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Kennen Wir Uns Nicht?

Kennen Wir Uns Nicht?

Titel: Kennen Wir Uns Nicht? Kostenlos Bücher Online Lesen
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hält bei ein paar Leuten weiter vorn. Na, toll. Mürrisch schiebe ich meine Hand wieder in die Hosentasche und suche die regennasse Straße nach dem nächsten leuchtenden Taxischild ab.
    Es liegt aber nicht allein daran, dass Loser Dave mich versetzt hat. Heute war Jahresabschluss bei meiner Arbeit, und alle bekamen Umschläge, in denen stand, wie viel sie zusätzlich verdienen würden. Sie hüpften vor Begeisterung herum, weil die Verkäufe der Firma 2003/2004 besser ausgefallen sind als erwartet. Es war wie ein vorgezogenes Weihnachtsfest. Den ganzen Nachmittag redeten alle nur davon, was sie mit dem Geld anfangen wollten. Carolyn plante einen kleinen Ausflug nach New York, mit ihrem Freund Matt. Debs hat sich gleich einen Termin für Strähnchen bei Nicky Clarke geholt - da wollte sie schon immer mal hin. Fi hat bei Harvey Nichols angerufen und sich eine coole, neue Tasche zurücklegen lassen, die sich »Paddington« oder so ähnlich nennt.
    Und da saß ich nun. Mit nada. Nicht, weil ich nicht hart genug gearbeitet hätte, nicht, weil ich meine Zielvorgaben nicht erreicht hätte, sondern einzig und allein, weil man, um eine Prämie zu bekommen, mindestens ein Jahr für die Firma gearbeitet haben muss, was ich um genau eine Woche verpasst habe. Eine Woche! Das ist so unfair! So was von knickrig! Also, wenn man mich fragen würde, wie ich das finde ...
    Träum weiter. Als ob Simon Johnson jemals eine Juniorassistentin der Abteilung Bodenbeläge um ihre Meinung fragen würde. Zu allem Überfluss habe ich die schlimmste Berufsbezeichnung, die es gibt. Richtig peinlich. Sie passt kaum auf meine Visitenkarte. Je länger der Titel, desto beschissener der Job. So kommt es mir jedenfalls vor. Anscheinend glauben die, sie könnten einen mit Worten blenden, damit man nicht darüber nachdenkt, dass man in der hintersten Ecke vom Büro die lausigsten Kundenkonten bearbeitet, mit denen sonst niemand zu tun haben will.
    Ein Auto rast nah am Bürgersteig durch eine Pfütze, und ich mache einen Satz zur Seite - allerdings erst, nachdem ich die volle Ladung abbekommen habe. Im Hauseingang macht Fi den süßen Typen scharf, indem sie ihm was ins Ohr säuselt. Ich kann ein paar ihrer Worte verstehen und muss - trotz meiner Laune - die Lippen zusammenkneifen, um nicht laut loszuprusten. Vor ein paar Monaten sind wir an unserem Frauenabend zu Hause geblieben und haben uns kleine Geheimnisse anvertraut. Fi meinte, sie sagt immer dasselbe, nämlich: »Ich glaube, mein Höschen schmilzt gleich.«
    Also, echt. Welcher Mann fährt denn auf so was ab?
    Naja. Nach Fis Trefferquote zu urteilen, wohl so einige.
    Debs hat uns eröffnet, dass sie beim Sex nur ein einziges Wort über die Lippen bringt, ohne laut zu lachen - »heiß«. Also sagt sie immer nur: »Ich bin heiß«, »Du bist so heiß«, »Das ist echt heiß«. Tja, wenn man so toll aussieht wie Debs, braucht man wahrscheinlich kein besonders ausgefeiltes Repertoire.
    Carolyn ist schon seit hundert Jahren mit Matt zusammen und hat erzählt, dass sie im Bett überhaupt nichts sagt, höchstens »Ohh« oder »Weiter oben!« oder einmal, kurz vor seinem Orgasmus: »Verdammt, ich hab das Bügeleisen angelassen.« Das könnte allerdings auch ein Scherz gewesen sein. Sie hat einen ziemlich schrägen Humor, genau wie Matt. Die beiden sind superschlau, fast zu schlau, aber ohne es groß raushängen zu lassen. Wenn wir zusammen ausgehen, knallen sie sich gegenseitig so viele Schimpfwörter an den Kopf, dass man nie weiß, ob es nun ernst gemeint ist oder nicht. Vermutlich wissen sie das selbst nicht so genau.
    Dann war ich an der Reihe, mein kleines Geheimnis preiszugeben, und zwar dass ich den Männern immer Komplimente mache. Zu Loser Dave sage ich zum Beispiel: »Du hast echt tolle Schultern« und »Du hast so schöne Augen«.
    Allerdings habe ich verschwiegen, warum ich das tue. Im Stillen hoffe ich nämlich, dass der Mann das Kompliment erwidert und mir dann sagt, wie schön ich bin.
    Dementsprechend musste ich zum Glück auch nicht zugeben, dass es bisher noch nie vorgekommen ist.
    Ach, egal. Was soll‘s.
    »Hey, Lexi.« Plötzlich steht Fi neben mir, die sich offenbar von dem süßen Typen losgeknutscht hat. Sie zieht meine Jeansjacke über ihren Kopf und holt einen Lippenstift hervor.
    »Hi«, sage ich und blinzle Regenwasser aus meinen Wimpern. »Wo ist Loverboy denn hin?«
    »Er sagt dem Mädchen, mit dem er hergekommen ist, dass er geht.«
    »Fi!«
    »Was?« Fi hat offenbar

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