Keraban Der Starrkopf
da ist mein Kajiktschi, der mir meldet, daß sein Kajik für mich bereit steht; und da ich einen Freund, den Herrn Van Mitten, dessen Diener und den meinigen mitnehme…
– So macht das vierzig Paras, erklärte der Beamte. Ich wiederhole, daß Sie ja die Mittel haben, bezahlen zu können…
– Daß ich Mittel genug besitze, vierzig Paras zu zahlen, unterbrach ihn Keraban, auch hundert und tausend und hunderttausend oder fünfhunderttausend, wäre schon möglich, aber ich zahle nichts und werde schon hinübergelangen.
– Ich bedauere, dem Seigneur Keraban widersprechen zu müssen, erwiderte der Polizeihauptmann, aber er wird, ohne zu zahlen, nicht über das Wasser kommen.
– Er wird hinüberkommen, ohne Zweifel!
– Nein!
– Doch!
– Freund Keraban… sagte Van Mitten in der löblichsten Absicht, dem störrischsten aller Menschen Vernunft beizubringen.
– Lassen Sie mich zufrieden, Van Mitten, antwortete Keraban grimmigen Tones. Die Auflage ist ungerecht, eine Schmach! Man darf sich derselben nicht unterwerfen! Niemals, nein, niemals hätte die Regierung der Alttürken gewagt, die Kajiks des Bosporus mit einer Steuer zu belasten.
– Zugegeben; die Regierung der Jungtürken, welche Geld braucht, hat nicht gezögert, es zu thun, antwortete ruhig der Beamte.
– Wir werden ja sehen! rief Keraban.
– Gardisten, wandte der Beamte sich an die ihn begleitenden Soldaten, Ihr werdet über die Befolgung der neuen Verordnung wachen.
– Kommen Sie, Van Mitten, lautete Keraban’s Antwort, mit dem Fuße auf dem Boden stoßend, kommen Sie, Bruno, und Du, Nizib, folge uns nach.
– Das wären vierzig Paras… sagte der Polizeihauptmann noch einmal.
– Vierzig Stockschläge!« versetzte Seigneur Keraban, dessen Wuth jetzt zum Höchsten gestiegen war.
In dem Augenblicke aber, als er sich nach der Treppe von Tope-Hane begab, umringten ihn die Soldaten und er mußte wohl oder übel umkehren.
»Laßt mich! rief er sich vertheidigend. Daß mich Keiner anrührt, nicht mit einer Fingerspitze! Ich komme hinüber, beim Barte des Propheten! Ich komme hinüber, ohne daß ein Para aus meiner Tasche kommt!
– Ja, wegkommen werden Sie schon, aber nur durch die Thür des Gefängnisses, antwortete der Polizeihauptmann, der auch allmählich warm wurde, und werden eine hübsche Strafe erlegen, um wieder herauszukommen!
– Ich werde nach Scutari gelangen.
– Ueber den Bosporus niemals, und da es nicht möglich ist, auf anderem Wege dahin zu gelangen…
– Das glauben Sie? antwortete Seigneur Keraban, die Hand ballend und im Gesichte hochroth, als wenn ihn ein Schlaganfall bedrohte. Das glauben Sie?… Nun wohl, ich werde nach Scutari kommen, ohne über den Bosporus zu gehen, und werde nicht bezahlen…
– Das möcht’ ich sehen!
– Und müßt’ ich… ja… und müßt’ ich rings um das Schwarze Meer fahren!
– Siebenhundert Lieues, um zehn Paras zu sparen! rief der Polizeihauptmann, mit den Achseln zuckend.
– Siebenhundert Lieues, tausend, zehntausend, hunderttausend Lieues, antwortete Keraban, und wenn sich’s nur um fünf, um zwei, nur um einen einzigen Para handelte!
– Aber, lieber Freund… sagte Van Mitten zuredend.
– Noch einmal, lassen Sie mich in Ruhe! entgegnete Keraban, seine Einmischung abweisend – Schön, da hat er seinen Zehnten! sagte Bruno leise.
– Und ich werde die Türkei hinausgehen, werde den Chersones durchziehen, über Kaukasien reisen und durch Anatolien fahren, und damit nach Scutari gelangen, ohne einen Para Eurer ungerechten Steuer entrichtet zu haben!
– Wir werden ja sehen, versetzte der Beamte.
– Ist schon so gut wie gesehen! erwiderte Keraban, der jetzt wüthend wurde, und noch heute Abend werde ich abreisen.
– Teufel, flüsterte Capitän Yarhud dem Scarpante zu, der so wie er kein Wort dieser unerwarteten Unterhaltung verloren hatte, das könnte uns einen Strich durch die Rechnung machen.
– Freilich, stimmte Scarpante ein. Wenn dieser Trotzkopf auf seinem Vorhaben beharrt, kommt er über Odessa und könnte da im Vorübergehen die Trauung vornehmen lassen….
– Aber… begann noch einmal Van Mitten, der seinen Freund Keraban von einer solchen Thorheit abhalten wollte.
– Lassen Sie mich, sag’ ich Ihnen!
– Und die Hochzeit Ihres Neffen Ahmet?
– Wird gefeiert, wann sich’s eben macht!«
Scarpante nahm Yarhud bei Seite.
»Wir haben keine Stunde zu verlieren, erklärte er.
– In der That, antwortete der maltesische Capitän, und ich denke
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