Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kells Rache: Roman (German Edition)

Kells Rache: Roman (German Edition)

Titel: Kells Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
Vom Netzwerk:
waren vom jahrhundertelangen Einfluss der Witterung geglättet, und durch viele Brocken, von denen etliche so groß waren wie Katen, liefen Adern mit kostbaren Erzen.
    Die riesige, seltsam verwinkelt anmutende Festung kam näher. Während es rasch dunkel wurde, betrachtete Kell die dunklen Steine, die Risse und Spalten, die schrägen Wände und Zinnen. Über den Bastionen erhoben sich etliche, irgendwie schiefe Türme, die den Burgfried flankierten und das felsige Tal dahinter, das die Festung auf irgendeine Weise zu beschützen schien. Die meisten Türme hatten kein Dach, sondern waren nur große Steinquader, die sich ineinander verzogen hatten und dann plötzlich zur Ruhe gekommen waren. Sie wirkten wie ein Puzzle, konnten aber auch den architektonischen Vorstellungen eines Wahnsinnigen entsprungen sein.
    »Sie ist … sonderbar«, erklärte Saark schließlich.
    »Sie ist alt«, antwortete Kell.
    Saark starrte auf den breiten Rücken des Kriegers. »Diese beiden Eigenschaften gehen meist Hand in Hand, Kell, alter Wolf. Ich meinte aber eigentlich … sieh sie dir doch an, das ganze Bauwerk ist … na ja, zunächst einmal ist es nicht gerade … gerade. Ich hätte erwartet, dass sie für so ein Bauwerk zumindest ein paar ordentliche Baumeister hinzuziehen. Und Architekten, die wenigstens eine gerade Linie ziehen können. Solche Leute. Keine epileptischen Zeichner, die nur die Tinte verschwenden und dann einen Haufen Schwachköpfe mit Maurerkellen losschicken!«
    Kell blieb stehen und drehte sich herum. Seine Augen funkelten. » Halt die Klappe!«, befahl er.
    »Schon gut, du musst nicht gleich unhöflich werden. Du brauchst mich ja nur zu bitten.«
    Vor ihnen lag eine alte Straße, die aus demselben merkwürdigen, dunklen Stein bestand. Etliche Pflastersteine fehlten, und die Löcher waren mit Schmutz und gefrorenen Pflanzen gefüllt. Der größte Teil der Straße lag unter breiten Flecken von Eis verborgen. Kell suchte sich vorsichtig den Weg über die Straße, und die beiden Männer folgten ihr zu dem riesigen Schlund eines Eingangs. Die Festung Cailleach erhob sich in der Dunkelheit hoch über ihnen. Sie lag beschienen vom Licht des Mondes im Vordergrund vor der überwältigenden Felsmasse der wachsamen Schwarzspitzen.
    »Dieser Eingang ist ein Wächter«, meinte Kell, der kaum vernehmlich flüsterte. »Hör zu. Sie wird zu uns reden …«
    »Wie bitte?« Saark schnaubte verächtlich. Als er jedoch weiterging, wehte ihm ein warmer Wind aus dem gähnenden Maul entgegen und umhüllte ihn. Er blieb erschrocken stehen, und seine Nackenhaare kräuselten sich. »Was geht hier vor?«, knurrte er leise. »Was soll dieser Bullenscheiß?«
    »Halt den Mund, Jungchen!«, fauchte Kell und blickte Saark an. Seine dunklen Augen funkelten wie Juwelen. »Jedenfalls, wenn dir dein verdammtes Leben lieb ist. Folge meinem Beispiel, sage nichts, tue nichts und zücke auf keinen Fall deine Waffe. Scheiß nicht mal in die Hose, es sei denn, ich erlaube es dir. Ich war schon einmal hier, deshalb sage ich dir: Hier gelten gewisse Regeln.«
    »Regeln?«, flüsterte Saark. Doch unwillkürlich und trotz seiner neu gefundenen … Stärke, die aus seinem unreinen Blut kam, trat er dichter zu Kell. »Ich mag diesen Ort nicht, Kell. Er strahlt den Hauch des Bösen aus. Es steckt in seinen Steinen, in seinen Knochen.«
    »Wohl wahr, Jungchen.« Sie traten in den gewaltigen Durchgang. Die Dunkelheit darin waberte und wirkte wie die Speiseröhre eines riesigen, atmenden Monsters. »Also folge meinem Beispiel und sei ein guter Junge, dann überstehen wir beide dieses Abenteuer vielleicht lebendig.«
    »Glaubst du wirklich?«, flüsterte Saark, als die letzten Lichtstrahlen von der Finsternis verschluckt wurden.
    »Nein«, erwiderte Kell. »Ich versuche nur, dich aufzulockern.« Mit diesen Worten verschwand er in dem Schlund.
    Saark ging weiter, die Augen halb und den Mund ganz fest geschlossen, die Faust um den Zügel seines Pferdes gekrampft und den Hintern vor Angst zusammengekniffen. Mary, der Esel, brüllte hinter ihm laut und am laufenden Band. Am liebsten hätte er dieses dumme Vieh angeschrien und ihm befohlen, das Maul zu halten, aber er tat es nicht. Er hatte weder den Mut noch die Energie dafür. Furcht durchströmte ihn wie wildes Feuer. Nicht viel, und er hätte die Asche in seinem Mund schmecken können.
    Sie gingen weiter, und ihre Schritte hallten laut auf den Pflastersteinen. Um sie herum schienen Gestalten zu schweben, in Seide

Weitere Kostenlose Bücher