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Kells Legende: Roman (German Edition)

Kells Legende: Roman (German Edition)

Titel: Kells Legende: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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unruhig auf der Stelle. Kell beugte sich vor, streichelte die Ohren und das Maul des Tieres und gab ein beruhigendes Brummen von sich.
    »Vielleicht ist ja ein Canker in der Nähe.«
    »Das ist überhaupt nicht komisch«, erwiderte Kell.
    »Jedenfalls scheint er etwas zu wittern.«
    »Ich glaube«, Kell kniff die Augen zusammen, »das hier ist der Forst der Steinlöwen .«
    Saark dachte darüber nach. »Das ist gar nicht gut«, meinte er schließlich. »Ich habe scheußliche Sachen über diesen Ort gehört. Er ist angeblich … verwunschen.«
    »Blödsinn. Es ist ein dichter Forst aus uralten Bäumen, nicht mehr.«
    »Ich habe aber Geschichten darüber gehört. Geschichten von Monstern.«
    »Geschichten, die von ängstlichen Säufern erzählt worden sind!«
    »Sicherlich, aber sieh dir die Pferde an.« Mittlerweile zitterten alle vier Pferde wie Espenlaub, und nachdem sie dank guten Zuredens noch ein paar Schritte weiter getan hatten, mussten Kell und Saark absteigen und ihnen über Hals und Nüstern streichen, um sie zu beruhigen.
    »Irgendetwas scheint die Tiere wirklich zu verängstigen.«
    »Allerdings. Komm, wir gehen ein Stück zu Fuß.«
    Sie marschierten etwa hundert Meter weiter, als Kell plötzlich stehen blieb. Saark erkannte an seiner Körperhaltung, dass irgendetwas nicht stimmte; er hatte irgendetwas gesehen und ganz offensichtlich mochte er es nicht …
    »Was ist denn … oh.« Saark starrte die Statue an, und sein Kiefer klappte nach unten. Sie war etwa zehn Meter hoch und erhob sich riesig zwischen den Bäumen. Sie war alt, weit älter als der Forst, der Stein war vernarbt und von tausend Jahren Erosion gezeichnet. Große Flächen waren von Flechten bedeckt und mit Pilzen bewachsen, und doch starrte sie mit einer bedrohlichen Haltung, einer unerbittlichen Dominanz auf die beiden Männer herab.
    »Was soll das sein?«, erkundigte sich Saark und legte nachdenklich den Kopf auf die Seite.
    »Vielleicht ein Steinlöwe?«, knurrte Kell. »Das würde jedenfalls den Namen Forst der Steinlöwen erklären.«
    »Ich habe noch nie einen solchen Löwen gesehen«, erklärte Saark. »Genau genommen habe ich überhaupt noch nie einen Löwen gesehen, jedenfalls nicht leibhaftig. Wie man hört, sind sie furchteinflößend und stinken nach Schwefel wie eine höllische Jauchegrube.«
    »Es ist ein Steinlöwe«, erklärte Kell leise und respektvoll. »Aber er ist pervertiert, deformiert und hat sich auf die Hinterläufe gestellt. Sieh dir die Mähne an. Sieh dir an, wie großartig der Stein gemeißelt wurde.«
    »Mich interessiert mehr, ob er uns gleich auf den Kopf fällt. Achte lieber mal auf diese Risse im Stein!«
    Die beiden Männer betrachteten die Statue mit einer gewissen Ehrfurcht, während sie die nervösen Pferde streichelten und beruhigend auf sie einredeten. Ein wenig Schnee war durch das Laubdach des Waldes der Steinlöwen gefallen und lag jetzt auf der Statue; in dem Dämmerlicht schimmerte er fast wie Silber. Der Effekt war gespenstisch, geradezu ätherisch, und Saark erschauerte.
    »Das gefällt mir nicht. Die Gerüchte sprechen von schrecklichen Bestien. Von Geistern, Kobolden, Wer-Drachen.«
    »Was für ein verdammter Mist. Komm weiter. Ich spüre meine Axt; wir kommen ihr immer näher.«
    Saark warf Kell einen merkwürdigen Blick zu. »Du kannst die Waffe wirklich spüren?«
    »Allerdings. Wir sind miteinander verbunden, wie ich dir schon erzählt habe. Sie ist eine blutgebundene Waffe, was bedeutet, dass wir auf eine Art und Weise, die ich weder verstehen noch erklären kann, miteinander in Verbindung stehen.«
    »Ein Blutband. Ich habe davon schon gehört.« Saark klappte den Mund wieder zu, weil er nicht weiter darüber reden wollte. Die Geschichten und Legenden der Blutband-Magie waren düster und fürchterlich; es waren Geschichten, mit denen man kleinen Kindern Angst einjagen konnte. Wie zum Beispiel die Legende von Dage, dem Axtschwinger; er war riesig und schäbig, hatte die graue Haut eines Leichnams und glühende rote Augen. Dage kam durch den Schornstein in das Zimmer von bösen kleinen Buben und hackte ihnen in der Nacht Hände und Füße ab. Und waren sie so richtig böse gewesen, nahm Dage das Kind mit in den Turm der Leichen, wo er es in einem Käfig an der Außenwand aufhängte, damit die grauen Adler es bei lebendigem Leib auffraßen. Selbst jetzt noch erinnerte sich Saark daran, wie sein Vater ihm mit solchen Geschichten Angst eingejagt hatte, als er noch ein kleiner Junge gewesen

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