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Kelwitts Stern

Kelwitts Stern

Titel: Kelwitts Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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unangenehm …?«
    Kelwitt überlegte. »Eher angenehm.«
    »Schön. Dann bleibe ich noch ein bisschen.«
    »Allerdings«, gab Kelwitt zu bedenken, »werde ich so nicht schlafen können. Mit deinem Kopf auf der Brust.«
    »Ich bleibe nicht so lange. Mir ist schon ganz kalt.«
    Kelwitt gab einen leisen Laut des Bedauerns von sich. »Ihr seid eine seltsame Spezies«, meinte er dann.
    »Danke gleichfalls«, erwiderte S’briina.
    Dann schwiegen sie eine Weile. Er spürte ein Pochen, das aus ihrem Körper kam. Das musste das Schlagen ihres einen Herzens sein. Interessant, fand Kelwitt.
    »Was gibt es eigentlich in eurem Leben«, wollte S’briina plötzlich wissen, »was euch richtig Spaß macht?«
    »Spaß?«
    »Ja, Spaß. Was gibt es bei euch richtig Tolles? Ihr werdet doch nicht bloß arbeiten und euch auf eure lustlose Weise fortpflanzen?«
    »Nein, natürlich nicht.« Kelwitt überlegte. »Alles, was wir im Schwarm unternehmen, macht Spaß. Große Grundschleimerjagden zum Beispiel. Oder Formationsschwimmen – das machen wir manchmal einen ganzen Tag lang und noch bis tief in die Nacht hinein. Oder wenn wir gemeinsam Tangtauchen …«
    »Was macht am meisten Spaß? Ich meine, was ist für dich das Allertollste im ganzen Universum?«
    Kelwitt dachte nach. Erstaunlich, wie ihn die Erinnerungen überfielen, an endlose Schwimmtänze mit ihren hypnotischen Rhythmen, die kraftvollen Bewegungen im Einklang mit den anderen, wie sie beim Tangsammeln pfeilgerade abtauchten in dunkel glühende Tiefen … »In der Frostperiode gehen wir alle zu den Tropffelsen, versammeln uns darum und singen. Wir singen und singen, feuern uns gegenseitig an, immer lauter – so lange, bis das Eis vom Stein platzt und herabrieselt. In dem Moment verstummen wir, und dann sitzen wir nur da, horchen auf die Stille und das fast unhörbare Klingeln der herabfallenden Eiskristalle.« Er gab den Laut des sehnsüchtigen Verlangens von sich. »Das ist das Schönste im ganzen Universum.«
    S’briina schien sich das durch den Kopf gehen zu lassen. »Eiskristalle«, sagte sie schließlich.
    »Ja. Winzige Eiskristalle.«
    »Das erinnert mich daran, dass mir kalt ist«, meinte sie und setzte sich auf. »Ich fühle mich selber schon wie ein Eiskristall. Zeit, dass ich in mein warmes Bett komme.«
    »Jeder von uns muss gemäß seiner körperlichen Eigenarten handeln«, bestätigte Kelwitt.
    »Genau«, nickte sie, stand auf und verließ die Schlafmulde. Sie ging hinüber in den Raum, in dem er die ersten Nächte geschlafen hatte, und kam mit einem großen Stofftuch zurück. »Es war, weil du morgen gehst«, sagte sie dann. »Ich wollte es wenigstens probiert haben. Es hätte mir mein Leben lang leidgetan, wenn ich es nicht probiert hätte.«
    Kelwitt wandte den Kopf ab. Es juckte ihn regelrecht, wenn er mit ansah, wie sie sich die Haut absichtlich trocken rieb. »Probieren?«, fragte er. »Was wolltest du probieren?«
    »Ach, nicht so wichtig«, erwiderte S’briina, hüllte sich nun ganz in das Tuch ein und las ihre Kleidungsstücke vom Boden auf. »Ich lass dich jetzt schlafen.«
    »Gut«, meinte Kelwitt.
    Den Türgriff in der Hand, blieb sie noch einmal stehen. »Du bist morgen früh noch da, oder? Die beamen dich nicht heute Nacht einfach hoch?«
    »Nein«, versicherte er. »Über diese Technologie verfügen wir noch nicht.«
    »Gut. Jedenfalls – geh nicht, ohne dich zu verabschieden, versprochen?«
    Kelwitt machte die menschliche Geste der Bejahung. »Das verspreche ich.«

16
    »Dein eigenes Geld?« Kaulquappe nestelte die Plastiktüte noch einmal auf, die Hase ihm in den Schoß gelegt hatte, und starrte die Geldscheine darin mit ganz anderer Ehrfurcht an. »Ich wusste gar nicht, dass man in unserem Beruf solche Ersparnisse anhäufen kann.«
    »Das ist keine Frage des Berufs, sondern der Lebensgewohnheiten«, belehrte ihn Hase, ohne den Blick von der Fahrbahn zu nehmen.
    Der Lastwagen war größer als alles, was er bisher gesteuert hatte. Ein Lastwagen mit Ladekran. Der Mann vom Mietpark hatte sich gewundert, wozu jemand an Heiligabend so ein Gerät brauchte, und ihm vor lauter Verwunderung einen Sonderpreis gemacht.
    »Bei solchen Lebensgewohnheiten hättest du Mönch werden sollen.«
    »Um genau zu sein, ein Teil des Geldes stammt von meiner Mutter.«
    »Das beruhigt mich richtiggehend«, meinte Kaulquappe und griff in die bunt gemischten Geldscheine. »Und das sind wirklich vierzigtausend Mark? Sieht nach weniger aus.«
    »Ja. Ich war auch ganz

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