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Kells Rache: Roman (German Edition)

Kells Rache: Roman (German Edition)

Titel: Kells Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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seinem gut aussehenden Gesicht. Jedenfalls wäre es ein schönes Gesicht gewesen, wenn er nicht kürzlich erst verprügelt worden wäre. Doch selbst die Schwellungen in seinem Gesicht konnten sein klassisches gutes Aussehen nicht verbergen. Wenn er seine langen, dunklen Locken erst einmal gewaschen, gebürstet und geölt, sich in Seide und Samt gekleidet hatte, dann war er ein neuer Mensch. Saark berührte vorsichtig die verletzte Seite seines unteren Brustkorbs; Kell hatte die Wunde notdürftig genäht und ihm einen festen Verband angelegt, den er aus dem Hemd eines toten Albino-Kriegers gefertigt hatte. Besser wäre Saark auch nicht in einem Feldlazarett versorgt worden. »Die Wunde frisst wie Säure an mir.«
    »Du kannst froh sein, dass Myriam dir ihren Dolch nicht in den Bauch gerammt hat«, knurrte Kell und blickte an Saark vorbei, zurück auf die steile Passage innerhalb der Mauern, durch die sie gingen. »Dann würdest du nämlich wirklich leiden und die ganze Nacht quieken wie ein aufgespießtes Schwein.«
    Saark grinste säuerlich. »Vielen Dank für diesen Ratschlag. Er ist wirklich sehr hilfreich.«
    »Nicht der Rede wert.«
    »Das war sarkastisch gemeint.«
    »Weiß ich.«
    Saark starrte Kell an. »Hat dir eigentlich schon einmal jemand gesagt, dass du ein unverbesserlicher alter Furz bist? Das heißt, du bist schlimmer als ein Furz, denn der Gestank eines Furzes löst sich irgendwann in Luft auf; du dagegen verschwindest nicht. Kell, du bist schlimmer als ein Krebsgeschwür auf dem innersten Heiligtum einer verseuchten Hure.«
    Kell zuckte mit den Schultern. »Ha, ich werde ständig beschimpft … allerdings nicht mit deiner wahrhaft vornehmen Beredsamkeit. Andererseits«, er grinste und zeigte seine altersfleckigen Zähne, »schätze ich, dass wir uns in recht unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen bewegen, Jungchen.«
    »Allerdings«, pflichtete Saark ihm bei. »In meinen Kreisen finden sich wundervoller Honigwein, saubere und pralle Frauen, feine, weiche Seide, das erlesenste Fleisch und Edelsteine, die so hell funkeln, dass dir die Augen schmerzen.«
    Kell schien darüber nachzudenken. Dann sah er sich um, musterte den Staub, den Schmutz, den Schleim und sog den Gestank der uralten, fauligen Kanalisation ein. »Von alldem kann ich hier nichts entdecken«, erwiderte er dann gleichmütig. Dann streckte er die Hand aus und klopfte Saark auf die Schulter. »Aber mach dir keine Sorgen. Wir sind bald wieder draußen.«
    »Ich mache mir keine Sorgen!«, zischte Saark durch zusammengepresste Zähne.
    Kell verzichtete auf einen weiteren Kommentar. Saark war ein stolzer Mann und in den letzten paar Tagen ziemlich oft zu Boden gegangen. Was er ganz bestimmt nicht brauchte, war von Kell auf seine offenkundige Klaustrophobie gestoßen zu werden. Kell wusste sehr genau, dass alle Männer eine heimliche Angst hatten. Und seine eigene? Er lachte leise. Seine Furcht war die Axt, die ihn beschützte und ihn gleichzeitig verfluchte. Ilanna. Sein Blutband.
    Irgendwann bemerkten sie, dass sie Skanda in dem Dämmerlicht verloren hatten. Schließlich erreichten sie eine Ansammlung von uralten, schleimbedeckten und verbogenen Röhren und kletterten über das Hindernis. Sie hatten Mühe, auch nur eine Schulter durch die schmale, horizontale Öffnung zu quetschen, kamen aber dann zu einer eisernen Leiter. Kell blieb stehen. Seine Stiefelspitzen ragten über den Rand eines gewaltigen Abgrundes. Die Öffnung befand sich zwischen zwei Wänden und war gerade so breit, dass sie ihnen erlaubte hinabzusteigen. Dazu kam dann noch eine wackelige, unsichere Leiter, so dass dieser Abstieg besonders heimtückisch zu werden versprach.
    »Soll ich zuerst gehen?«, fragte Kell und starrte in Saarks unverhüllt furchtsames Gesicht.
    »Ja. Es würde mir nicht gefallen, wenn mir dein stinkender Hintern auf den Kopf fallen würde. So etwas kann einem ganz schön den Tag vermiesen.«
    »Hoffen wir, dass ich nicht stecken bleibe.« Kell schob sich über den staubigen Stein. In das Innere des Schachts fiel durch Ritzen und Spalten in den Wänden Licht. Er sah, dass es draußen allmählich dunkel wurde. Kell fragte sich, ob die Canker immer noch auf sie warteten. Verdammt sollen sie sein!, dachte er. Sollen sie doch in Drennach verrecken!
    Die Leiter fühlte sich unter seinen knorrigen Fingern einigermaßen solide an. Er hielt sich an den schmalen Sprossen fest, als er hinabstieg. Saark folgte ihm. Er atmete kurz und schnell und trat mit

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