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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht? Kostenlos Bücher Online Lesen
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Lächeln gefriert. Knallhart? Der Klang dieses Wortes gefällt mir nicht.
    »Du meinst >knallhart< im positiven Sinne?« Ich versuche, beiläufig zu klingen. »So wie >knallhart<, aber trotzdem nett und freundlich?«
    »Liebling, du bist ergebnisorientiert. Du bist zielstrebig. Du treibst deine Abteilung an. Du bist eine großartige Chefin.« Er lächelt. »Also, ich muss jetzt los. Wir sehen uns später.«
    Der Bildschirm wird schwarz, und ich starre ihn an, komplett unberuhigt. Ich bin sogar noch erschrockener als vorher.
    Knallhart. Ist das nicht ein anderes Wort für »Bossbitch aus der Hölle«?
    Wie dem auch sei, ich sollte es nicht zu nah an mich herankommen lassen. Ich darf das alles nicht so eng sehen. Eine Stunde ist vergangen, und ich bin inzwischen etwas zuversichtlicher. Ich trage meinen neuen Diamanten. Ich habe mich von Kopf bis Fuß mit einem teuren Duft eingesprüht. Und ich habe mir heimlich ein Gläschen Wein genehmigt, was alles etwas freundlicher erscheinen lässt.
    Dann ist eben nicht alles so rosig, wie ich dachte. Dann habe ich mich eben mit meinen Freundinnen zerstritten, dann ist Byron eben hinter meinem Job her, dann habe ich eben keinen Schimmer, wer Tony Dukes ist. Aber ich kann das alles wieder richten. Ich kann meinen Job neu lernen. Ich kann Brücken zu Fi und den anderen bauen. Und Tony Dukes kann ich googlen.
    Die Hauptsache ist doch, dass ich immer noch die glücklichste Frau der Welt bin. Ich habe einen hinreißenden Mann, eine wundervolle Ehe und eine bezaubernde Wohnung. Man muss sich doch nur mal umschauen! Und heute Abend sieht es hier noch atemberaubender aus als sonst. Die Floristin war da, und überall stehen jetzt Blumenarrangements, Lilien und Rosen. Den Esstisch hat man ausgezogen und mit glitzerndem Besteck und Kristall gedeckt, mit einem Tafelaufsatz wie bei einer Hochzeit. Es gibt sogar handgeschriebene Platzkarten.
    Eric sagt, es sollte nur ein »informelles, kleines Abendessen« sein. Gott weiß, was wir machen, wenn es förmlich wird. Vielleicht haben wir dann zehn Butler mit weißen Handschuhen oder so was in der Art.
    Sorgsam trage ich meinen Lancöme-Lippenstift auf und tupfe ihn ab. Als ich fertig bin, betrachte ich mein Spiegelbild. Mein Haar ist hochgesteckt, mein Kleid sitzt perfekt, und ich trage Brillantohrringe. Ich sehe aus wie in einem Werbespot. Als würde jeden Augenblick unter meinem Gesicht auf dem Bildschirm ein Schriftzug erscheinen.
    Ferrero Rocher. Für die goldenen Momente.
    British Gas. Hält Sie in Ihrem trendigen Trillionen-Pfund-Loft warm.
    Ich trete zurück, und automatisch ändert sich die Beleuchtung - vom Spiegelstrahler zu einem warmen indirekten Licht. Die »intelligente Beleuchtung« in diesem Zimmer ist die reine Zauberei. Mit Hilfe von Wärmesensoren merkt sie, wo man gerade ist, und stellt sich dementsprechend ein.
    Ich trickse sie gern aus, indem ich im Zimmer herumrenne und rufe: »Ha! Doch nicht so intelligent, was?«
    Natürlich nur, wenn Eric nicht dabei ist.
    »Liebling!« Ich zucke zusammen. Da steht er in der Tür, im Anzug. »Du siehst wunderschön aus.«
    »Danke!« Ich glühe vor Freude und streiche mir übers Haar.
    »Eins noch. Aktenmappe im Flur. Gute Idee?« Sein Lächeln kommt keine Sekunde ins Wanken, aber ich höre die Verärgerung aus seiner Stimme.
    Mist. Offenbar habe ich sie stehen lassen. Ich war so in Gedanken, als ich nach Hause kam.
    »Ich hol sie schon«, sage ich eilig. »Entschuldige.«
    »Gut.« Er nickt. »Aber vorher: Probier mal!« Er reicht mir ein Glas mit rubinrotem Wein. »Das ist der Chateau Branaire-Ducru. Wir haben ihn auf unserem letzten Frankreichtrip gekauft. Ich wüsste gern, wie du ihn findest.«
    »Okay.« Ich versuche, selbstbewusst zu klingen. »Gern.«
    Oh, nein. Was soll ich sagen? Vorsichtig nehme ich einen Schluck und spüle ihn im Mund herum, durchforste mein Hirn nach allen Weinkenner-Worten, die mir einfallen. Ledrig. Holzig. Ein guter Jahrgang.
    Wenn ich es recht bedenke, bluffen die doch alle, oder? Okay, ich sage, es ist eine traumhaft vollmundige Traube mit einem Hauch Erdbeere. Nein, Schwarze Johannisbeere. Ich schlucke herunter und nicke Eric wissend zu.
    »Also, für mich ist das Seh...«
    »Schockierend, nicht?«, fällt Eric mir ins Wort. »Verkorkt. Ungenießbar.«
    Ungenießbar?
    »Oh! Ah ... ja!« Ich finde meine Fassung wieder. »Haltbarkeitsdatum weit überschritten. Igitt.« Ich verziehe das Gesicht. »Ekelhaft!«
    Das war knapp. Ich stelle das Glas auf einen

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