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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Zeit genug dazu. Geschäftlich ist er nicht in Anspruch genommen. Nun, Sie müssen so etwas ja begreifen, Freund Van Mitten, Sie haben ja einmal die schöne Frau…
    – Ja, ja, Freund Keraban, unterbrach ihn der Holländer. Das ist aber schon lange her… so lange, daß es kaum der Mühe lohnt, mich daran zu erinnern.
    – Gleichgiltig, Freund Van Mitten; wenn es nun in der Türkei unziemlich ist, einen Türken nach den Frauen seines Harems zu fragen, so ist das doch uns gegenüber einem Fremden nicht verboten… Frau Van Mitten befindet sich hoffentlich…
    – O ganz gut, ganz gut!… versicherte Van Mitten, den die Höflichkeiten seines Freundes etwas in üblere Laune zu versetzen schienen. Ja… recht gut… das heißt, sie ist meist etwas leidend!… Sie kennen ja die Weiber…
    – Die Weiber! Nein, wahrhaftig nicht, rief Seigneur Keraban auflachend. Die Weiber nicht – die Geschäfte so viel Sie wollen. Den Tabak von Macedonien für die Cigarettenraucher, den Tabak von Persien für die Liebhaber von Narghiles, und meine Geschäftsfreunde in Salonichi, Erzerum, Lataklah, Badra, Trapezunt – meinen Freund Van Mitten in Rotterdam nicht zu vergessen! Schon seit dreißig Jahren hab’ ich meine Tabakcollis nach allen vier Enden Europas versendet.
    – Und Tabak geraucht! fügte Van Mitten hinzu.
    – Ja, geraucht wie ein Fabriksschornstein. Ich frage Sie auch, giebt’s denn etwas Schöneres in der Welt?
    – Nein, gewiß nicht, Freund Keraban.
    – Ich rauche schon vierzig Jahre lang, Freund Van Mitten, treu meinem Tschibuk, ergeben meinem Narghile! Das ist mein ganzer Harem, und es giebt überhaupt keine Frau, die eine Pfeife Tombeki werth wäre.
    – Darin bin ich ganz Ihrer Meinung, bestätigte der Holländer.
    – Uebrigens, fuhr Keraban fort, da ich Sie nun einmal habe, werd’ ich Sie auch nicht loslassen. Mein Kajik muß sofort eintreffen, mich über den Bosporus zu bringen. Ich speise in meiner Villa in Scutari und nehme Sie natürlich mit…
    – Das heißt…
    – Ich nehme Sie mit, sage ich Ihnen! Wollen Sie gar noch Umstände machen, jetzt… mit mir?
    – Nein, nein, Freund Keraban, ich nehme an, antwortete Van Mitten, ich gehöre Ihnen mit Leib und Seele.
    – Sie werden selbst sehen, sagte Keraban, werden sehen, welch’ reizende Wohnung ich mir unter den dunklen Cypressen auf halber Höhe des Hügels von Scutari eingerichtet habe, von der aus man die Aussicht über den Bosporus und über das ganze Panorama von Constantinopel genießt. Ah, die wahre Türkei liegt doch nur am Ufer da drüben! Hier ist noch Europa, dort ist Asien, und unsere Fortschrittler im schwarzen Rock werden nicht wagen, ihren Ideen da Eingang verschaffen zu wollen. Sie würden ertrinken, wenn sie über den Bosporus wollten. – Wir speisen also zusammen!
    – Sie machen eben mit mir, was Sie wollen.
    – Und Sie müssen sich’s gefallen lassen! antwortete Keraban. Dann drehte er sich einmal um.
    – Wo steckt denn Nizib?… He, Nizib! Nizib!…«
    Nizib, der mit Bruno ein Stückchen weiter gegangen war, hörte die Stimme seines Herrn, und Beide kamen schnellen Schrittes heran.
    »Nun, fragte Keraban, dieser Kajiktschi scheint mit seinem Kajik noch nicht zu kommen.
    – Nicht zu kommen, wiederholte Nizib.
    – Ich werde ihm die Bastonnade geben lassen, wahrhaftig! rief Keraban. Ja, hundert Stockhiebe.
    – O, machte Van Mitten.
    – Fünfhundert!
    – Oh! ließ Bruno sich vernehmen.
    – Tausend, wenn mir noch Jemand widerspricht!
    – Seigneur Keraban, meldete sich da Nizib, ich sehe Ihren Kajiktschi. Er verläßt eben die Serailspitze und muß binnen zehn Minuten an der Treppe von Top-Hane anlegen.«
    Und während Seigneur Keraban am Arme Van Mitten’s vor Ungeduld mit dem Fuße stampfte, ließen ihn Yarhud und Scarpante keinen Moment aus den Augen.
Viertes Capitel.
In welchem Seigneur Keraban, noch starrköpfiger als sonst, sogar den Beamten der Hohen Pforte entgegentritt.
    Inzwischen war der Kajiktschi angelangt und hatte dem Seigneur Keraban gemeldet, daß sein Kajik ihn unten an der Treppe erwarte.
    Dieser Kajiktschis giebt es auf den Gewässern des Bosporus und des Goldenen Horns Tausende. Ihre Boote laufen am Vorder-wie am Hintertheile gleichmäßig spitz aus, um in beiden Richtungen bequem fahren zu können, und haben etwa die Form fünfzehn bis zwanzig Fuß langer Schlittschuhe, welche aus einigen mit Bildhauerarbeit und im Innern mit Malereien geschmückten Planken von Buchen-und Cypressenholz gezimmert werden.

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