte,
richtete die Mündung auf den Kopf
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