Keraban Der Starrkopf
bereit, dem Richter thatkräftige Hilfe zu leisten. Man schaffe sie in’s Gefängniß! In’s Gefängniß alle Drei!
– Ja… alle Drei… wenigstens wenn sich nicht Einer von ihnen selbst anklagt! antwortete die edle Sarabul, welche nicht wollte, daß zwei Schuldlose etwa für einen Schuldigen litten.
– Das ist nicht mehr als billig, setzte der Richter hinzu. Nun, wer von Ihnen hat versucht, in jenes Zimmer einzudringen?«
Einen Augenblick standen die drei Angeklagten unentschlossen da, aber das währte nicht lange.
Der Seigneur Keraban hatte den Richter ersucht, sich kurze Zeit mit seinen Genossen besprechen zu dürfen, was ihm zugestanden wurde; da nahm er Ahmet und Van Mitten zur Seite und sagte in, jeden Widerspruch ausschließendem Tone:
»Meine Freunde, hierbleibt nur Eins zu thun übrig. Einer von uns muß die ganze Geschichte, die ja nicht besonders schlimm auslaufen kann, auf seine Schultern nehmen!«
Hier begann der Holländer, als beschliche ihn eine trübe Ahnung, die Ohren zu spitzen.
»Die Wahl kann übrigens, fuhr Keraban fort, gar nicht zweifelhaft sein. Die Anwesenheit Ahmets binnen kurzer Frist ist zur Abschließung seiner Vermählung in Scutari unbedingt nothwendig.
– Ja, lieber Onkel, ja freilich! bestätigte Ahmet.
– Die meinige natürlich gleichfalls, da ich als Vormund der Feierlichkeit beiwohnen muß.
– Wie? warf Van Mitten dazwischen.
– Es ist demnach, Freund Van Mitten, fuhr Keraban fort, meiner Ansicht nach, kein Einwurf möglich. Sie müssen sich opfern.
– Ich?… der…?
– Sie müssen sich selbst anklagen!… Was wagen Sie dabei?… Einige Tage Hast?… Kleinigkeit!… Daraus werden wir Sie schon zu befreien wissen.
– Aber… entgegnete Van Mitten, dem es vorkam, als ob man sehr willkürlich über seine Person verfügte.
– Lieber Herr Van Mitten, unterbrach ihn Ahmet, es muß sein!… Ich bitte Sie im Namen Amasias darum!… W ollen Sie ihre ganze Zukunft vernichtet sehen, wenn sie wegen verspäteten Eintreffens in Scutari…
– Bester Herr Van Mitten! bat das junge Mädchen, welche herzu gelaufen war und dieses Gespräch mit angehört hatte.
– Wie… Sie verlangten?… wiederholte Van Mitten.
– Hm! murmelte Bruno, recht wohl begreifend, was da vorging, noch eine neue Dummheit, zu der sie meinen Herrn bereden wollen.
– Herr Van Mitten!… flehte Ahmet diesen an.
– Wohlan… ein edler Entschluß!« drängte Keraban, ihm die Hand drückend, als wenn er sie zerbrechen wollte.
Unterdeß wurden die Rufe »In’s Gefängniß! In’s Gefängniß!« nur immer noch gebieterischer.
Der unglückliche Holländer wußte nicht, was er thun oder lassen sollte. Er sagte kopfnickend ja und dann wieder kopfschüttelnd nein.
Als aber die Leute der Karawanserai herantraten, um auf einen Wink des Richters die drei Schuldigen zu ergreifen, rief Van Mitten mit einer Stimme, aus der freilich nicht viel eigene Ueberzeugung sprach:
»Haltet ein! Haltet ein! Ich glaube doch, ich bin es gewesen, der…
– Schön! brummte Bruno, da haben wir die Bescheerung!
– Fehlgeschossen! sagte Scarpante für sich, ohne eine heftige Bewegung des Aergers unterdrücken zu können.
– Sie sind es gewesen? fragte der Richter den Holländer.
– Ich!… Ja… ich!
– Guter Herr Van Mitten! flüsterte das junge Mädchen dem wackeren Manne in’s Ohr.
– Ach, ja!« setzte Nedjeb hinzu.
Was that inzwischen die edle Sarabul? Nun, die intelligente Frau betrachtete, nicht ohne ein gewisses Interesse, den, der die Kühnheit gehabt hatte, sie überfallen zu wollen.
– Also Sie sind es, fragte der Seigneur Yanar, der es gewagt hat, in das Zimmer dieser edlen Kurdin einzudringen?
– Ja!… bestätigte Van Mitten zögernd.
– Sie haben indeß nicht das Aussehen eines Diebes?
– Ein Dieb!… Ich!… Ein Kaufmann! Ich… ein Holländer… aus Rotterdam! Ah, ich verbitte mir das! rief Van Mitten, der gegenüber einer solchen Beschuldigung einen Aufschrei natürlicher Entrüstung nicht zu unterdrücken vermochte.
– Aber dann… sagte Yanar.
– Dann, fiel ihm Sarabul in’s Wort, dann war es meine Ehre, der Sie zu nahe zu treten wagten.
– Der Ehre einer Kurdin! donnerte der Seigneur Yanar, der schon die Hand an den Yatagan legte.
– Wahrlich, er ist gar nicht so übel, dieser Holländer! sagte die edle Reisende, sich ein wenig zierend.
– Ha, all’ Ihr Blut wird nicht hinreichen, einen solchen Schimpf zu sühnen! fuhr Yanar fort.
– Bruder… lieber Bruder!
–
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