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Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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jedoch durch seinen Verstand von allen anderen, denn er war ein Genie. Anukis’ Großvater hatte die Kunst der Uhrwerkerei vorangetrieben und zu neuen Ufern geführt, hatte das, was einmal die relativ simple Kunst der mechanischen Zeitmessung gewesen war, zu etwas Größerem … Fortgeschrittenerem entwickelt. Und auf ähnliche Art und Weise hatte Kradek-ka die Tradition der Familie weitergeführt und auf diese Weise dabei mitgeholfen, ihre Rasse zu retten, ihr Leben zu verlängern und sie weiterzuentwickeln. Die Rasse der Vachine.
    Anukis rieb sich die Augen und stand auf. Unvermittelt rang sie nach Atem, als ihre Haut mit der kalten Luft in dem Raum in Berührung kam. Sie war nackt, und eine Gänsehaut lief ihr über die Arme. Deshalb beeilte sie sich, den dicken, seidenen Morgenmantel anzuziehen, der ihr bis zu den Knöcheln reichte. Dann trat sie zu einem Porzellanbecken, wusch sich ihre langen, zarten Finger, spritzte sich Wasser ins Gesicht und spülte sich, etwas vorsichtiger, den Mund aus. Sie rieb sich mit dem Finger über die Zähne, und das kalte Wasser verursachte ein Brennen auf ihrem Zahnfleisch. Schließlich trat sie zum Fenster des hohen Turms, in dem sich ihr Gemach befand, und blickte über das Silvatal hinweg. Ihr Blick glitt über die hohen Gipfel der Bergmassive, die diese riesige, etagenförmig angelegte Stadt umschloss wie die Schwingen eines Raubvogels sein Opfer.
    Anukis lächelte. Ein Opfer. Wie passend.
    Vielleicht holen sie mich ja heute, dachte sie. Vielleicht aber auch nicht.
    Sie war seit dem Tod ihres Vaters, seiner Ermordung, dachte sie traurig, Gefangene des Hohen Episkopats der Ingenieure, und es war ihr verboten, ihre Gemächer in dieser Zimmerflucht im hohen Turm zu verlassen. Doch die hochrangigen religiösen Ingenieure und Hohen Kardinäle begriffen einfach nicht, dass Anukis kein reinrassiges Ölblut war, wie die Mehrheit der Bevölkerung der Stadt, die jetzt unter einer frischen Schneedecke lag. Einer hübschen, kristallenen Decke, die von ihrem Fenster im hohen Turm aus wirkte wie ein Porträt in Pastell.
    Das Lächeln auf Anukis’ Gesicht erlosch.
    Nein. Sie war alles andere als reinblütig. Stattdessen trug sie den Samen der Unreinheit in sich. Was bedeutete, dass sie kein Blutöl trinken, sich nicht mit der Magie vereinigen konnte. Sie konnte nicht … fressen, wie jeder normale Vachine es vermochte.
    Anukis würde niemals den Rausch der Jagd genießen.
    Es klopfte, und die Zofe trat ein. Sie hielt eine kleine silberne Schüssel in den Händen, die sie neben Anukis’ Bett stellte. Dann zog sie sich mit gesenktem Kopf zurück und schloss die Tür, die lautlos ins Schloss fiel. Die Angeln dieser Tür hatte Anukis selbst geölt, um ihre mögliche Flucht vorzubereiten. Jetzt trat sie zu der Schüssel und blickte hinab auf den winzigen, münzgroßen Flecken Blutöl, der darin schwamm; er war dunkelrot und schillerte gleichzeitig in den Regenbogenfarben des Öls. Das war die Nahrung der Vachine. Ihr Brennstoff. Das war es, was sie zu Unreinen machte.
    Anukis konnte kein Blutöl trinken. In seinem raffinierten Zustand, so wie dieser Tropfen es war, würde es sie vergiften und sie ernsthaft krank machen. Sie würde wochenlang krank sein. Für die Uhrwerker, die Hohen Bischöfe und die Ingenieure war das eine Häresie, eine Verhöhnung ihrer Maschinenreligion; darauf stand als Strafe mindestens das Exil, wahrscheinlicher jedoch war der Tod. Anukis’ Vater hatte all die Jahre alles getan, um seine Tochter zu beschützen. Er hatte sie versteckt, hatte sogar mit den unmoralischen Schwarzlipplern aus dem Süden Geschäfte gemacht, die illegal Karakan-Rot importierten, wie man es nannte. Nur dieses unraffinierte, ganz gewöhnliche Blut, frisch aus der Vene, konnte Anukis am Leben erhalten. Und sie war sicher, dass genau diese verbotenen, heimlichen Geschäfte den vorzeitigen Tod ihres Vaters herbeigeführt hatten.
    Ein Gesicht zuckte vor ihrem inneren Auge auf. Vashell! Groß, athletisch, kraftvoll, mit winzigen Reißzähnen aus Messing, die über seine Unterlippe hinausragten. Er war einfach prachtvoll, ein wahres Kraftwerk physischer Perfektion und einer der jüngsten Vachine, die jemals den Rang eines Ingenieurpriesters erklommen hatten. Ihm war zweifellos Großes bestimmt, er würde Anführer werden! Eines Tages würde er den erhabenen Rang eines Hohen Kardinals bekleiden, möglicherweise sogar ein Uhrwerker werden!
    Er hatte Anukis bereits zweimal gefragt, ob sie ihn heiraten

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