Keraban Der Starrkopf
der reichen Muselmanen, welche fürchten, daß die Hauptstadt, einer lang fortgeerbten Sage nach, einst erobert würde, wenn die Gläubigen beim Gebete sind – ferner, eine Lieue von hier, der Berg Bulgnotu, der das Ganze überragt und einen weiten Ausblick gewährt über das Marmarameer, den Golf von Nicomedien, den Canal von Constantinopel – nichts vermag eine Vorstellung zu geben von diesem, in der Welt geradezu einzigen Panorama, nach welchem sich die Fenster der Villa des reichen Kaufmannes öffneten.
Diesem Aeußeren, dem terrassenförmigen Garten mit schönen Bäumen, wie Platanen, Buchen und Cypressen, welche jenen beschatten, entsprach ganz das Innere der prächtigen Wohnstätte. Wahrlich, es wäre schade gewesen, sich derselben zu entäußern, um nicht täglich die wenigen Paras zu erlegen, mit welchen augenblicklich die Cajiks des Bosporus besteuert waren.
Es war jetzt gegen Mittag. Schon seit drei Stunden waren der Herr des Hauses und seine Gäste in der wundervollen Villa angelangt. Nachdem sie Alle etwas Toilette gewechselt, ruhten sie von den Anstrengungen und Aufregungen dieser Reise aus. Keraban nicht wenig stolz auf seinen Erfolg und über den Muzir und seinen ungerechten Zoll spottend; Ahmet und Amasia glücklich wie zwei Brautleute, deren Herzensbund bald für immer besiegelt werden soll; Nedjeb, die vor innerer Befriedigung gar nicht aus dem Lachen herauskam; Bruno sehr zufrieden, als er sich sagte, daß er schon wieder etwas Fett ansetze, aber beunruhigt wegen seines Herrn; Nizib immer gefaßt und ergeben, wenn sich auch sonst etwas ereignete; der Seigneur Yanar wilder als je wenn auch Niemand wußte, weshalb; die edle Sarabul ebenso herrisch, wie sie nur in der Hauptstadt von Kurdistan hätte auftreten können, und Van Mitten endlich ziemlich befangen, wegen der bevorstehenden Lösung seines Abenteuers.
Wenn Bruno eine gewisse Zunahme seines Embonpoints zu bemerken glaubte, hatte er wenigstens Ursache dazu. Er hatte bereits ein ebenso reichliches wie treffliches Frühstück verzehrt. Es war das zwar nicht das berühmte Abendessen, zu dem der Seigneur Keraban seinen Freund Van Mitten vor nun sechs Wochen eingeladen, doch wenn sich’s jetzt auch in ein Frühstück verwandelt hatte, so erwies es sich darum nicht minder vorzüglich. Eben hatten sich alle Reisegenossen in dem reizendsten Salon der Villa versammelt, dessen weite Fensteröffnungen ein entzückendes Bild des Bosporus übersehen ließen, und wünschten sich in lebhaftem Gespräche Glück zu der Ueberstehung so mannigfacher Gefahren der letzten Zeit.
»Mein lieber Van Mitten, sagte der Seigneur Keraban, der hier-und doxthin ging und Jedem einmal die Hand drückte, ich hatte Sie freilich zu einer eigentlichen Mahlzeit eingeladen, aber Sie dürfen mir nun schon nicht zürnen, wenn die augenblickliche Morgenstunde uns nöthigt…
– Ich habe mich nicht zu beklagen, Freund Keraban, antwortete der Holländer. Ihr Koch hat ja Alles ganz ausgezeichnet herzurichten verstanden.
– Ja, sehr gute Küche, wahrhaftig, ausgezeichnete Küche! ließ sich der Seigneur Yanar vernehmen, der, selbst für einen Kurden mit vortrefflichem Appetit, doch etwas zu viel gegessen hatte.
– In Kurdistan könnte man nichts Besseres bieten, setzte Sarabul hinzu, und wenn Sie, Seigneur Keraban, einmal nach Mossul kommen, um uns zu besuchen…
– Welche Frage! rief Keraban. Natürlich werd’ ich kommen, werde Sie besuchen, Sie und meinen Freund Van Mitten.
– Und wir werden uns bemühen, Sie Ihre eigene Villa nicht vermissen zu lassen… so wenig, wie Sie sich nach Holland zurücksehnen sollen, setzte die liebenswürdige Frau, sich an ihren Verlobten wendend, hinzu.
– Wenigstens nicht an Ihrer Seite, edle Sarabul!…« glaubte Van Mitten antworten zu müssen, obwohl er nicht dazu kam, seinen Satz zu vollenden.
Während sich die stolze Kurdin nach der anderen Seite des Salons begab, deren Fenster Aussicht nach dem Bosporus boten, sagte er zu Keraban:
»Ich meine, der Augenblick ist gekommen, ihr begreiflich zu machen, daß diese versprochene Heirat ohne Bedeutung ist.
– Ebenso bedeutungslos, Van Mitten, als wenn die Verlobung gar nicht stattgefunden hätte.
– Sie werden mich wohl ein wenig unterstützen, Keraban, bei dieser heiklen Geschichte, welche nicht so glatt ablaufen dürfte.
– Hm!… Freund Van Mitten, antwortete Keraban, das sind vertrauliche Angelegenheiten… welche am besten unter vier Augen abgemacht werden.
– Zum
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