Kells Legende: Roman (German Edition)
zu vermeiden, denke ich, dass ich dir eine kleine Demonstration geben werde.« Sein Arm schwang zur Seite, die Waffe klickte, und dann knallte es, als die Miniarmbrust, die von einer Uhrwerk-Mechanik betrieben wurde, sich entlud. Das sechzehn Jahre alte Dorfmädchen wurde von dem Bolzen von den Füßen gerissen und über ein Bett geschleudert. Der Aufprall hinterließ einen roten Fleck auf ihrer Brust, und aus ihrem Rücken explodierte ein Trichter aus Fleisch und Blut, der gegen die Holzwand klatschte und Fleischbrocken sowie winzige Knochensplitter zurückließ, als er langsam an dem Holz herabglitt.
»Nein!«, kreischte die ältere Frau und rannte zu dem toten Mädchen. Sie schluchzte, schrie vor Trauer neben ihrem Leichnam, der, schlaff und nutzlos, tot auf den Boden rollte. Stille machte sich in dem Raum breit, kalte, furchteinflößende Stille.
»Verflucht, du hättest auf irgendein beliebiges Ziel schießen können!«, schrie Saark wütend.
Styx nickte, ohne Saark aus den Augen zu lassen. »Was willst du, das habe ich doch getan. Ich persönlich finde, dass das Entsetzen über zerfetztes Fleisch eine sehr nachhaltige Wirkung hat.«
Kat trat vor. Ihre Augen glühten, und sie ballte die Hände zu Fäusten. »Ihr billigen, dreckigen, stinkenden Mistkerle! Sie war eine unschuldige Dorfbewohnerin, und sie hat euch nichts getan. Warum zum Teufel habt ihr das gemacht? Warum zum Teufel habt ihr ein unbewaffnetes Mädchen getötet?«
Styx grinste und zeigte erneut seine schwarzen Zahnstummel. »Weil«, er zog die Augenbrauen zusammen, und jeder Anflug von Belustigung verschwand aus seinem Gesicht, wich einer angeborenen Grausamkeit, dem natürlichen Bösen des geborenen Räubers, der natürlichen Unmoral des Mörders, »ich ein Yelker bin und das Töten als Sport genieße.«
»Die Yelker«, zischte Saark kaum hörbar. Er hielt sein Schwert immer noch in der Hand.
Styx nickte. »Wie ich sehe, hast du von uns gehört.«
»Was zum Teufel sind Yelker?« Kat fuhr hoch, ihre Blicke zuckten zwischen Jex, Styx und Saark hin und her. Sie wollte, dass Saark angriff. Sie hatte ihn im Kampf gesehen, hatte gesehen, wie geschickt er mit seinem hübschen kleinen Rapier umgehen konnte; sie wusste, dass er die beiden rasch erreichen konnte, sie abschlachten konnte wie der Abschaum, der sie auch waren …
»Sie haben fünf Jahre im Gefängnis von Yelket gesessen«, antwortete Saark auf die Frage von Kat, ohne jedoch den Blick von den beiden Männern mit ihren Uhrwerk-Armbrüsten zu nehmen. »Sie sind sehr, sehr gefährlich. Sie wurden wegen Kell ins Gefängnis gesteckt. Sie sind vor sechs Monaten entkommen und haben seitdem die Reisenden auf der Großen Nordstraße terrorisiert, Leanorics Soldaten getötet und unschuldige Menschen überall im Land … Sie sollten eigentlich am Galgen baumeln.«
»Siehst du, du kennst uns«, meinte Styx lächelnd und richtete seine Waffe auf Kat. »Nun, Saark, mein schwuler kleiner Freund, ich möchte, dass du dein Schwert sehr langsam auf den Boden legst. Eine falsche Bewegung, und ich schieße ein Loch in Kats hübsches Gesichtchen.«
Saark spannte sich an … und in dem Moment ertönte draußen ein Schrei …
Myriam küsste Kell, und er ließ es zu. Seine Gedanken jedoch beschworen Bilder von seiner schon vor langer Zeit gestorbenen Gemahlin Ehlana herauf, die schon so lange tot war, so fern war, und doch noch so real. Bilder zuckten durch seinen Kopf … wie sie unter der verkrüppelten Eiche geheiratet hatten, Ehlana mit Blumen im Haar, als sie ihn küsste, und es war so süß, und sie waren so jung und sorgenfrei, hatten keine Ahnung, welche Schwierigkeiten in den nächsten Jahren auf sie warteten … und hier und jetzt, dieser Kuss, er fühlte sich wie ein Betrug an, obwohl sie schon so lange tot war, zu Staub zerfallen. Kell unterbrach den Kuss. »Nein«, sagte er.
»Hilf mir«, hauchte Myriam.
»Ich kann nicht.«
»Du willst nicht.«
»Richtig.« Er blickte in ihre schmerzerfüllten Augen. »Ich will nicht.«
»Ich glaube, du wirst wollen.« Sie rammte ihm eine Messingnadel in den Hals. Kell grunzte vor Schmerz und trat einen Schritt zurück, während er Myriam einen Schlag gegen den Schädel versetzte. Sie schrie vor Schmerz auf und rollte sich über den Boden, kam jedoch schnell wieder hoch, sehr athletisch. Blitzschnell hatte sie einen Dolch gezückt, und ihre Augen glänzten triumphierend, während sie ihn höhnisch angrinste.
Kell taumelte weiter zurück und berührte die
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