Keraban Der Starrkopf
schroffer hinzu.
– Wollen wir uns nicht setzen? sagte Van Mitten, der schon die Beine unter sich schwanken fühlte.
– Was man im Sitzen aussprechen kann, kann man auch im Stehen sagen, erwiderte Sarabul. Wir sind ganz Ohr!«
Van Mitten nahm seinen ganzen Muth zusammen und begann mit folgender Phrase, deren Worte eigens für Leute, die sich in schwerer Verlegenheit befinden, zusammengesucht schienen:
»Schöne Sarabul, seien Sie überzeugt, daß… ich zunächst… und sehr gegen meinen Willen… lebhaft beklage…
– Sie beklagen?… unterbrach ihn die herrische Frau. Was beklagen Sie denn?… Etwa unsere Heirat?… Diese bildet Alles in Allem doch nur eine unumgängliche Wiederherstellung…
– Ja, ja, Wiederherstellung!… Wiederherstellung! wagte Van Mitten, wenn auch nur mit leiser Stimme einzufallen
– Und ich beklage das auch… setzte Sarabul energisch hinzu, ja, sicherlich!
– Ah, Sie beklagen es?…
– Nun, ich bedauere wenigstens, daß der Verwegene, der in der Karawanserai von Rissar in mein Zimmer eingedrungen, nicht der Seigneur Ahmet gewesen ist!«…
Die trostbedürftige Witwe mochte wohl die Wahrheit sprechen, und ihr Bedauern erscheint ja dann erklärlich.
»Nicht einmal der Seigneur Keraban! fuhr sie fort, wenigstens wäre das ein Mann gewesen, den ich lieber geheiratet hätte…
– Gut gesprochen, liebe Schwester, bemerkte der Seigneur Yanar.
– Lieber als…
– Noch besser, liebe Schwester, obgleich Du Deinen Gedanken nicht vollständig auszusprechen glaubst.
– Erlauben Sie… begann jetzt Van Mitten gegenüber einer Bemerkung, die ihn persönlich verletzen mußte.
– Wer hätte je glauben können, daß der Urheber dieser Unthat ein in Eis conservirter Holländer wäre!
– Nun, bitte, ist es genug; es empört mich! rief Van Mitten, den dieser Vergleich mit einer Conserve selbst erstarren machte Zunächst, Madame Sarabul, konnte von einem Attentate gar nicht die Rede sein.
– Wirklich nicht? warf Yanar dazwischen.
– Nein, versicherte Van Mitten, es handelt sich nur um einen Irrthum, oder vielmehr um eine falsche, wenn nicht gar hinterlistige Zurechtweisung, in Folge deren ich mich bezüglich des Zimmers täuschte.
– Was Sie sagen! bemerkte Sarabul.
– Ein einfaches Mißverständniß, das ich, um einer Gefängnißstrafe zu entgehen, durch eine übereilte Verheiratung büßen soll.
– Uebereilt oder nicht… entgegnete Sarabul, Sie sind nichts destoweniger verheiratet, und zwar mit mir. Glauben Sie sicher, mein Herr, was in Trapezunt angefangen wurde, wird in Kurdistan zu Ende geführt werden.
– Ja, reden wir gar von Kurdistan… antwortete Van Mitten, der allmählich in die Wolle kam.
– Und da ich wahrnehme, daß die Gesellschaft Ihrer Freunde Sie mir gegenüber keineswegs liebenswürdiger macht, werden wir Scutari noch heute verlassen und nach Mossul abreisen, wo ich Ihren Adern schon etwas kurdisches Blut einzuimpfen wissen werde.
– Ich erhebe Einspruch! rief Van Mitten.
– Noch ein Wort und wir reisen auf der Stelle!
– Sie mögen abreisen, Madame Sarabul, antwortete Van Mitten, dessen Stimme einen leichten, energischen Anflug annahm, Sie mögen abreisen, wann es Ihnen beliebt, und es wird Niemand einfallen, Sie zu halten. Ich aber, ich reife nicht mit!
– Sie wollen nicht mitreisen? rief Sarabul, außer sich über den Widerstand eines Lammes zwischen zwei Tigern.
– Nein!
– Und Sie haben die Anmaßung, sich uns zu widersetzen? fragte der Seigneur Yanar, indem er die Arme kreuzte.
– Ich habe diese Anmaßung!
– Mir gegenüber… und ihr, einer Kurdin!
– Wissen Sie wohl, mein Herr Holländer, sagte die edle Sarabul, auf ihren Verlobten zutretend, wissen Sie, welche Frau ich bin… und welche ich nicht bin?… So erfahren Sie, daß ich schon mit fünfzehn Jahren zum ersten Male Witwe war!
– Ja… schon mit fünfzehn Jahren!… wiederholte der Seigneur Yanar, und wenn man sich das frühzeitig angewöhnt hat…
– Zugegeben, Madame, erwiderte Van Mitten; aber wissen Sie auch, daß ich Ihnen keine Gelegenheit geben werde, das je wieder zu werden, trotz der Uebung, die Sie darin haben mögen?
– Das heißt?
– Das heißt, meine Witwe zu werden!
– Herr Van Mitten, rief Yanar, die Hand schon an den Yatagan legend, dazu genügt ein Stoß…
– Darin irren Sie, Seigneur Yanar, und auch Ihre Waffe würde aus Madame Sarabul noch lange keine Witwe machen… aus dem einfachen Grunde, weil ich noch niemals ihr Ehemann gewesen
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