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Kells Rache: Roman (German Edition)

Kells Rache: Roman (German Edition)

Titel: Kells Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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weniger hast du verdient.«
    »Und ich dachte, du wärst mein Ritter in der glänzenden Rüstung!«, erwiderte Saark finster und sarkastisch.
    »Ich war noch nie ein Ritter, und eine Rüstung besitze ich auch nicht«, erwiderte Kell gleichgültig. Er hob die Axt, angespannt, und sah sich um.
    »Was ist los, Kell?« Saark lockerte seine Schultern und fühlte prüfend seine Rippen. »Autsch. Nun sieh dir das an! Diese Mistkerle haben die Seide zerfetzt. Weißt du, wie viel Seide hier oben kostet? Und hast du eine Ahnung, wie schwer es ist, auch nur einen guten Schneider aufzuspüren? Diese verdammten Heiden, diese verfluchten Bauern … sie besitzen einfach keinerlei Respekt für die feineren Dinge des Lebens.«
    »Zück dein hübsches kleines Schwert«, antwortete Kell.
    »Warum?«
    »Mach es einfach!«
    Jemand brüllte. Dann knirschte es. Es war ein lautes, fast metallisches Knirschen, als würde ein ganzer Körper in zwei Stücke gerissen. Dem Lärm folgte ein dumpfes Platschen, dann liefen Wellen über das schwarze Öl auf die beiden Männer zu.
    »Das klang ziemlich interessant«, meinte Saark, der seine Prügel vergessen hatte. Er zückte sein Schwert in einer flüssigen Bewegung. Wie er das zierliche Rapier hielt, das sprach wirklich Bände von seinen Fähigkeiten im Umgang mit dieser Waffe. Dies war kein Spielzeug, trotz der mangelnden Masse. Saarks Geschwindigkeit und Präzision waren wahrhaftig ein beeindruckender Anblick.
    »Interessant?«, schnarrte Kell und duckte sich, als ein schlaffer Körper über sie hinwegzischte. Er prallte gegen eine Mauer aus zerbröselndem Stein und rutschte dann wie eine kaputte Puppe daran herunter, bis er in der schwarzen Flüssigkeit versank. Das fassungslose Gesicht mit dem zerzausten Bart und den aufgerissenen braunen Augen war das Letzte, was unterging. Kell und Saark sahen verwirrt zu; im nächsten Moment trennten sie sich mit dem natürlichen Instinkt der erfahrenen Krieger.
    Die Laterne, die Rake und seine Männer mitgebracht hatten, zischte laut. Sie stank ekelhaft, wirkte aber längst nicht so böse wie die Schatten, die von dem zuckenden Docht geworfen wurden.
    Kell trat einen Schritt zurück. Aus der Dunkelheit drangen weiteres Knirschen und weitere Schreie zu ihnen, bis allmählich ein unheilvolles Schweigen eintrat.
    »Was ist das?«, flüsterte Saark.
    »Meine Mutter?«, erwiderte Kell.
    »Dein Humor ist fehl am Platze!«, fuhr Saark ihn an. »Irgendetwas hat gerade elf Männer zum Schweigen gebracht!«
    Kell grinste. »Vielleicht verfügt es ja sogar über die wahrhaft ehrfurchteinflößende Fähigkeit, dich zum Schweigen zu bringen! Obwohl ich das ernsthaft bezweifle.«
    »Ich bin ja so froh, dass wir beide gleich sterben werden«, zischte Saark. »Aber wenigstens sterbe ich mit dem Wissen, dass auch du zerfetzt wirst.«
    »Ich sterbe nicht so leicht«, antwortete Kell und lockerte seine Schultern. Er kniff die Augen zusammen, und das Licht der Laterne verwandelte sein alterndes Gesicht mit dem ergrauenden Bart in eine fast dämonische Visage. Er hatte die Lider gesenkt, aber Saark konnte die brutale Gewalt, die Kell aus allen Poren ausstrahlte, beinahe spüren. Es fühlte sich an wie eine starke elektrische Ladung während eines Gewitters. Sie war da, unsichtbar, aber bereit, mit größter Wildheit zuzuschlagen.
    Die Kreatur tauchte aus der Dämmerung auf. Sie bewegte sich geschmeidig, fließend, trotz ihrer massigen Gestalt und ihrer Größe. Es war ein Canker und doch mehr als nur ein Canker. Diese Kreatur hier war ungeheuerlich, ein Ausbund von Missgeburt, und Kell grinste auf eine Art und Weise, die nichts mit Humor zu tun hatte.
    »Scheiße«, sagte er leise. »Ich glaube, Graal hat dieses Biest extra für uns reserviert.«
    »Es hat uns gesucht«, antwortete Saark gepresst. Irgendein vorzeitlicher Impuls schien seinen Verstand anzukurbeln. »Sieh dir seine Augen an. Ich schwöre bei allen Göttern, dass es uns erkennt !«
    Kell nickte, hob seine Axt und trat vor. Seine Bewegungen waren geschmeidig, kühl und kalkuliert. Der Canker war jetzt auf der schmalen Brücke, auf einer dicken Holzplanke, die sich unter seinem Gewicht bog. Die Bestie blieb stehen und richtete ihren Blick auf Kell. Von ihren Reißzähnen tropfte Blutöl auf das Holz.
    »Suchst du nach mir?«, erkundigte sich Kell.
    Im Körper des Cankers arbeitete klickend das Uhrwerk, als er seinen riesigen, räudigen Schädel senkte. Saark hatte recht gehabt: Sein Blick verriet Erkennen. Es

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