Kells Legende: Roman (German Edition)
Autorität untergraben, mein Ansehen geschmälert, und jetzt sitzt du da und wunderst dich, dass ich dich schlage? Weil es mein verdammtes Recht ist, du Miststück! Du hast diese Prügel verdient, und noch viel, viel mehr. Du bist unrein. Du hast schlechtes Blut. Du bist eine Häretikerin. Keine wahre Vachine hätte einen Ingenieurpriester zu einem solchen Tänzchen verleitet.«
»Ich habe dich zu gar nichts verleitet! Du bist ein Narr, Vashell. Du bist schwach und dumm, brutal und wild. Was an dir könnte ich wohl lieben? Und weißt du, was das Schlimmste ist?« Ihre Stimme wurde leiser, sie senkte den Kopf, und ihre Augen waren dunkel, als sie zu ihm hochblickte, unterwürfig, gehorsam und doch gleichzeitig vollkommen Herrin der Lage. »Wenn ich, ein einfaches unreines Blut, dich schon nicht in meinem Bett haben, dir keine Kinder schenken will, welche reinblütige Vachine würde dann wohl jemals deinen verdorbenen und perversen Leib berühren?«
Vashell antwortete nicht mit Worten, sondern durch Taten. Er kniete sich neben sie, blickte auf ihre blasse Haut, ihre schlanken Gliedmaßen, ihre weiblichen Kurven, und hämmerte ihr immer und immer wieder die geballte Faust ins Gesicht, die Krallen jedoch sorgfältig in der Faust zusammengerollt. Dann nahm er ihren Kopf mit beiden Händen und knallte ihn auf den Boden. Und als sie blutend dalag, sich alles um sie zu drehen schien und sie nicht einmal begriff, was das war, das sie so gnadenlos traf, hörte er unvermittelt auf, sank auf seine Absätze zurück und weinte, bis ihm die Tränen über die Wangen liefen. Dann beugte er sich vor, bückte sich und küsste ihre aufgeplatzten Lippen. Er sog ihr Blut in seinen Mund wie den feinsten Karakan-Rot-Import. Er küsste sie, schob seine Zunge zwischen ihre Lippen, und seine Hand strich über ihre Kehle, ihre Brüste, streichelte ihren Bauch, glitt tiefer herunter …
Sie hustete, fuhr hoch, ihre Augenlider hoben sich flatternd …
»Runter von mir!«, kreischte Anukis. Vashell fuhr zurück, stand auf und verließ hastig die Zelle. Die Tür fiel hinter ihm laut ins Schloss, und Anukis blieb allein zurück, lag weinend, zusammengeschlagen und blutend, missbraucht und verängstigt auf dem Zellenboden.
Töte mich doch einfach , dachte sie. Denn ich bin nichts weiter als eine Sklavin.
Eine weibliche Vachine betrat nach einem Tag voll schlechter Träume mit einer Schüssel Wasser und einem Lappen die Zelle. Sanft reinigte sie Anukis’ Körper, entfernte das Blut mit behutsamen Fingern, wobei sie tröstende Laute von sich gab. Anukis öffnete die Augen und beobachtete die Frau. Es war eine hässliche Vertreterin ihrer Art, denn die Mechanik des Uhrwerks war ein wenig außer Kontrolle geraten, passte nicht mehr zusammen. Sie hatte sich mit ihrer Haut vermischt, so dass die Zahnräder und Rädchen auf ihren Wangen zu sehen waren und auf ihrer Zunge, sogar in ihrer knochigen Stirn offen lagen. Gewiss, sie war noch eine Vachine, aber es galt bei ihnen als vulgär, so auszusehen. Aber wie jede Seuche, so war auch diese typische Vachine-Krankheit vollkommen unbeherrschbar.
»So, jetzt geht es wieder, junge Dame«, sagte die Frau.
»Danke«, erwiderte Anukis.
»Schon bald seid Ihr wieder wie neu.«
»Wie heißt du?«
Die Vachine lächelte. »Ich bin Perella. Ich wurde von Torto, einem der fünf Uhrwerker, beauftragt, mich während Eures Aufenthaltes hier um Euch zu kümmern.«
»Wo bin ich?«
»Im Palast der Ingenieure natürlich.«
Anukis stöhnte. Wenn man als Unreine, wie sie eine war, den Palast der Ingenieure betrat, kam es nur höchst selten vor, dass man ihn auch wieder verließ. Jedenfalls nicht mit derselben Anzahl von Gliedmaßen, Zahnrädern oder Gehirnzellen, mit denen man gekommen war.
»Grämt Euch nicht«, meinte Perella freundlich. »Es wird ganz sicherlich alles gut werden.«
»Du bist sehr liebenswürdig.« Anukis’ Stimme klang förmlich. »Darf ich dich fragen, ob du weißt, warum ich hier bin? Ich bin unrein. Ich kann kein Blutöl zu mir nehmen. Ich bin eine Häretikerin.« Sie senkte den Kopf, akzeptierte ihre Schande.
»Für mich seid Ihr nur eine andere Vachine.« Perella lächelte. »Soweit ich weiß, seid Ihr nicht für Euren … Zustand verantwortlich. Er ist nur die einfache Konsequenz der Nichtvermischung, etwas, worüber Ihr keinerlei Kontrolle habt. Trotz allem, was irgendwelche religiösen Fanatiker auch glauben mögen. Doch still jetzt, da kommt jemand.«
Schritte hallten durch den
Weitere Kostenlose Bücher