Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
Vom Netzwerk:
schien Doktor Lacher beinahe noch mehr zu verwirren als das prompte Lexikonzitat. »Sie sind nicht zufällig gegen Röntgenstrahlen überempfindlich oder dergleichen?«, vergewisserte er sich, als habe er eigentlich erwartet, dass Kelwitt diese Untersuchung ablehnen würde.
    »Nein«, meinte Kelwitt. »Eine ähnliche Technik wird auch bei uns seit Jahrtausenden eingesetzt, soweit ich weiß.«
    »Nun ja, dann …« Der Doktor kratzte sich ratlos das Haupt. Schließlich rang er sich zu einer einladenden Handbewegung durch. »Dann darf ich bitten. Ihr beide bleibt hier. Strahlenschutz, ihr versteht schon.«
    »Klar«, meinte Thilo.
    »Ich glaube immer noch nicht, was wir hier tun«, meinte Sabrina, als Kelwitt und Doktor Lacher das Zimmer verlassen hatten. »Ich komme mir so blöd vor. Die ganze Zeit hatte ich Angst, alle Welt würde sich auf Kelwitt stürzen, die Zeitungen, die Geheimdienste, die Wissenschaftler, jeder, und ihn in der Luft zerreißen vor Gier. Ein Außerirdischer! Und jetzt sieht es so aus, als juckt das überhaupt keinen.«
    Thilo sah auf die weiße Fläche der geschlossenen Tür. »Echt wahr. Wenn man dem Doktor so zusieht, könnte man glauben, das ist das Normalste der Welt für ihn.«
    Doktor Lacher betrachtete das am Lichtkasten eingeklemmte Röntgenbild und zerkaute sich die Lippen. Es war ein Trick, ganz klar, aber wie hatten sie das gemacht? Er hatte noch nie davon gehört, dass man Röntgengeräte derart überlisten konnte.
    »Stefanie?«
    »Ja, Doktor?«
    »War nicht Anfang Dezember der Wartungsmensch für das Röntgengerät da?«
    »Ja. Am zweiten.«
    »War es derselbe wie immer?«
    »Ähm, ich weiß nicht …« Sie überlegte. Er ließ sie überlegen. Ihr Gedächtnis für solche Einzelheiten war immer wieder verblüffend. »Jetzt, wo Sie es sagen – nein. Es war jemand anders.«
    »Also«, meinte Lacher zufrieden. »Da haben wir es. So haben sie es gemacht. Sie haben etwas in das Röntgengerät eingebaut, das auf ein Funksignal hin vorprogrammierte Bilder auf den Film strahlt.«
    »Glauben Sie?«
    »Und das Spiel geht anders, als ich zuerst dachte. Jede Wette. Es geht überhaupt nicht darum, ob wir in Panik geraten oder nicht – sondern darum, ob wir das Spiel kapieren und mitspielen. Das macht nämlich alles Sinn hier, sehen Sie? Wie bei einem Detektivspiel.« Er klopfte gegen die angebliche Röntgenaufnahme. »Hier. Sehen Sie das? Natürlich wäre die Lunge eines hypothetischen Außerirdischen, der durch ein Loch auf der Kopfoberseite atmet, zum Rücken hin orientiert. Also müssen wir das hier als Lunge interpretieren.«
    Stefanie trat neben ihn. Ihrem Gesichtsausdruck nach sah sie noch nicht so recht, wo Doktor Lacher einen Sinn entdeckt hatte.
    »Das ist Information eins. Information zwei ist das, was er gesagt hat: dass die Beschwerden mit Rückenschmerzen begannen. Also, wenn wir das Spiel konsequent spielen, hat die Lösung möglicherweise mit der Lunge zu tun. Und nun schauen Sie sich mal das Verhältnis zwischen Lungenkapazität und Körpergewicht an. Merken Sie was?«
    Als Doktor Lacher es sich mit seinen Unterlagen wieder hinter seinem Schreibtisch gemütlich machte, wirkte er außerordentlich zufrieden. Sabrina und Thilo warfen einander rasche Blicke zu. Das war hoffentlich ein gutes Zeichen.
    »Kelwitt«, begann er schließlich, »können Sie mir zufällig sagen, wie hoch der Sauerstoffanteil in der Atmosphäre Ihres Heimatplaneten ist?«
    »Achtzehneinhalb Prozent«, erwiderte Kelwitt wie aus der Pistole geschossen.
    »Aha«, machte Doktor Lacher zufrieden und besah sich versonnen nickend seine Papiere. »Das habe ich mir gedacht. Ihre Lunge ist sehr groß im Verhältnis zum Körper. Das muss sie auch sein, da sie auf Ihrem Planeten mehr Luft aufnehmen muss, um den benötigten Sauerstoff daraus zu beziehen. Hier auf der Erde aber« – er sah von seinen Unterlagen hoch – »ist sie zu groß.«
    »Was heißt das?«
    »Ich kann mich natürlich irren«, räumte der Arzt ein. »Ich kenne Ihren Metabolismus zu wenig, um mir meiner Sache halbwegs sicher zu sein. Sie könnten buchstäblich alles Mögliche haben. Eine Infektion beispielsweise, angesteckt von einem Bakterium oder Virus Ihrer Heimat – das kann ich hier unmöglich nachweisen. Aber da Sie sagen, dass Sie diese Beschwerden noch nie gehabt haben und auch nicht der Beschreibung nach kennen …«
    »So ist es.«
    »… denke ich, dass Sie ursächlich mit Ihrem Aufenthalt auf der Erde zusammenhängen.« Er sah Kelwitt

Weitere Kostenlose Bücher