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Kellerwelt

Kellerwelt

Titel: Kellerwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niels Peter Henning
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reinigen und alle Dissidenten erschießen. Als er
dann völlig durchdrehte und nur noch herumbrüllte, habe ich die Gelegenheit
genutzt und mich abgesetzt. Dachte mir, der Entsorger sei erledigt. Vielleicht
war er das auch. Vielleicht ist jetzt ein ganz anderer Kerl hinter uns her als
der, mit dem ich es damals zu tun hatte. Aber das ist jetzt dein Problem. Ich
ziehe weiter und starte irgendwo eine neue Siedlung. So, und jetzt ist
Schluss."
    Damit hatte der Zwerg Recht.
So sehr er auch getrödelt hatte, er hatte inzwischen alle Nahrungsriegel und
Wasserflaschen aus dem Rucksack gekramt. Nun war wirklich Schluss.
    Der Zwerg richtete die
Remington auf seine Knie. „Nimm es nicht persönlich, aber zwei Häuptlinge sind
einfach einer zu viel."
    Er blätterte in Gedanken
rasend schnell einen Katalog von Fragen durch, die er dem Chef noch stellen
konnte, doch er wusste, die Zeit würde nicht reichen. Also versuchte er, den
letzten noch verbleibenden Augenblick zu nutzen, indem er sich gedanklich auf
den Schmerz vorbereitete, der gleich durch seine Beine jagen würde. Doch als
der Schuss fiel, blieb der Schmerz aus. Stattdessen donnerte die Schrotladung
in den Dreck, direkt vor seinen Füßen.
    Der Grund für diesen
Fehlschuss waren zwei Hände, so groß wie Bratpfannen, die aus der Dunkelheit
des Bunkereingangs aufgetaucht waren und den Chef unter den Armen gepackt
hatten. Sie rissen den Zwergen in die Höhe und stampften dessen Kopf
buchstäblich in die Decke des Bunkers. Dabei löste sich der Schuss, bevor die
Flinte aus den Fingern des Liliputaners glitt und zu Boden klapperte.
    „ Panzerchen?" Er konnte
kaum glauben, was er da sah.
    Das Panzerchen nickte und
hielt den Chef wie eine ungezogene Katze im Genick gepackt. Dabei wies das
Panzerchen kurz mit dem Kinn auf den Chef. „Absolut inakzeptables
Sozialverhalten", brummte der Riese, „weit jenseits der
Toleranzgrenze." Dann warf er den Chef gegen die Wand des Bunkers. Dabei
wirkte der Kartograph wie ein Kind, das ein defektes Spielzeug von sich warf.
    Er sprang sofort zu seinen
Waffen und sammelte sowohl das Gewehr als auch seine Automatik ein. Dann
schnappte er sich die Schrotflinte und zog sich damit zur gegenüber liegenden
Wand zurück. Dort betätigte er den Repetiermechanismus dreimal in rascher
Folge. Auf diese Weise warf er alle Patronen aus der Waffe aus. Dann ließ er
die Schrotflinte fallen.
    „ Panzerchen, räum' die
Sachen schnell in meinen Rucksack."
    Der Kartograph nickte und
machte sich sofort an die Arbeit. Unterdessen ging er zum Chef, der sich gerade
von seinem Schock und seinen Einschlägen in Decke und Wand erholte. Der
Unterkiefer des Liliputaners arbeitete, doch es kam kein Wort heraus.
    „ War ein guter Plan",
sagte er zum dem Liliputaner. „Nur eine Sache kapiere ich nicht: Weswegen
müssen die Bösewichte immer so viel schwafeln? An deiner Stelle hätte ich mir
einfach ein Loch ins Bein geschossen und fertig. Etwa so:" Er hob das G-36C
und schoss ein Loch in den rechten Oberschenkel des Chefs. Der Liliputaner
schrie auf und ließ eine bemerkenswerte Serie von Flüchen vom Stapel.
    Er ließ sich davon nicht aus
dem Konzept bringen. „Gut. Und jetzt verschwinden wir von hier. Da drüben liegen
deine Waffe und Munition. Medipacks hast du auch genug. Mach was draus."
    Er gab dem Panzerchen einen
Klaps auf die Schulter und wandte sich zum Gehen. Der Chef rief noch etwas
hinter ihm her, doch das hörte er schon nicht mehr. Es interessierte ihn auch
nicht sonderlich.
    „ Weswegen wurde dieses
Subjekt nicht terminiert?", fragte das Panzerchen mit seiner
Butler-Stimme.
    „ Nicht nötig",
antwortete er über die Schulter. „Hast du mitbekommen, was dieser Scheißkerl
mit mir vorhatte?"
    Das Panzerchen nickte.
    „ Genau die gleiche Nummer
ziehe ich jetzt mit ihm ab. Ich habe den Plan allerdings ein wenig erweitert.
Meinetwegen kann er sich verarzten. Bis er wieder auf den Beinen ist, sind wir
längst über alle Berge. Vielleicht läuft auch der Entsorger auf ihn auf. Mit
etwas Glück knallen sich die beiden gegenseitig ab. Das wäre dann die
biologische Endlösung."
    Draußen wartete die Kleine.
Sie warf ihm einen fragenden Blick zu, als hinter dem Panzerchen niemand mehr
folgte. Er schüttelte seinen Kopf. „Der Chef hat entschieden, seinen
Lebensabend hier zu verbringen. Und glaub mir, das geht schon in Ordnung."
    Er rechnete mit einer
Diskussion, denn schließlich schien die Kleine dem Liliputaner beinahe schon
hörig zu sein. Umso mehr

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