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Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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Körper ihrer Abstammung Hohn sprach, ein lebender Widerspruch, der ständig mit seiner eigenen, inneren Maschinerie im Kriegszustand lebte.« Graal seufzte. »Aber wie ich sehe, begreifst du nicht; stattdessen sehe ich, dass du eine … Unterweisung brauchst.«
    Graal stand auf und gab jemandem außerhalb des Kreises der Soldaten ein Handzeichen. Vier Männer zogen daraufhin einen Handkarren herbei, auf dem … Elias kniete noch, aber der Anblick erschütterte ihn. Er riss die Augen auf, ohne zu erkennen, geschweige denn zu begreifen, was er da sah. Es war eine pervertierte, löwenähnliche Gestalt, mit blasser, weißer Haut, Büscheln von weißem und grauem Fell, einem riesigen Kopf, der gespalten war. Aus dem Spalt ragten lange, gebogene, rasiermesserscharfe Reißzähne aus Messing heraus. Der Körper war an manchen Stellen aufgerissen, und Elias sah eine höchst komplexe Maschinerie, die sich darin bewegte; winzige Zahnräder, Miniatur-Kolben. Er hustete, legte den Kopf auf die Seite und begriff immer noch nicht.
    Dann stieg ihm der Gestank in die Nase. Elias erbrach sich auf das Heidekraut.
    Graal trat zu dem Leichnam, der in zwei Stücke gerissen war, und legte eine Hand auf das verwesende, aufgeblähte Fleisch. Er blickte beinahe liebevoll in die kleinen, dunklen Augen, in denen jetzt kein Funke Leben mehr war, trotz der immer noch funktionierenden Mechanik im Körper des Canker. »Tot und doch nicht tot. Lebendig und doch nicht lebendig. Der arme Zalherion. Armer Zal. Du hast nie geglaubt, dass es so enden würde, hab ich recht? Du hast nie gedacht, dass es so sein würde.«
    Graal drehte sich herum und deutete auf den Boden. Ein Schwert klatschte mit der stumpfen Seite der Klinge gegen Elias’ Kopf, und er brach mit einem Grunzen zusammen. Sterne tanzten vor seinen Augen. Als er sie wieder öffnete, hörte er ein Hämmern und sah, dass Stäbe tief in die gefrorene Erde getrieben wurden. Man spreizte ihm Arme und Beine, und als er wieder zu sich kam, begann er sich zu wehren. »Was macht ihr da?«, kreischte er. Seine Stimme klang panisch. »Was zum Teufel geht hier vor?«
    »Du wirst uns helfen«, erklärte Graal gelassen.
    »Was wollt ihr wissen?«, keuchte Elias.
    »Nicht auf diese Weise. Du wirst schon sehen.« Graal drehte sich um und trat zu dem Handkarren. Dann zückte er sein Schwert und schlitzte den toten Canker, seinen Bruder, von den Lenden bis zur Kehle auf. Haut und Muskeln klappten zurück, als wäre der Kadaver mit einem Reißverschluss geöffnet worden. Organe und Eingeweide quollen heraus, von denen die meisten mit einer Mechanik verbunden waren, deren Zahnräder und Kolben sich immer noch bewegten. Einige Teile hatten winzige Zapfen, die rhythmisch arbeiteten, wie das Ticken eines Uhrwerks, und jetzt wie auf kleinen Messingbeinen über die Heide trippelten … »Du musst verstehen«, fuhr Graal fort, »wenn ein Canker stirbt, stirbt für gewöhnlich die Maschinerie in ihm ebenfalls. Aber gelegentlich kommt es zu einem Phänomen, das wir noch nicht richtig verstehen; die Maschinerie wird zu einem Parasiten, der ein Eigenleben entwickelt … Sie lebt weiter, selbst nach dem Tod seines Wirtes, und kann in ein anderes Lebewesen implantiert werden. Und nun sieh hin.«
    »Nein!«, zischte Elias kaum vernehmlich.
    »O doch, sieh nur zu, das ist wirklich ein einzigartiges Schauspiel.« Graal lächelte und trat zurück, als die Maschinerie über das Heidekraut zu Elias’ am Boden liegender Gestalt wanderte.
    Die Kolben zischten, beschleunigten, als witterten sie frisches Blut, frisches Fleisch. Zahnräder klickten in rascher Folge, Rädchen drehten sich und goldene Drähte wanden sich wie Schlangen. Sie glitten durch das Heidekraut, bis sie Elias erreichten, krochen seinen Körper hinauf, und er begann zu schreien, zu brüllen, um sich zu schlagen und zu treten. Aber die Drähte glitten unaufhaltsam über seine Haut, seine Hände, seine Füße, Arme und Beine, schoben sich unter seine Kleidung und zerrten kleine, komplexe Apparaturen hinter sich her, Maschinerien, die klickten und surrten und klackten. Draht kroch über sein Gesicht wie eine Maske, und Elias kreischte wie eine Frau … im selben Moment wand sich der Draht in seinen Mund, in seine Nase, presste sich in seine Augen, woraufhin er noch mehr um sich schlug. Doch plötzlich verstummten seine Schreie, und eine kalte Stille schien über die Moore zu wehen, als die erste Einheit der Maschinerie ihn erreichte, seine Wange hinaufglitt und

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