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Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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wollte, und beide Male hatte ihr Vater Vashells Ansinnen zurückgewiesen, weil er fürchtete, dass eine Heirat für Anukis den Tod bedeuten würde. Sie jedoch hatte bemerkt, wie Vashell sie ansah. Wenn er lächelte, erblickte sie die winzigen Zahnräder und Rädchen in seinem Kopf, sah das Schimmern von flüssigem Gold in seinen Augen. Er war ein wahrer, reinblütiger Vachine; ein vollkommener Ölblut-Diener der Vachine-Religion. Vashell war ein verwöhnter Prinz, ein königlicher Parvenü; hatte alles bekommen, was er sich jemals gewünscht hatte. Ein Schauer überlief sie, als ihr klar wurde, dass er niemals aufgeben würde, bis er auch Anukis besaß.
    Und … wenn das geschah? Sie lächelte traurig.
    Nun, dann würde sie ihn eben töten müssen. Und falls ihr das nicht gelang, dann musste sie sich selbst töten.
    Jedenfalls wäre das ein weit besserer Tod als der, der ihr von den Ingenieuren drohte, sobald diese ihr mit einem Makel behaftetes Fleisch entdeckt hätten.
    Anukis öffnete das Fenster, und ein kalter Windstoß fegte herein, entlockte ihr ein Keuchen und gleichzeitig ein Lächeln. Weit unter ihr schimmerte Schnee auf den breiten Granitstraßen, und an den Rändern der breiten, glänzenden Durchgangswege hatten sich große Schneewehen angehäuft. Die Straßen waren von Gebäuden gesäumt, von denen die meisten sechs oder sieben Stockwerke aufwiesen, und alle waren ausnahmslos aus glattem, weißem Marmor erbaut, den man im Schwarzspitz-Massiv gewann. Die Architektur war wundervoll anzusehen, die Verbindung der Steine makellos. Bögen und Türme, Reliefs und Pfeiler, von denen viele mit wertvollen Edelsteinen geschmückt waren, verschönerten selbst die einfachsten Gebäude von Silvatal; all das waren Geschenke der großzügigen Schwarzspitzen. Die Stadt selbst war gigantisch; sie erstreckte sich durch das ganze Tal. Berge erhoben sich wie Wächter an beiden Seiten, so weit Anukis sehen konnte. Und ihre Sehkraft war hervorragend, auch dafür hatte ihr Vater gesorgt.
    Der Duft von Schnee stieg ihr in die Nase, und sie atmete tief ein, genoss die Kälte. Die Vachine liebten die Kälte, aber Anukis, unrein und vergiftet, wie sie nun einmal war, hatte es gern ein bisschen warm. Auch dieses Geheimnis musste sie eifersüchtig hüten. Wenn die Ingenieure entdeckten, was sie war … und was sie tat, sobald die Dunkelheit hereinbrach …
    Trotz der ausgezeichnet geölten Angeln hörte Anukis, wie sich die Tür öffnete. Außerdem spürte sie die Veränderung der Atmosphäre im Raum. Ihre Augen schimmerten silbern von Tränen, ohne dass sie den Blick von ihrer geliebten Stadt abwendete, derselben Stadt, der ihr Großvater und ihr Vater so viel gegeben hatten. »Was kann ich für dich tun, Vashell?«, sagte sie, ohne sich umzudrehen.
    »Anukis, ich möchte mit dir reden.« Seine Stimme war leise, klang beinahe unterwürfig. Aber Anukis ließ sich nicht täuschen. Sie hatte häufig gehört, wie er Bedienstete tadelte, voller Entsetzen zugesehen, wie er sie zu Tode prügelte oder sie so lange trat, bis sie aus etlichen schweren Wunden bluteten. Er konnte sich im Handumdrehen vollkommen verändern, konnte ebenso schnell zum Mörder werden, wie sich ein Metallfalke auf seine Beute stürzte …
    »Ich trauere immer noch. Mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen.«
    »Sieh mich an, Anu. Bitte.«
    Anukis drehte sich um und wischte sich eine Träne ab, die ihre Wange hinuntergelaufen war. Mit einem kaum hörbaren Klicken zwang sie ein mechanisches Lächeln auf ihr Gesicht. Letzten Endes hätte ihr Vater gewollt, dass sie weiterlebte. Und nicht, dass sie sich vollkommen sinnlos einfach nur aus Trauer opferte oder aus Elend oder aus Dummheit. Sie holte tief Luft. »Ich sehe dich an, Vashell. Du hast dir einen sehr ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht, mich in meinen trübseligen Gedanken zu stören. Und außerdem bin ich kaum angekleidet. Es ist für mich ein ausgesprochen unpassender Moment, Besuch zu empfangen. Andererseits, wenn das Hohe Episkopat der Ingenieure mich als Gefangene hält, obliegt es ihnen wohl auch, nach Gutdünken über meinen Körper zu verfügen …«
    »Sei still!« Vashell trat vor, blieb jedoch wie angewurzelt stehen, als Anukis zurückschreckte und sich fast auf die Fensterbank kauerte. »Wenn irgendjemand dich so reden hört, ist dein Leben verwirkt! Man wird dir dein Blutöl nehmen, dich verdammen und zu einer leeren Hülle aussaugen!« Für einen wahren Vachine gab es keine größere Schmach.
    »Und was

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