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Kells Rache: Roman (German Edition)

Kells Rache: Roman (German Edition)

Titel: Kells Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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erwiderte er. Seine Worte waren gleichzeitig beruhigend und zutiefst furchteinflößend. Alloria hatte seine Grausamkeit mit eigenen Augen gesehen, seine Brutalität erlebt. Sie hatte Angst.
    »Wie könnt Ihr in dieser Dunkelheit sehen?«, murmelte sie. Ihr Herz hämmerte wie verrückt in ihrer Brust. In dem Augenblick wurde ihr klar, wie dringend sie ihr Karissia-Blau brauchte, nur damit sie schlafen konnte. Sie brauchte es immer nur, um Schlaf zu finden.
    »Ich besitze eine besondere Sehkraft«, erwiderte Vashell. »Ich habe Uhrwerk-Augen. Und jetzt kommt, der Schneefall wird immer stärker; in einer Stunde werden wir auf diesem schmalen Pfad gefangen sein. Ein Stück vor uns liegt eine Höhle, wo wir Schutz suchen können. Bei allen Göttern, Frau, Ihr friert! Habt Ihr denn keinen Umhang?«
    Alloria zerrte mühsam den Umhang aus ihrer Tasche. Vashell half ihr. Sobald sie sich in Fell und Leder gehüllt hatte, fühlte sie sich besser, ein kleines bisschen wenigstens. Aber der Tod von Leanoric bereitete ihr immer noch Schmerzen. Er biss wie mit Wolfszähnen in ihr Herz.
    »Hier entlang. Nehmt meine Hand, ich gehe voran.«
    Alloria stolperte über den Pfad, während Vashell vorausging. Sie traute dem Mann nicht … dem Vachine, verbesserte sie sich lächelnd. Andererseits hatte sie keine Wahl, und letztendlich kümmerte es sie auch nicht länger. Wenn er sie vergewaltigen wollte, sie aufschlitzen, ihren schlaffen Leichnam in den Abgrund schleudern wollte, dann sollte er es tun. Ganz sicher verdiente sie nichts anderes. Alloria hatte den Kampf aufgegeben, und das Feuer in ihrem Herzen war erloschen.
    Sie kämpften sich durch das immer schlimmer werdende Wetter. Der Wind heulte wie eine abgestochene Hexe. Der Schnee schien mit gepolsterten Fäusten auf sie einzuschlagen. Irgendwann stürzte Alloria, knurrte und stieß einen kleinen Schrei aus. Sie spürte, wie sie auf den tödlichen Abgrund zutaumelte … doch Vashell war da, zog sie mit seinen kräftigen Händen zurück und hielt sie fest. Sie zitterte am ganzen Körper, aber es war nicht die Kälte; das Eis nahm sie gar nicht mehr wahr. Sie zitterte wegen des Verlusts. Wegen des tiefen, schrecklichen, unerträglichen Verlusts ihres Ehemannes, ihrer Kinder. Sie wusste, dass sie sich davon nie wieder erholen würde.
    »Hier. Wir sind da.«
    Alloria sah zwar nichts als Weiß und Dunkel, doch plötzlich spürte sie, wie der Wind nachließ und auch der beinahe horizontal auf sie peitschende Schnee schlagartig verschwand. Vashell führte sie tief in die Höhle hinein, in der es merkwürdig warm war. Er setzte sie auf einen Stein und entzündete mit einem Bündel kleiner Stöckchen ein kleines Feuer in einem Kreis von rußgeschwärzten Steinen. Ganz offenbar war dieser Ort schon von vielen Reisenden als Zuflucht benutzt worden.
    Das Licht des Feuers erhellte die Höhle, und obwohl es nur wenig Wärme hervorbrachte, genügte die Illusion für Alloria, einstweilen. Sie rückte dichter an die niedrigen Flammen und streckte die Finger aus. Dann fuhr ihr Kopf hoch, als sie sich an den erbarmungslosen Kampf zwischen Vashell und Anukis erinnerte, der schon so lange her zu sein schien. Als käme er aus uralten Träumen zu ihr … ein Kampf, der damit endete, dass Vashell sein Gesicht verloren hatte.
    Selbst in der Dunkelheit und dem schwachen Flackern des Feuers erkannte sie, dass sein Gesicht nur noch eine schreckliche Fratze war; Fleischlappen bedeckten Sehnen und Muskeln, die Knochen waren zu sehen. An manchen Stellen zeigte sich Hautgewebe, dort, wo die beschleunigte Heilungskraft der Vachine verzweifelt versuchte, diese schreckliche Wunde zu kompensieren. Aber es genügte noch lange nicht.
    Vashell senkte den Kopf; Schmerz zeichnete sich in seinen Augen ab, und Scham. Ohne den Kopf zu heben, sagte er: »Früher einmal, meine Königin, hättet Ihr mich wunderschön gefunden.« Sie sagte nichts. Er sah hoch, und der Blick seiner funkelnden Augen traf ihren. »Jetzt jedoch ist das nicht mehr so, denke ich.«
    »Schönheit ist mehr als nur Haut auf Knochen, Vashell. Sie befindet sich in Eurem Herzen, Eurer Seele und spiegelt sich in dem, was Ihr tut. Und nein, leider, nach dem, was ich von Euch gesehen habe, aufgrund der Gräuel, von denen Ihr gesprochen habt, kann ich Euch wahrlich nicht für eine schöne Seele halten.«
    »Ich habe in der Tat höchst … fragwürdige Dinge getan«, gab Vashell zu und ließ den Kopf wieder sinken. Er hielt einen Dolch in seiner Hand. Die schwarze

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