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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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die Arbeit des Steuerns, doch sie kam auf diese Weise vielen anderen zugute.
    Einige der Erdbewohner, die ausgestiegen waren, bewegten sich, gleichfalls in dicke Kleidung vermummt, auf sie zu.
    S’briina gab etwas von sich, was Tik in einen Pfiff des Erschreckens übersetzte, zerrte an Kelwitts Hand und meinte: »Schnell weg!«
    »Wieso denn?« Kelwitt war ganz in die Betrachtung des großen Fahrgeräts versunken, das sich mit lautem Brummen der Antriebsmaschinen wieder in Bewegung setzte und an ihnen vorbeirauschte.
    Plötzlich stand eine hoch aufragende Gestalt vor ihnen, bis zum Hals in ein dunkles, felliges Kleidungsstück gehüllt und mit langem, grauem Kopfpelz.
    »Guten Abend, Fraul’nge«, sagte S’briina und schob Kelwitts Hand umher, als wolle sie ihn veranlassen, sich hinter ihr zu verstecken.
    »Guten Abend, S’briina«, erwiderte der Erdbewohner namens Fraul’nge. »Ihr habt mich heute Morgen so erschreckt, dass ich vom Fahrrad gestürzt bin. Das war nicht sehr freundlich. Ich komme gerade erst vom Arzt.«
    »Oh«, erwiderte S’briina. »Das tut mir leid. Das wollte ich nicht.«
    »So richtig erschrocken habe ich mich eigentlich über deinen Freund da. Ich sehe so schlecht bei diesem Licht – hat er diese Maske immer noch auf? Willst du ihn mir nicht vorstellen?«
    »Das ist keine Maske«, erklärte S’briina. »Er sieht wirklich so aus. Sein Name ist Kelwitt, und er kommt vom Planeten Jombuur in der Nähe des Milchstraßenzentrums.«
    Offenbar war er Zeuge eines Begrüßungsrituals. Da Fraul’nge nun ihn ansah, vollführte Kelwitt die Geste des bestätigenden Nickens und entbot den normalen Erdbewohnergruß: »Guten Tag.«
    Erstaunlicherweise schüttelte Fraul’nge daraufhin den Kopf und sagte zu S’briina: »Mein Kind, du hast zu viel Phantasie. Du solltest dich wirklich allmählich entschließen, erwachsen zu werden.«
    Damit drehte sich Fraul’nge um und ging mit auffallend raschen Schritten weiter.
    S’briina gab leise etwas von sich, das Tik übersetzte als: »Emotionalausdruck des Missfallens an einer Person. Wörtlich übersetzt Gleichsetzung des Gegenübers mit einem Tier, das flüssige, für Geschlüpfte gedachte Nahrung produziert und intelligenzmäßig beschränkt ist«.
    Sie wanderten dann noch ein bisschen die verschiedenen Fahrstraßen entlang, aber im Grunde sah die Nestsiedlung überall gleich aus, und schließlich kehrten sie in das eigene Nest zurück. Kelwitt war froh, als er das Kleidungsstück wieder loswurde, und wusste nicht so recht, was er von seinem Ausflug nun halten sollte. Im Grunde war das, was in den Bildschirmgeräten vom Leben der Erdbewohner gezeigt wurde, wesentlich interessanter.
    »Es ist, wie ich schon gesagt habe«, erklärte er Tik. »Ich bin am uninteressantesten Punkt des ganzen Planeten abgestürzt.«
    Einer der Ärzte hatte die Angewohnheit, immer, wenn er auf die Station kam, zuerst einmal zu duschen. Als Hermann Hase kurz vor Mitternacht, allein in seinem dunklen Zimmer liegend, das Geräusch plätschernden Wassers vernahm, beschloss er, dass es Zeit war zu handeln.
    Er glitt aus dem Bett, öffnete verstohlen die Tür und spähte den kahlen Gang entlang. Alles lag verlassen da. Die Tür zur Patientendusche war nur wenige Schritte entfernt auf der anderen Seite, und sie war nur angelehnt. Dahinter pladderte Wasser, und jemand summte ebenso zufrieden wie unmelodisch vor sich hin.
    Aus dem Stationszimmer waren die Stimmen der beiden Nachtschwestern zu vernehmen. »Wenn unsereins das machen würde«, ereiferte sich die eine, »in der Patientendusche … aber die Ärzte …«
    »Der kriegt auch noch mal Ärger, wart’s ab«, sagte die andere Stimme.
    Genau, dachte Hermann Hase.
    Das Rauschen der Dusche übertönte die Schritte nackter Füße auf dem blanken Linoleum, das Rascheln, mit dem der weiße Arztkittel vom Haken gefischt, und das Klappern des Schlüsselbundes, der aus einer Hosentasche geangelt wurde. Es übertönte auch die Geräusche, die entstanden, als Hermann Hase in die weißen Sandalen des Arztes schlüpfte und sich eiligen Schrittes zu der Tür begab, an der er heute Mittag gescheitert war.
    Vom Stationszimmer drang Gelächter auf den Gang. Er probierte einen Schlüssel nach dem anderen, und der vierte passte schließlich. Er schloss von draußen wieder ab und eilte die Treppen hinab. Auf der Höhe des ersten Stockwerks fing es in seiner Kitteltasche plötzlich an zu piepsen. Er holte den orangeroten Piepser heraus, drückte auf den

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