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Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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sicherheitshalber gehalten wurden. Die weniger Wahnsinnigen waren wie Pferde angeleint und wirkten im Augenblick friedlich; das würden sie so lange sein, wie sie kein Blut rochen, den Rausch des Mordens nicht schmeckten. Graal betrachtete sie, leckte sich seine dünnen Lippen und musterte die riesigen, untersetzten Monster, die, wie er wusste, so eng mit der Seele der Vachine verknüpft waren.
    Gelegentlich fuhr eine dieser Bestien ihre Krallen aus und schlug nach dem weichen Bauch eines anderen Canker, was bösartiges Knurren und Fauchen auslöste. Aber das kam selten vor; es genügte vollkommen, diese Wesen anzubinden. Graal gebot über knapp tausend Canker, die Ausgestoßenen der Vachine-Gesellschaft. Aber es würden mehr kommen. Viel mehr. Graal spürte Kälte in seinem Inneren, als er ihre schwierige Lage bedachte, was die Blutraffinerien anging. Dann dachte er an Kradek-ka, und ihm wurde noch kälter ums Herz. Die Gänge in seinem Herzen schalteten hoch, und die Zahnräder surrten, als er das Gesicht verzog und in einem dieser seltenen Momente, in denen er seine Wut zeigte, seine Reißzähne ausfuhr und den Blick über das Land vor sich gleiten ließ. Das Mondlicht funkelte auf den Rüstungen seiner Männer. Hinter den Divisionen lag Vorgeth-Forst, und wenn sie ihn durchquert hatten, würden sie auf Vohr marschieren.
    Mein!, schoss es ihm durch den Kopf, alles mein! Es war ein seltener innerer Anfall von Hass. Dieses Volk würde leiden, es würde untergehen, und seine, Graals Armee würde … fressen!
    Graal riss sich zusammen und beruhigte sich wieder, denn es war nicht dienlich, seine Wut zu zeigen. Letztlich würde man ihm nachsagen, er hätte die Beherrschung verloren. Und ganz gewiss würde er sich diese Blöße nicht vor den niederen Albino-Clans aus den Höhlen unter dem Schwarzspitz-Massiv geben. Nein. Ein Uhrwerker sollte Charme und Verlässlichkeit ausstrahlen, kalte Logik und Kontrolle. Sie waren die überlegene Rasse. Sie waren überlegen durch Geburt und Gene, und letztendlich fußte ihre Überlegenheit auf dem Uhrwerk.
    Frangeth war Lieutenant einer Abteilung und führte seine zwanzig Männer mit gezücktem Schwert im Mondlicht zwischen den Bäumen hindurch. Ein ganzes Bataillon war aufgeteilt worden, hatte sich ausgefächert und bewegte sich jetzt von unterschiedlichen Punkten im Norden aus als Kundschafter voran, vor dem großen General Graal selbst. Frangeth war sehr stolz darauf, dass man ihn für diese Operation ausgewählt hatte, und er war mehr als bereit, sein Leben dafür zu opfern. Viel zu lange schon hatte er den Hass der Südländer gespürt, ihre irrationale, in ihrer Unwissenheit begründete Furcht, die Art und Weise, wie ihre Kultur und Kunst seine Albino-Rasse als Monster darstellte, so als wären sie nur wenig über den Insekten stehende Arbeiter, die bestenfalls eine schnelle Exekution verdient hatten. Er hatte viele Texte aus Falanor gelesen, mit Titeln wie Nordische Ethik, Auf dem Schafott und vor allem die von Hass triefenden Schwarzspitzen-Tagebücher von einer Gruppe hartgesottener Söldner, welche ebendiese Berge bereist, den »primitiven Albino-Abschaum« aufgespürt und gnadenlos abgeschlachtet hatte.
    Frangeth gehörte zu einer Eliteeinheit unter dem Kommando des legendären Darius Deall. Sie hatten Falanor infiltriert, damals, was mittlerweile bereits eine Dekade her war, und waren bis zur westlichsten Stadt Gollothrim gekommen. Dort hatten sie im Schutz der Dunkelheit die Reste dieser Abteilung Söldner aufgespürt, vor allem die Autoren der Schwarzspitzen-Tagebücher. Die fünf Männer, die trunken in Hurenhäusern ihre Einkünfte aus ihren hasstriefenden Machwerken verprassten, waren gefangen genommen, übel zusammengeschlagen und dann auf einem Ochsenkarren an den Rand des Vorgeth-Forsts geschafft worden, wo Gesetzlosigkeit an der Tagesordnung war. Dort hatten sie zuvor eine alte, verlassene Scheune ausgekundschaftet, mit kaputten Bohlen und von wilden Ratten verseucht, und hier hatten die Autoren der Schwarzspitzen-Tagebücher ihre Griffel für immer weggelegt, waren zerschnitten, aufgeschlitzt und zerhackt worden. Ihre Reste waren den Ratten überlassen worden, während das Albino-Kommando von einer Galerie aus zugeschaut und in aller Ruhe gespeist, getrunken und geplaudert hatte. Die wilden Ratten, die vor Menschen keinerlei Angst hatten, hatten sich mit ihrem Festmahl Zeit gelassen. Die Autoren der Schwarzspitzen-Tagebücher waren eines schrecklichen, aber

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