Keraban Der Starrkopf
Teufel!« entfuhr es dem Holländer.
Er setzte sich damit in eine Ecke, um nachzudenken, wie sich die Sache am besten einfädeln ließe.
»Der brave Van Mitten, sagte da Keraban zu seinem Neffen, er wird mit seiner Kurdin eine hübsche Scene erleben!
– Wir dürfen aber nicht vergessen, erwiderte Ahmet, daß nur seine Ergebung gegen uns ihn sogar bestimmt hat, scheinbar auf diese Heirat einzugehen.
– Wir werden ihm natürlich auch zu Hilfe kommen, lieber Neffe! Bah! Er war ja schon verheiratet, als er, um einer Gefängnißstrafe zu entgehen, sich gezwungen zu dieser neuen Ehe verpflichtete, und für einen Abendländer ist das ein nicht zu beseitigendes Hinderniß. Es ist also nichts zu fürchten… wirklich nichts.
– Ich weiß es, lieber Onkel, doch wenn Madame Sarabul diesen Dolchstoß mitten in’s Herz bekommt, wird sie wohl wie ein verwundeter Panther auffahren…Und dazu der Schwager Yanar, der verspricht eine Pulverexplosion obendrein.
– Bei Mohammed, wir werden ihnen schon Vernunft beizubringen wissen! Uebrigens hat sich Van Mitten jenes sogenannten Verbrechens gar nicht schuldig gemacht, und jedenfalls ist er in der Karawanserai von Rissar der edlen Sarabul nicht im Geringsten zu nahe getreten.
– Gewiß nicht, lieber Onkel; es liegt ja auf der Hand, daß diese zärtliche Witwe nur einen Vorwand suchte, wieder zu einem Manne zu kommen.
– Ganz recht, Ahmet. Und da hat sie eben nicht gezögert, ihre Hand auf den guten Van Mitten zu legen.
– Eine Eisenhand, Onkel Keraban!
– Nein, eine von Stahl! erwiderte Keraban.
– Aber es scheint nun doch rathsam, lieber Onkel, diese falsche Heirat baldigst rückgängig zu machen.
– Es ist wohl auch rathsam, aus einer anderen Verlobung eine wirkliche Ehe zu machen, nicht wahr? entgegnete Keraban, indem er seine Hände gegen einander rieb, als wären sie mit Seife bestrichen.
– Ja… die meinige! sagte Ahmet.
– Die unsere! setzte das junge Mädchen, welche eben herankam, hinzu. Haben wir es nicht redlich verdient?
– Redlich und ehrlich verdient, sagte Selim.
– Ja wohl, meine kleine Amasia, stimmte Keraban ein, Ihr habt es zehnmal, hundertmal, tausendmal verdient! Ach, liebes Kind, wenn ich bedenke, daß Du in Folge meiner Starrköpfigkeit bald so vieles…
– Schon gut, fiel Ahmet ein, sprechen wir davon nicht mehr.
– Nein, niemals, Onkel Keraban, bat das junge Mädchen, indem sie ihm den Mund mit ihrem niedlichen Händchen schloß.
– Ich habe auch, fuhr Keraban fort, das Gelübde abgelegt – ja ein wirkliches Gelübde abgelegt – bei keiner Gelegenheit wieder meinen Kopf so trotzig aufzusetzen.
– Das muß ich erst sehen, um es zu glauben! rief Nedjeb, welche dabei hell auflachte.
– He?… Was hat sie, die kleine spöttische Nedjeb?
– O nichts, Seigneur Keraban.
– Ja wahrhaftig, nahm dieser wieder das Wort… ich will nie wieder so fest auf eignem Beschlusse beharren, außer bei dem, Euch beide stets recht lieb zu haben!
– Der Seigneur Keraban sollte darauf verzichten, der starrköpfigste aller Menschen zu sein! murmelte Bruno.
– Das geschieht einmal, wenn er keinen Kopf mehr hat, antwortete Nizib.
– Und auch dann bleibt er’s noch!« fügte der Diener Van Mitten’s hinzu.
Inzwischen hatte sich die edle Kurdin ihrem Verlobten genähert, der noch immer tief in Nachdenken versunken in seiner Ecke saß und, was ihm oblag, immer schwieriger fand, weil er den Streit allein ausfechten sollte.
»Was haben Sie denn, Seigneur Van Mitten? fragte sie ihn. Ich finde Sie sehr nachdenklich.
– Ja, wahrhaftig, Schwager, bestätigte der Seigneur Yanar. Was machen Sie denn da? Sie haben uns doch, mein’ ich, nicht nach Scutari mitgenommen, um hier nichts zu sehen? Zeigen Sie uns den Bosporus, wie wir Ihnen in einigen Tagen Kurdistan zeigen werden!«
Bei Erwähnung dieses gefürchteten Namens sprang der Holländer in die Höhe, als würde er vom Schlage einer elektrischen Säule emporgeschnellt.
»Nun, so kommen Sie doch, Seigneur Van Mitten, fuhr Sarabul fort, während sie ihn zum Aufstehen nöthigte.
– Ganz zu Ihrem Befehl… schöne Sarabul! Ich stehe vollständig zu Ihren Diensten,« antwortete Van Mitten.
Innerlich aber sagte er sich immer und immer wieder:
»Wie soll ich’s ihr beibringen?«…
Die junge Zigeunerin hatte eben eines der großen Fenster des Salons geöffnet, an dem reiche Gardinen zum Schutze gegen die Sonne angebracht waren, und rief erfreut:
»Sehen Sie doch,… sehen Sie doch!…
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