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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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»Ich kann mich nicht erinnern, dass wir so was zu Hause haben.« Sabrina dachte laut nach. »Die Atmosphäre von Jombuur nachahmen – wie sollen wir das machen? Selbst wenn wir etwas bauen – vielleicht über Vaters Fabrik die entsprechenden Gase in Druckflaschen beschaffen – man müsste das alles ja auch irgendwie messen und regeln …«
    »Heute Nachmittag schaffen wir das nicht mehr«, meinte Thilo trocken.
    »Ja«, meinte Sabrina. »Ich fürchte, das ist ein paar Nummern zu groß für uns.«
    Kelwitt, der die ganze Zeit schweigend neben ihnen gegangen war, sagte plötzlich: »Eine Möglichkeit gibt es.«
    Die beiden blieben abrupt stehen.
    »Ach«, machte Thilo.
    »Und die wäre?«, fragte Sabrina.
    Wieder eine dieser geschmeidigen, rätselvollen Gesten. »Das Versorgungssystem meines Raumschiffs«, sagte Kelwitt einfach.

19
    Den ersten Erfolg erzielten sie am Dienstag, als sie einen Landwirt aufstöberten, der den Piloten des fremden Raumschiffs vom Traktor aus gesehen hatte. »Ja!« sagte Hermann Hase – und dazu die Boris-Becker-Armbewegung -, als ihn diese Meldung erreichte.
    Endlich war er da, wo er hingehörte. An einem großen Tisch sitzend, eine großmaßstäbliche Karte der Umgebung vor sich, zwei Mobiltelefone eingeschaltet, ein Faxgerät, einen Notizblock und jede Menge Kaffee. Und alles hörte auf sein Kommando.
    Sie hatten die Kommandozentrale der Einfachheit halber im Gasthof am Brunnen aufgeschlagen, sämtliche Zimmer mit Beschlag belegt und alle Parkplätze mit ihren Wagen vollgestellt. Der Wirt freute sich über die unerwarteten Einnahmen, betonte aber in jedem Gespräch, dass sie Silvester wieder draußen sein müssten, denn er sei ausgebucht zum Jahrtausendwechsel. An der Haustür hing auch ein Plakat, das ein groß angelegtes Fest ankündigte, mit Blasmusik, Spanferkel und Feuerwerk. »Ja, ja«, antwortete Hase dann immer, ohne sich im Mindesten für die Sorgen des Brunnenwirts zu interessieren. Er würde, das stand für ihn so unverrückbar fest wie – leider – das fremde Raumschiff im Rübenkeller am Ortsrand, hier nicht weggehen, ehe er nicht hatte, was er wollte.
    »Schaffen Sie den Mann her!«, kommandierte er. »Sofort!« Jetzt nur nichts falsch machen. »Ich brauche die Videokamera!«, bellte er in das andere Telefon. »Hier in meinem Zimmer. Ja, natürlich auch einen Recorder! Was denn sonst? Und Licht und eine Videokassette und ein Mikrophon und was sonst noch dazugehört!«
    Während die Anlage hereingeschafft und aufgebaut wurde, stand er am Fenster und wusste, wie sich ein General an der Front fühlen musste. Ein einsamer Mann, der einsame Entscheidungen zu treffen hatte. Entscheidungen, an denen das Wohl und Wehe ungezählter Menschen hing, das Schicksal von Millionen. Er beobachtete den Brunnenwirt, der dickbäuchig vor der Tür stand, mit vor der Brust verschränkten Armen das Kommen und Gehen der Agenten verfolgte und dessen einzige Sorge war, dass weniger Leute als sonst zum Mittagstisch kamen.
    Ein glücklicher Mann. Dafür kämpften er und seine Leute: dass Menschen wie dieser Wirt keine anderen Sorgen zu haben brauchten.
    Das Gefühl, das ihn in diesem Augenblick durchrieselte, musste die schiere Ehrfurcht vor der eigenen, ungeahnten Größe sein. Die sich nun endlich, endlich offenbarte.
    Endlich brachten sie den Mann, einen vierschrötigen Bauern, der nicht recht zu begreifen schien, was hier vorging. Er schien überhaupt nicht besonders schnell von Begriff zu sein. In einem fort machte er Kaubewegungen mit dem Mund, ohne etwas darin zu haben.
    »Vorige Woch’«, erwiderte er auf die Frage, wann er seine Beobachtung gemacht hatte. »Also die Woch’ vor Weihnachten. Ich meine, die Woch’ vor der Woch’, in der Weihnachten war …Jedenfalls am Freitag. Freitagnachmittag.«
    »Um wie viel Uhr ungefähr?«, fragte Hase und achtete darauf, in günstigem Winkel zur Kamera zu stehen.
    »Oh? Das weiß ich nimmer. – Nach dem Mittag halt. Ich bin mit’m Traktor rausg’fahren zu mei’m Feld am Duffenbach. Wegen mei’m Pflug. Den han ich’s letzte Mal liegen lassen.«
    Er ließ den Alten, der nach Kuhmist und Bier stank, noch einmal erzählen, was er den beiden Agenten, die Ihn gefunden hatten, schon erzählt hatte: dass ein seltsames Wesen – »komisches Viech« nannte er es – ihm auf der Straße entgegengekommen sei, ein Wesen, das aussah wie ein Delphin mit Armen und Beinen.
    »Können Sie mir hier auf der Karte zeigen, wo das war?«
    »Ha … Damit kenn’

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