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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht? Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht mal daraufgewartet, bis er nicht mehr zu hören war. Ich kehre in mein Büro zurück, sinke an meinem Schreibtisch in mich zusammen und schlage die Hände vors Gesicht. Meine ganze Euphorie ist verflogen. Ich habe keinen Schimmer, wie ich jemals zu diesem Job gekommen bin. Ich nehme wahllos irgendein Blatt vom Stapel und starre es an. Es hat irgendwas mit Versicherungsprämien zu tun. Woher weiß ich so was eigentlich? Wann habe ich das alles gelernt? Ich komme mir vor, als wäre ich eben aufgewacht und klammerte mich an den Gipfel des Mount Everest, ohne überhaupt zu wissen, was ein Steigeisen ist.
    Mit schwerem Seufzer lege ich das Blatt beiseite. Ich muss mit jemandem reden. Fi. Ich nehme den Hörer ab und wähle 352, was ihre Durchwahl ist, sofern das System nicht geändert wurde.
    »Abteilung Bodenbeläge. Fiona Roper am Apparat.«
    »Fi, ich bin‘s!«, sage ich. »Lexi. Hör mal, können wir reden?«
    »Natürlich«, sagt Fi förmlich. »Möchtest du, dass ich jetzt gleich rüberkomme? Oder soll ich mir bei Cläre einen Termin holen?«
    Mich verlässt der Mut. Sie klingt so ... distanziert.
    »Ich meinte, ob wir plaudern können! Es sei denn, du bist gerade beschäftigt ...«
    »Ehrlich gesagt, wollte ich eben Mittag machen ...«
    »Oh, da komme ich mit!«, sage ich begeistert. »Wie in alten Zeiten! Eine heiße Schokolade war jetzt genau das Richtige! Und gibt es bei Morellis immer noch diese leckeren Panini?«
    »Lexi ...«
    »Fi, ich muss dringend mit dir reden, okay?« Ich klammere mich an den Hörer. »Ich ... ich kann mich an nichts erinnern. Und es macht mich total verrückt. Die ganze Situation.« Ich versuche, zu lachen. »Warte kurz, ich bin gleich da ...«
    Ich knalle den Hörer auf und schnappe mir ein Blatt Papier. Ich zögere, dann schreibe ich: »Byron, bitte sorgen Sie dafür, dass alles ordnungsgemäß erledigt wird. Vielen Dank, Lexi.«
    Ich weiß, dass ich ihm geradezu in die Hände spiele. Aber im Moment will ich nur noch meine Freundinnen wiedersehen. Ich schnappe mir meine Tasche und die Aktenmappe und renne hinaus, an Cläres Schreibtisch vorbei ins Großraumbüro.
    »Hi, Lexi«, sagt eine fremde Frau. »Kann ich was für Sie tun?«
    »Nein, ist schon okay. Ich bin mit Fi zum Mittagessen verabredet ...« Ich stutze. Ich kann Fi nirgends im Büro entdecken. Und auch Carolyn nicht. Oder Debs.
    »Ich glaube, sie sind schon los zur Pause.« Die Frau wirkt überrascht. »Sie haben sie nur knapp verpasst ...«
    »Ach, so.« Ich versuche, mir nicht anmerken zu lassen, dass ich jeden Moment die Fassung verliere. »Danke. Wahrscheinlich meinten sie, wir treffen uns unten in der Lobby.«
    Ich mache auf dem Absatz kehrt, dann laufe ich so schnell, wie es mir auf meinen hohen Absätzen möglich ist, den Flur entlang ... und sehe gerade noch, wie Debs im Fahrstuhl verschwindet.
    »Wartet!«, rufe ich und renne los. »Ich bin hier, Debs!« Doch die Fahrstuhltüren schließen sich bereits.
    Sie hat mich gehört. Ich weiß es genau.
    Alle möglichen Gedanken schießen mir in den Kopf, als ich die Tür zum Treppenhaus aufstoße und hinunterklappere. Sie wussten, dass ich komme. Gehen sie mir aus dem Weg? Was ist in den drei Jahren nur passiert? Wir sind doch Freundinnen. Okay, ich weiß, ich bin jetzt hier die Chefin ... aber man kann auch mit seiner Chefin befreundet sein, oder nicht?
    Oder nicht?
    Ich komme im Erdgeschoss an und stolpere fast ins Foyer. Als Erstes sehe ich, wie Carolyn und Debs durch die großen Glastüren hinausmarschieren, immer hinter Fi her.
    »Hey!«, rufe ich beinah verzweifelt. »Wartet!« Ich hetze dem Ausgang entgegen und hole sie endlich auf den Eingangsstufen des Gebäudes ein.
    »Oh. Hi, Lexi.« Fi stößt ein leises Schnauben aus, was bedeutet, dass sie sich ein Lachen verkneift.
    Wahrscheinlich sehe ich wirklich etwas lächerlich aus, wie ich so renne, mit rotem Kopf und Dutt, im feinen Kostüm.
    »Ich dachte, wir gehen zusammen Mittag essen!«, sage ich keuchend. »Ich hab doch gesagt, dass ich komme!«
    Schweigen. Keine sieht mir in die Augen. Debs spielt an ihrem langen, silbernen Anhänger herum. Ihr blondes Haar weht im Wind. Carolyn hat ihre Brille abgenommen und putzt sie an ihrer weißen Bluse.
    »Was ist denn los?« Ich würde gerne locker klingen, aber die Kränkung in meiner Stimme ist selbst für mich nicht zu überhören. »Fi, warum antwortest du nicht auf meine Nachrichten? Gibt es zwischen uns irgendein ... Problem?«
    Keiner sagt was. Ich kann die

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