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Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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hier? Und zwar ausgerechnet jetzt?«
    Saark richtete seinen Blick wieder auf die beiden Männer neben der Kutsche. »Das ist eine ganz ausgezeichnete Frage, mein neuer, alter und etwas zerlumpter Freund. Aber so gerne ich auch jetzt seine Bekanntschaft machen würde, ich fürchte, wir müssen uns an unseren Fluchtplan halten. Und zwar sofort. Würdest du vorangehen, Kell, zu dieser Röhre mit den widerlichen Abwässern?«
    Kell legte sich die Axt auf die Schulter, warf Nienna und Kat einen kurzen Blick zu und zuckte zusammen, wobei er sich ein wenig duckte, als er sah, was sich hinter den beiden Frauen näherte.
    »Was hast du?«, zischte Nienna und drehte sich um …
    Aus der Wand von hängenden Häuten trat gelassen und mit seinem federnden Gang ein Schnitter hervor. Sein flaches, ovales Gesicht wirkte vollkommen ausdruckslos, aber die kleinen schwarzen Augen glühten wie Kohlen im Gesicht eines Schneemanns, als sein Blick suchend durch den Raum glitt. Die senkrechten Schlitze darunter zischten, als die Kreatur zu wittern schien. Dann verzog der Schnitter sein Gesicht zu einer Grimasse, die ein Lächeln sein mochte.
    »Ich bin dir gefolgt, durch die ganze Stadt.« Er sprach gedehnt, träge, so als würden Meereswogen an einen geschmolzenen Strand schlagen.
    Saark zog sein Rapier und bedeutete den beiden jungen Frauen mit einer Handbewegung, zu ihm zu kommen. Dann holte er tief Luft und sah zu, wie der Schnitter eine Hand hob. Der Ärmel der bestickten Robe rutschte zurück und enthüllte fünf lange, spitze, knochige Finger …
    »Ich dachte, ich hätte es dir erklärt, mein Süßer. Du bist einfach nicht mein Typ.« Aber das Entsetzen in Saarks Worten war nicht zu überhören, und als Kell und er sich trennten, Kell dabei mit den Schultern rollte und sachte die Axt schwang, murmelte Saark aus den Mundwinkeln: »Behalte seine Finger im Auge. Damit saugt er dir das Leben aus dem Körper.«
    Kell nickte, während Entsetzen ihn durchflutete. Wie erstarrt stand er da, verblüfft von der Stärke der Furcht, die seinen Verstand erfüllte. Er sah sich, wie er in einem Loch lag, wie Würmer seine Augen fraßen, seine Haut, seine Lunge und sein Herz.
    Komm zu mir, sagte die Stimme in seinem Kopf. Es war wie ein Lied, ein Wiegenlied. Ein Ruf, der noch stärker war als das Leben selbst.
    Komm zu mir, mein Kleiner.
    Der Schnitter trat vor, und mit einem Schrei griff Saark an. Sein Rapier bewegte sich mit unglaublicher Geschwindigkeit … und mit einem beinahe lässigen Schlag mit dem Handrücken beförderte der Schnitter den Mann gut sieben Meter durch die Luft; er landete auf dem Boden, rollte weiter und prallte stöhnend gegen ein Fass.
    Fünf knochige Finger hoben sich …
    … und bewegten sich auf Kells Herz zu.
    Dem alten Soldaten liefen Tränen über die Wangen, als er sie willkommen zu heißen schien …

3
    EIN HAUCH VON UHRWERK
    Als Anukis aufwachte, fühlte sie sich benommen; allerdings hatte sie sich im Laufe der Jahre an diese stets gegenwärtige Müdigkeit gewöhnt, die wie ein Bleigewicht auf ihrem Herzen und ihrer Seele lastete. Sie wusste, dass diese Müdigkeit niemals von ihr weichen würde, weil … wegen dem, was sie war. Sie reckte sich genüsslich unter der dicken Daunendecke, und ihr langes, lockiges, blondes Haar ergoss sich über das zerknautschte Kissen, während sich ihre weißen Arme und Beine streckten, als würden sie lautlos über die Jahrhunderte hinweg um Verzeihung bitten.
    Anukis warf einen Blick auf die Uhr an der gegenüberliegenden Wand des Zimmers. Sie war lang, glatt und schwarz wie Granit. Durch eine Glasscheibe sah sie die winzigen Zahnräder und Räder, die surrten, sich drehten, und deren Zähnchen perfekt ineinandergriffen. Ein Pendel schwang hin und her, und das leise Ticken hallte durch den Raum. Anukis starrte die Uhr an; sie liebte und hasste sie gleichzeitig. Ersteres, weil ihr Vater Kradek-ka diese Uhr selbst gemacht hatte; so wie sein Vater vor ihm, war auch er einer der besten Uhrwerker im Silvatal gewesen. Er hatte ruhige Hände gehabt, die präzise und unglaublich akkurat arbeiteten, wenn er die winzigen Einzelteile einer Uhr zusammensetzte. Zudem hatte er ein scharfes Auge besessen, und zwar nicht nur das übliche scharfe Auge, das für seinen Beruf notwendig war, sondern er verfügte zudem über die Fähigkeit, das jeweilige, besondere Material zu erkennen und zu unterscheiden, was sich für jedes bestimmte Uhrwerk am besten eignete. Insbesondere unterschied er sich

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