Keraban Der Starrkopf
nun sein, wer sie wollen, die Flucht ergriffen.
– Daran haben sie sehr wohlgethan, Meister Kidros! Die edle muthige Sarabul hätte zwei von Zweien und vier von Vieren umgebracht. In Folge des Geschehenen wird sie heute Abend bewaffnet bleiben, ebenso wie ich, und wehe dem, der es wagen sollte, sich ihrem Zimmer zu nähern.
– Sie sehen doch ein, Seigneur Yanar, sachte Meister Kidros ihm zuzureden, daß nichts mehr zu fürchten ist, und daß die Diebe – wenn es Diebe waren – es schwerlich wieder unternehmen würden…
– Wie? Wenn es Diebe waren? rief der Seigneur Yanar mit Donnerstimme. Und für was würden Sie dann wohl die Schurken halten?
– Vielleicht… ein paar Unverschämte… ein paar Narren! sagte zögernd Kidros, der die Ehrbarkeit seiner Herberge vertheidigen wollte. Ja… warum nicht… es hätte sich ja wohl Einer durch die Reize der edlen Sarabul haben verlocken lassen können…
– Bei Mohammed! wetterte der Seigneur Yanar, die Hand schon an die Waffen legend, der sollte sich schön umsehen! Die Ehre einer Kurdin ist kein Spiel! Man hätte gewagt, der Ehre einer Kurdin zu nahe zu treten?… O, da wär’s mit einer Verhaftung, mit einer Einkerkerung, mit dem Pfahl noch nicht genug! Die schrecklichste Todesstrafe wäre zu wenig, wenigstens, wenn der Freche nicht in der Lage und reich genug wäre, seinen Fehler wieder gut zu machen!
– Bitte, beruhigen Sie sich, Seigneur Yanar, sagte Meister Kidros, fassen Sie sich in Geduld! Die Untersuchung wird den oder die Urheber des Attentats an’s Licht bringen. Ich wiederhole Ihnen, der Richter ist schon bestellt. Ich war selbst in Trapezunt, und als ich ihm den Hergang geschildert, versicherte er mir, ein Mittel zu besitzen – ein untrügliches Mittel – die Uebelthäter zu entdecken, wer sie auch wären.
– Und welches Mittel wäre das? fragte der Seigneur Yanar in etwas ironischem Tone.
– Das weiß ich nicht, sagte Meister Kidros, der Richter versicherte mir aber, daß es ihn nie im Stiche gelassen habe.
– Nun, meinte der Seigneur Yanar, morgen werden wir’s ja sehen. Ich ziehe mich in mein Zimmer zurück, aber ich werde wachen, bewaffnet wachen!«
Mit diesen Worten begab sich die furchtbare Persönlichkeit nach dem, dem Zimmer seiner Schwester benachbarten Schlafraum; da blieb er noch einmal auf der Schwelle stehen und streckte drohend einen Arm nach dem Hofe der Karawanserai aus.
»Man scherzt nicht mit der Ehre einer Kurdin!« rief er mit schrecklicher Stimme.
Nachher verschwand er.
Meister Kidros seufzte erleichtert auf.
»Na, sprach er für sich, wir werden ja sehen, wie Alles abläuft! Wenn’s aber Diebe waren, ist’s wahrlich gescheidt von ihnen, daß sie das Weite suchten!«
Während dieser Zeit unterhielt sich Scarpante gedämpften Tones mit dem Seigneur Saffar und Yarhud.
»Ja, sagte er zu ihnen, dieser Zwischenfall gibt uns vielleicht ein Mittel an die Hand, einen Schlag auszuführen.
– Du wolltest?… fragte Saffar.
– Nichts Anderes als jenem Ahmet hier eine unangenehme Geschichte auf den Hals laden, die ihn mehrere Tage in Trapezunt zurückhalten und ihn vielleicht gar von seiner Verlobten trennen könnte.
– Gut, aber wenn der Anschlag mißlingt…
– Dann zur Gewalt,« antwortete Scarpante.
Eben jetzt bemerkte Meister Kidros Saffar, Scarpante und Yarhud, die er noch nicht gesehen hatte. Er ging auf sie zu und fragte verbindlich:
»Sie wünschen, meine Herren?…
– Wir erwarten Reisende, welche jeden Augenblick eintreffen müssen, um in der Karawanserai zu übernachten,« sagte Scarpante.
Da ließ sich draußen ein Geräusch hören, das Geräusch einer Karawane, deren Pferde und Maulesel vor der äußeren Thüre hielten.
»Da kommen sie wahrscheinlich?« sagte Meister Kidros.
Er ging weiter nach dem Hofe hinein, um die neuen Ankömmlinge zu bewillkommnen.
»Richtig, sagte er, im Thore stehend bleibend, es sind Reisende, welche zu Pferde kommen, ihrer Erscheinung nach zu urtheilen, reiche Herren!… Ich muß ihnen wohl entgegen gehen, meine Dienste anzubieten.«
Damit trat er durch das Thor.
Gleichzeitig mit ihm hatte sich auch Scarpante nach dem großen Eingang begeben und sah nach der Landstraße hinaus.
»Wären diese Reisenden Ahmet und seine Gefährten? fragte er, sich an den maltesischen Capitän wendend.
– Ja, sie sind es! antwortete Yarhud, der schnell zurückwich, um nicht erkannt zu werden.
– Sie? rief auch Seigneur Saffar, selbst vortretend, ohne jedoch den Hof der
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