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Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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Dämon hinter dieser Stimme, denn Ilanna war alles andere als menschlich, und sie war Ewigkeiten von allem Sterblichen entfernt. Er stellte sie sich als eine große, wunderschöne, elegante Frau vor; aber auch hochmütig, arrogant und von einer Eigenliebe durchdrungen, die sie dazu brachte, alles andere zu verachten. Also eine grausame Frau. Und ein tödlicher Feind.
    Ich will nicht sterben, sagte er zu ihr in seinem Kopf, und die Worte beschämten ihn.
    Der Schnitter ist ein schrecklicher, tödlicher Feind, antwortete Ilanna. Kell fühlte, wie die Axt in seiner Hand vibrierte, wie sie heiß wurde, während heftige Schauer sie zu schütteln schienen. Du kannst ihn nicht töten, also versuch es erst gar nicht. Nicht einmal ich könnte ihm den Kopf vom Leib trennen oder seine Knochen zerschmettern. Das Einzige, was du bewirken kannst, ist, ihn ein wenig aufzuhalten, denn jede Zelle in seinem fremdartigen Körper ist von Blutöl-Magie durchdrungen. Er ist eine Kreatur des Blutes, und nichts Sterbliches kann ihn vernichten.
    Und wie kann ich ihn aufhalten?
    Er ist zu groß, nicht ausbalanciert. Er ist eine Kreatur mit einem recht primitiven mechanischen Bewegungsapparat. Ziele auf seine Knie, schlag mit aller Kraft nach seinen Knien und Knöcheln. Damit erkaufst du dir vielleicht eine Minute, im besten Fall. Aber beeil dich, Kell. Ilannas Stimme schwoll zu einem Kreischen an, als die Scheibe der Zeit, dieser kleine Ausschnitt pervertierter Realität, sich brutal beschleunigte und wieder in die reale Welt überging …
    Die knöchernen Finger schossen vor, zielten auf Kells Herz. Er warf sich zur Seite, rollte sich über den Boden ab und sprang hoch. Er fletschte die Zähne und hielt die Axt fest an seine Brust gepresst. Der Schnitter kicherte, und sein ganzer Körper schwabbelte, als er sich erneut zu Kell herumdrehte. Der griff ihn an und tat, als zielte er mit der Axt auf die Brust der Kreatur. Die machte keinerlei Anstalten, sich zu verteidigen, sondern stürzte sich stattdessen mit ausgestreckten Klauen auf ihn, schlug nach Kell, der im letzten Moment die Richtung seines Schlages veränderte, sich duckte und mit der Axt auf die Knie des Schnitters zielte … Es ertönte ein lautes Knirschen von Knochen, die zusammengepresst wurden; der Schnitter schrie, sackte zusammen und stürzte wie ein Sack Mehl zu Boden. Kell sprang auf und rannte weiter, schob Nienna und Kat zu Saark hinüber, der sich langsam, wie betäubt, aufrappelte und sich den Kopf hielt. Blut lief aus einer Platzwunde an seiner Schläfe, sein Gesicht war aschfahl. Er sah aus, als müsste er sich gleich übergeben.
    »Ist es tot?«, stieß Nienna hervor, und sie alle blickten zurück.
    In dem gedämpften Licht der Gerberei sahen sie, wie der Schnitter sich wieder aufrichtete und zu ihnen herumdrehte. Seine Augen brannten wie kleine schwarze Löcher voller Hass. Die Kreatur deutete auf Kell und setzte sich in Bewegung; die Gruppe wirbelte herum und rannte zwischen riesigen Tanks hindurch, die verrostet und von Exkrementen verschmiert waren. Die Mädchen würgten und übergaben sich, liefen weiter, über eine Rampe aus Ziegelsteinen, und Kell wies ihnen stumm mit seiner Axt die Richtung, als hätte er Angst, laut zu sprechen. Dort war ein breiter Tunnel, der hinausführte, abwärts …
    »Da krieche ich nicht hinein!«, jammerte Nienna.
    »Das wirst du wohl müssen, meine Hübsche«, erwiderte Saark und bedachte Nienna mit einem Grinsen, das sie nicht deuten konnte. Gleichzeitig sprang er in den Gang. Kot und Chemikalien bespritzten seine Hose, verunreinigten sein Seidenhemd, vermischten sich mit Blut und Erbrochenem und verhöhnten seinen Dandy-Aufzug. Der Gang war längst nicht so breit, wie er auf den ersten Blick gewirkt hatte. Kell sprang ebenfalls hinein, stürmte platschend vorwärts, während die Mädchen ihm zögernd folgten. Gebückt rannten sie weiter, zwängten sich in das Abflussrohr. Kell ging voran, Saark bildete die Nachhut. Er hatte sein Rapier gezückt, und seine Augen waren dunkel vor Erregung.
    Der Schnitter blieb vor dem Eingang des Tunnels stehen und stieß einen leisen, klagenden Laute aus. Eisrauch waberte aus den Ärmeln seiner Robe, als die Kreatur zusah, wie die vier Menschen verschwanden. Dann drehte sie sich schweigend um und verließ mit steifen Schritten die Gerberei.
    Das Abflussrohr führte abwärts und mündete unterhalb der Gerberei in einer schmalen Kloake aus schwarzen Ziegeln, in dem das Abwasser hüfthoch stand. Kell

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