Keltengrab: Thriller (German Edition)
Die Erwähnung des Flusses war nur einmal mehr ein Vorwand für ihn, in seinen Erinnerungen zu schwelgen.
Finian betrachtete nun eine Auswahl von Fotos, die ich ausgedruckt, und ein paar grobe Skizzen, die ich angefertigt hatte.
»Dann bist du also früher nach Newgrange gekommen, als du dachtest. Hast du nicht erzählt, du wolltest zur Sonnenwende dort sein?«
»Ja, zum zweiten Teil eines Interviews für eine amerikanische Zeitschrift namens Archäologie heute . Sie arbeiten an einem Artikel über Frauen in der irischen Archäologie und haben darum gebeten, dass wir uns an diesem Tag zum Sonnenaufgang dort versammeln. Hauptsächlich für Fotos.«
»Geht ihr auch rein?«
»Nein. Von ein paar VIPs abgesehen ist es auf zwanzig ausgeloste Leute beschränkt. Und wir haben es alle schon gesehen, es wäre nicht gerecht.«
»Garantiert werden ein paar Politiker dabei sein.«
»Ich glaube, der Tourismusminister hat sein Erscheinen angekündigt.«
»Was sag ich. Und dabei fällt mir ein, ich habe eine Einladung für zwei Personen zu einer vorweihnachtlichen Abendgesellschaft in Jocelyn Carews Haus in Dublin. Ich würde mich freuen, wenn du mitkämst.«
»Wann?«
»Äh … schon bald.« Er ging zum Kaminsims und hob eine schlichte weiße Karte mit schwarzem Druck auf.
»Jocelyn und Edith Carew – Privat«, las er vor. »Drinks von 19.00 bis 21.00 Uhr, 21. Dezember.«
»Das ist ja schon am kommenden Montag!« Derselbe Tag, an dem ich mit Fran zu Mittag aß.
»Ja. Ich wollte dich schon lange fragen, aber ich hab es leider immer vergessen.«
Ich schloss die Augen und überlegte, was für Verpflichtungen ich hatte, falls überhaupt welche. So kurz vor Weihnachten wahrscheinlich nur gesellschaftliche, oder vielleicht den Chor. Was nicht unvermeidbar war, würde ich ausfallen lassen oder verschieben. Professor Jocelyn Carew saß als Unabhängiger im Dail, dem irischen Parlament. Er war Arzt, Theaterkritiker und Umweltschützer. Ich war auf jeden Fall neugierig darauf, ihn und seine Frau kennen zu lernen. Und mit Finian hinzugehen, würde die Sache noch vergnüglicher machen.
»Gern«, sagte ich. »Ich gebe dir morgen sicher Bescheid, wenn’s recht ist.«
»Wann du willst. Ich habe schon zugesagt. Es ist nur so, dass ich wirklich nicht allein hingehen will.«
Das war typisch für Finian, und es machte mich rasend. Eine Einladung auszusprechen, und es dann so aussehen zu lassen, als wär’s ihm erst im Nachhinein eingefallen, mich mitzunehmen. Ich überging es. Er hatte eins der Fotos in die Hand genommen, und etwas darauf ließ ihn die Stirn runzeln.
»Wenn beabsichtigt war, den Sumpf auszuräumen, wieso hat Crean dann einen solchen Bagger benutzt? Viel zu schwer, um auf weichem Boden zu arbeiten.«
»Er hatte wohl vor, bis auf den Fels oder den Kies darunter zu baggern, dann hätte er eine solide Basis gehabt, um auf das Gelände zu fahren und den restlichen Mutterboden auszuheben.«
»Du sagtest, die Leiche lag ursprünglich rund anderthalb Meter unter der Oberfläche. Das ist nicht sehr tief, wenn du auf einen prähistorischen Zeitpunkt hoffst.« Finian hatte die Wachstumsgeschwindigkeit eines Moors im Sinn. »Wenn deine Theorie stimmen soll, muss Monashee seit mehr als fünftausend Jahren wachsen.« Er sah mich skeptisch an. »Dann müsste es eigentlich viel tiefer sein.«
»Vielleicht war es das einmal. Wer weiß, wahrscheinlich wurde der Torf als Brennstoff abgetragen. Auch Trockenlegung würde die Gesamthöhe absenken. Und noch etwas lässt mich optimistisch sein: Jeder Archäologe wird dir sagen, dass sich Irland einer der ältesten Moorleichen in ganz Europa rühmen kann, na ja, eigentlich ist es mehr ein Skelett. Die sterblichen Reste eines Mannes, der es auf etwa sechstausend Jahre bringt – das ist frühe Jungsteinzeit.«
»Schön und gut, Illaun, aber wie groß ist die Wahrscheinlichkeit? Rechnen wir die Chancen doch mal grob aus. Wie viele Moorleichen wurden hierzulande insgesamt gefunden?«
»Rund achtzig.«
»Wie alt waren sie im Durchschnitt?«
»Die Mehrheit stammte wahrscheinlich aus dem Mittelalter.«
»Sagen wir also fünfhundert bis tausend Jahre. Und im restlichen Europa?«
»Hauptsächlich Eisenzeit.«
Er rechnete einen Moment. »Also zwei- bis zweieinhalbtausend Jahre alt?«
Ich nickte. »Im Schnitt.«
»Dann spricht die Wahrscheinlichkeit also dafür, dass diese Dame kein Steinzeitmensch war. Bestenfalls eine Keltin.«
»Außer, mein gelehrter Freund, dass sie in der Nähe
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