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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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also zur Gewalt!«
    Dann verschwand er, ohne weder vom Seigneur Keraban, noch von Jemand der Seinigen bemerkt worden zu sein.
    »Armer Herr Van Mitten! wiederholte Ahmet, als er die niedergeschlagene Miene des Holländers wahrnahm.
    – Sehr schön! rief Keraban, ‘s ist wahrlich zum Lachen! Bedeutungslose Verlobung! In zehn Tagen wird davon nicht mehr die Rede sein! Das hat nichts zu bedeuten.
    – Zugegeben, lieber Onkel; doch zehn Tage mit dieser befehlshaberischen Kurdin verlobt zu sein, hat indeß etwas zu bedeuten.«
    Fünf Minuten später war der Hof der Karawanserai von Rissar leer. Die Gäste hatten sich in ihre Zimmer zurückgezogen, um zu schlafen. Van Mitten freilich mußte sich gefallen lassen, von seinem schrecklichen Schwager bewacht zu werden, und endlich wurde es still auf diesem Schauplatz der Tragi-Komödie.

Neuntes Capitel.
In welchem Van Mitten durch Verlobung mit der Sarabul die Ehre widerfährt, der Schwager des Seigneur Yanar zu werden.
    Eine Stadt, welche aus dem Jahre der Welt 4790 datirt, ihre Gründung den Insassen einer milesischen Colonie verdankt, die von Mithridates erobert wurde, dann Pompejus in die Hände fiel, ferner unter der Herrschaft der Perser und der der Skythen stand, welche unter Constantin dem Großen christlich und darauf bis zum sechsten Jahrhundert wieder heidnisch wurde, welche Belisar befreite und Justinian bereicherte und verschönerte, die den Comnenen angehörte, von denen Napoleon I. abzustammen behauptete, dann gegen Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts Mohammed II. zufiel, zu einer Zeit, mit der das Kaiserthum von Trapezunt sein Ende erreichte, nachdem es zweihundertsechsundfünfzig Jahre lang bestanden, eine solche Stadt hat gewiß Anspruch, in der Geschichte der Welt eine hervorragende Stellung einzunehmen. Es ist also gar nicht zu verwundern, daß Van Mitten sich während des ersten Theiles der Reise sehr darauf freute, diese hochberühmte Stadt zu sehen, welche die Dichter von Ritterromanen so oft als Schauplatz der merkwürdigsten Abenteuer erwählt haben.
     

    Trapezunt, das Schloß am Meere. (S. 319.)
     
    Als er sich dieser freudigen Erwartung hingab, war Van Mitten freilich noch von keiner Sorge bedrückt. Er brauchte da ja nur seinem Freunde Keraban auf dessen Rundreise um den alten Pontus Euxinus zu folgen. Und jetzt war er verlobt – wenigstens vorläufig nur auf wenige Tage verlobt – aber verlobt mit jener edlen Kurdin, die ihn wie am Zügel hielt, deshalb aber gar nicht in der Laune, den geschichtlichen Werth Trapezunts nach Gebühr zu schätzen.
    Es war am 17. September gegen neun Uhr Morgens, und zwei Stunden nach dem Aufbruche aus der Karawanserai von Rissar, als der Seigneur Keraban und seine Begleiter, der Seigneur Yanar, seine Schwester und deren Diener ihren Einzug in die Hauptstadt des neuen Paschaliks hielten, die mitten in einer Hochalpenlandschaft mit Thälern, Bergen und launischen Wasserläufen liegt, in einer Gegend, welche sehr an gewisse Theile Europas erinnert, so daß man glauben könnte, die Schweiz oder Tirol wäre nach diesem Theile der Küste des Schwarzen Meeres versetzt worden.
    Die wichtige Hauptstadt Armeniens, Trapezunt, hundertfünfundzwanzig Kilometer von Erzerum gelegen, steht jetzt mittelst einer Straße, welche die türkische Regierung über Gumuh Kane, Baiburt und Erzerum geführt hat, in directer Verbindung mit Persien – was ihr vielleicht einen Theil ihrer alten Handelsbedeutung wieder verschafft.
    Die Stadt zerfällt in zwei amphitheatralisch auf einem Hügel erbaute Theile. Der eine die türkische Stadt, ist mit Mauern und Thürmen umschlossen, wurde ehemals durch ihre alte Seeveste vertheidigt und enthält nicht weniger als vierzig Moscheen, deren Minarets aus dichten Haufen von Orangen-, Oel-und anderen Bäumen – ein reizender Anblick – emporragen.
     

    Keraban und seine Begleiter hielten einen prächtigen Einzug. (S. 320.)
     
    Die andere, die christliche Stadt, entwickelt eine rege Handelsthätigkeit und bietet in ihrem umfänglichen Bazar eine reiche Auswahl von Teppichen, Stoffen, Schmuckgegenständen, Waffen, alten Münzen, kostbaren Steinen u. s. w. Im Hafen verkehren wöchentlich regelmäßig Dampfboote, welche Trapezunt in directe Verbindung mit den Hauptplätzen des Schwarzen Meeres setzen.
    In dieser Stadt bewegt sich oder vegetirt – je nach den verschiedenen Elementen, welche sie bildet – eine Bevölkerung von 40.000 Köpfen, darunter Türken, Perser, Christen von armenischem oder

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