Keraban Der Starrkopf
Sturm zu halten, der sie mit Wasserstaub und dem beigemengten Sande überschüttete.
Auch einige Fischer aus dem Hafen von Atina waren herzugelaufen, vielleicht nur, um sich die Wrackstücke von der Tartane streitig zu machen, welche die Brandung bald auf die Felsen werfen mußte. Der Seigneur Keraban, Ahmet und deren Genossen verstanden die Sache aber anders. Sie wollten Alles versucht sehen, die Schiffbrüchigen zu retten. Ja, sie wollten noch mehr, nämlich, so gut es sich thun ließ, Maßnahmen treffen, um der Besatzung der Tartane den Weg nach dem richtigen Fahrwasser anzugeben. Es könnte sie ja eine Strömung, unter Vermeidung der auf beiden Seiten emporstarrenden Klippen, dahin tragen.
»Fackeln! Fackeln her!«… rief Keraban.
Sofort wurden mehrere, von einer Gruppe Seeföhren dicht neben dem eingestürzten Blockhause abgerissene harzige Zweige in Brand gesteckt, und ihre qualmende Flamme mußte nun wohl oder übel das erloschene Feuer des Thurmes ersetzen.
Noch immer trieb die Tartane wahrscheinlich vor einem Schleppanker Beim salben Schein der Blitze sah man ihre Mannschaft arbeiten. Der Capitän versuchte ein Sturmsegel zu hissen, doch kaum aufgezogen, riß es der Orkan von der Stenge los und die Leinwandfetzen wurden bis an’s Ufer geworfen wo sie an den Leuten daselbst wie flatternde Sturmvögel vorüberhuschten.
Der Rumpf des kleinen Fahrzeuges erhob sich manchmal zu ganz erstaunlicher Höhe und stürzte dann wieder in einen Abgrund hinab, in dem er gänzlich zertrümmert worden wäre, wenn dieser felsigen Grund hatte.
»Die Unglücklichen! rief Keraban. Liebe Leute, läßt sich denn nichts zu ihrer Rettung thun?
– Nichts! erklärten die Fischer.
– Nichts?… Nichts?… Nun denn, tausend Piaster!… Zehntausend Piaster!… Hunderttausend… wer ihnen Hilfe bringt!«
Das edelmüthige Angebot konnte leider nicht angenommen werden. Es war unmöglich, sich mitten in dieses wüthende Meer zu stürzen, um eine Verbindung zwischen der Tartane und dem äußersten Punkte des Landes herzustellen. Mit einem jener neueren Rettungsapparate, etwa einem Mörser, hätte man wahrscheinlich eine Leine über das Fahrzeug schießen können; solche Maschinen fehlten aber hier; ja, der kleine Hafen von Atina besaß nicht einmal ein einfaches Rettungsboot.
»Wir können sie aber unmöglich dem Verderben preisgeben!« wiederholte Keraban, der sich angesichts dieses Schauspieles kaum zu fassen vermochte.
Erstarrt vor Schreck, sahen sich Ahmet und seine Gefährten zu völliger Ohnmacht verurtheilt.
Plötzlich sprang Ahmet, der einen vom Deck der Tartane herüberschallenden Schrei vernahm, in die Höhe, es schien ihm, als ob sein Name – ja, sein eigener Name – das Getöse von Sturm und Wellen übertönt habe.
Wirklich wiederholte sich in einem ruhigeren Augenblick dieser Ruf, und er hörte deutlich:
»Ahmet!… Zu Hilfe!… Ahmet!«
Ahmet hielt eine der Schiffbrüchigen in den Armen. (S. 266.)
Wer konnte ihn so rufen? Unter einer fürchterlichen Ahnung hämmerte sein Herz, als ob es brechen wollte… Diese Tartane… es erschien ihm, als kenne er sie wieder… als habe er sie schon gesehen!… Wo?… War das nicht in Odessa, dicht vor der Villa des Banquiers Selim und am Tage seiner Abreise?
»Ahmet!… Ahmet!…«
Noch einmal schallte sein Name herüber.
Keraban, Van Mitten, Bruno und Nizib hatten sich dem jungen Mann genähert, der mit nach dem Meere ausgebreiteten Armen, aber unbeweglich dastand, als sei er zu Stein geworden.
»Dein Name!… Das ist doch Dein Name? redete Keraban ihn an.
– Ja!… Ja!… sagte er… Mein Name!
Plötzlich erhellte ein über zwei Secunden andauernder Blitz – er zuckte von einer Seite des Horizontes zur anderen – die ganze Umgebung. Inmitten dieser feurigen Entladung erschien die Tartane so deutlich, als würde sie von dem elektrischen Effluvium auf eine dunkle Tafel gezeichnet. Ihr Großmast war von einem Blitzstrahl getroffen worden und loderte, angefacht vom Winde, gleich einer riesigen Fackel in die Höhe. – Auf dem Hintertheile der Tartane hielten sich zwei junge Mädchen fest umklammert, und von ihren Lippen tönte es noch einmal:
»Ahmet!… Ahmet!
– Sie!… Sie ist es! Amasia?… rief der junge Mann, schon auf die höchste Klippe springend.
– Ahmet!… Ahmet!« wiederholte nun auch Keraban.
Er stürzte auf seinen Neffen zu, nicht um ihn zurückzuhalten, sondern um ihm zu helfen, wenn er es bedurfte.
Alle saßen vor den
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