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Kells Rache: Roman (German Edition)

Kells Rache: Roman (German Edition)

Titel: Kells Rache: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Remic
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geblieben, und der Skorpion hockte auf seiner Hand und schien alles um sich herum zu beobachten. Kell betrachtete das Insekt unbehaglich und nahm sich vor, dieses Kriechtier bei der ersten sich bietenden Gelegenheit mit seinem Stiefelabsatz zu zermalmen.
    »Was gibt’s, Junge?«
    »Dahinten ist ein Dorf. Creggan. Ich bin dort schon einmal gewesen. Es ist spät, und wir sollten uns beeilen.«
    »Wo?« Kell und auch Saark kniffen die Augen zusammen und spähten über die verschneiten Hügel, die sich unter ihnen in riesigen Falten erstreckten, wie Falten in der Decke eines Riesen.
    Skanda streckte die Hand aus. »Kommt. Ich werde es euch zeigen.« Er beugte sich kurz vor, und die Leine zwischen Saarks Pferd und Mary fiel zu Boden. Dann trieb Skanda den Esel weiter, und das normalerweise so sture Biest, das Saark bei mehreren Gelegenheiten mit blanker Gewalt hatte weiterzerren müssen, gehorchte dem Jungen, ohne zu zögern. Es beschwerte sich nicht einmal mit seinem lauten Geschrei.
    Saark zuckte mit den Schultern, und Kell blickte ihm finster nach. Skanda ritt seltsam zielstrebig von der Anhöhe in der Nähe der Großen Nordstraße herunter. Saark folgte ihm. Sein Wallach stampfte unruhig und schnaubte dampfend. Kell wartete einen Augenblick, zog dann die Whiskyflasche heraus und leerte sie bis auf den letzten Tropfen. Er leckte sich die Lippen, und obwohl er sich dafür hasste, schickte er ein Stoßgebet zu den Hohen Göttern, dass diese Siedlung eine Schänke haben möge.
    Das Dorf war sehr klein, bestand nur aus einem Dorfanger, einer Ratshalle, einer Schänke und ein paar Läden. Alles schien geschlossen und verlassen zu sein. Das ganze Dorf wirkte an diesem kalten Winterabend wie tot. Offenbar ein weiteres Opfer der Eisernen Armee. Kell und Saark befahlen Skanda, am Rand des Dorfs zu warten, während sie mit gezückten Waffen hineinritten. Wachsam suchten sie nach Anzeichen von Albino-Soldaten. Keine Menschenseele war auf den Straßen unterwegs, und die meisten Häuser sahen verlassen aus.
    »Ob die Eiserne Armee bereits hier durchgezogen ist, was glaubst du?«
    Kell zuckte mit den Schultern und deutete auf die Schänke. Aus ihrem baufälligen Schornstein drang eine dünne Rauchfahne. »Das glaube ich nicht. Allein schon deshalb nicht, weil keine Leichen auf der Straße herumliegen. Aber wir können es gleich herausfinden.« Er stieg vor der Schänke ab und stieß die Tür auf. Im Schankraum war es warm. Ein Feuer brannte knisternd im Kamin. An einer langen Bar standen drei Männer, untersetzte, mürrische Männer, die zusammenzuckten, als die Tür aufschwang. Ihre nervösen Blicke richteten sich auf die drei Neuankömmlinge, und sie legten ihre Hände auf die Griffe ihrer Schwerter. Ein großer, dünner Mann hinter dem Tresen nickte Kell zu, der eintrat.
    »Hast du Zimmer?«
    »Wie viele?«
    »Zwei.«
    »Ja. Macht fünf Kupferstücke pro Nacht. Willst du warmes Wasser? Das kostet noch ein Kupferstück zusätzlich.«
    »Warmes Wasser ist eine Grundvoraussetzung für Sauberkeit und Tugend, guter Mann.« Saark war ebenfalls eingetreten und lächelte, als er sich über die bierbefleckten Bretter des Tresens beugte.
    Der Wirt starrte den zerlumpten, übel zugerichteten und sichtlich mitgenommenen Dandy verständnislos an.
    »Er hat ›ja‹ gesagt«, knurrte Kell und legte ein paar Münzen auf den Tresen. »Hol den Jungen«, sagte er dann zu Saark, »und stell unsere Pferde im Stall unter.«
    Nachdem Saark verschwunden war, musterte Kell den Wirt. »Das hier ist eine gemütliche kleine Stadt, Wirt.«
    »Und wir wollen, dass es auch so bleibt. Eine Armee ist durch diese Gegend gezogen und hat in den umliegenden Städten alle ermordet.« In den Augen des Mannes spiegelte sich Trostlosigkeit und der Nachhall von Albträumen. »Das wissen wir. Deshalb möchten wir dich bitten, dein Wissen über Creggan für dich zu behalten. Wir können nirgendwohin mehr flüchten, verstehst du das?«
    Kell nickte und bestellte einen Whisky. Er leerte das Glas in einem Zug. Als Saark vom Stall zurückkam, wo er die Pferde und Mary untergestellt hatte, stürmte Kell an ihm vorbei durch die Tür.
    »Hey, wohin gehst du?«
    »Nach draußen.«
    »Wohin nach draußen?«
    »Ich gehe einfach raus.« Kell grinste, aber es war eine Grimasse ohne Humor.
    »Ich habe eine Frage, mein Alter. Warum hast du nur zwei Räume bestellt? Ich fand das ein bisschen merkwürdig.«
    Kells Grinsen vertiefte sich. »Du liebst diesen verdammten, unheimlichen

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