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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nicht bewundert haben.
    – Glaubst Du? murmelte Amasia, während sie ein Halsgeschmeide und ein paar Armspangen ergriff, welche unter ihren seinen Fingern glitzerten.
    – Mit diesem Schmucke hofft Seigneur Ahmet Sie noch schöner zu machen, doch das wird ihm nicht gelingen.
    – Was sagst Du, Nedjeb? entgegnete Amasia. Welche Frau würde nicht gewinnen, wenn sie sich mit so prächtigen Juwelen schmückte? Sieh’ diese Diamanten von Visabur! Es sind reine Feuerquellen, und sie scheinen mich anzublicken, wie die Augen meines Verlobten!
    – O, meine theure Herrin, wenn die Ihrigen ihn wieder ansehen, machen Sie ihm da nicht ein Geschenk, welches das seinige aufwiegt?
    – Thörin! wiederholte Amasia. Und dieser Saphir von Ormuz und diese Perlen von Ophir und Türkisen von Macedonien…
    – Türkis für Türkis, antwortete Nedjeb mit schlauem Lächeln, er verliert doch nicht etwa dabei, der Seigneur Ahmet?
    – Glücklicherweise ist er nicht da, um Dich zu hören, Nedjeb!
    – Schön, wenn er aber da wäre, theuerste Herrin, so würde er selbst Ihnen alle diese Wahrheiten sagen, und von seinem Munde möchten sie freilich eine höheren Werth haben, als von dem meinigen.«
    Darauf entnahm Nedjeb dem Kästchen ein paar Pantoffeln und sagte:
    »Und diese reizenden Babuschen, über und über besetzt und bestickt und mit Quasten von Schwan, gearbeitet für zwei kleine Füßchen, die ich kenne! – Bitte, lassen Sie mich sie Ihnen anziehen!
    – Probire sie doch selbst, Nedjeb.
    – Ich?
    – Es wäre doch nicht das erste Mal, daß Du, um mir ein Vergnügen zu machen…
    – Gewiß, gewiß! meinte Nedjeb. Ja, ich habe ja schon Ihre schönen Kleider anprobirt… und als ich dann auf der Terrasse der Villa erschien… wäre ich bald für Sie gehalten geworden, liebste Herrin! Doch nein, das darf nicht sein, und heute noch weniger als je. – Bitte, probiren Sie die Pantöffelchen an!
    – Du willst es?«
    Amasia gab freundlich der Laune Nedjebs nach, die ihr die Pantoffeln anzog, welche werth gewesen wären, hinter einem Schaufenster mit kostbaren Schmucksachen ausgestellt zu werden.
    »O, wie kann man nur wagen, mit solchem Schuhwerk zu gehen! rief die junge Zigeunerin. Und wer wird nun eifersüchtig werden? Ihr Kopf, theure Herrin, eifersüchtig auf Ihre Füßchen!
    – Du machst mich lachen, Nedjeb, antwortete Amasia, und doch…
    – Und diese Arme, diese schönen Arme, welche Sie so ganz bloß tragen! Was haben sie Ihnen denn gethan? Seigneur Ahmet hat sie ja nicht vergessen, er nicht. Ich sehe da Armspangen, die Ihnen vortrefflich stehen müssen. Arme kleine Arme, wie ihr vernachlässigt werdet! Zum Glück bin ich wenigstens da!«
    Und lächelnd schob Nedjeb dem jungen Mädchen zwei prächtige Armspangen über die Handgelenke, welche auf der weißen warmen Haut lebhafter glänzten, als auf dem Sammet des Schmuckkastens.
    Amasia ließ sie gewähren. Alle diese Gegenstände sprachen ihr von Ahmet, und während ihre Augen unter dem Geplauder Nedjebs hier und dort hin irrten, antwortete sie ihm ohne Worte.
    »Meine geliebte Amasia!«
    Beim Klange dieser Stimme erhob sich plötzlich das junge Mädchen.
    Ein junger Mann, dessen zweiundzwanzig Jahre gut zu den sechzehn Jahren seiner Verlobten paßten, stand neben ihr. Er war von etwas über mittelgroßem Wuchse, zeigte eine elegante, gleichzeitig stolze graziöse Haltung, hatte schwarze, doch sehr sanfte Augen, welche nur die Leidenschaft mit Blitzen erfüllen konnte, braunes Haar, dessen Locken unter dem seidenen »Puckul« hervorquollen, der von seinem Fez herabhing, dazu trug er einen seinen Schnurrbart nach albanischer Mode, hatte weiße Zähne – und endlich überhaupt ein aristokratisches Aussehen, wenn dieses Eigenschaftswort in einem Lande gebraucht werden könnte, in dem, da der Name nicht übersetzbar ist, auch eine eigentliche Aristokratie nicht existirt.
    Ahmet ging gewissenhaft in türkischer Tracht gekleidet, und konnte das wohl anders sein bei dem Neffen eines Onkels, der sich entehrt gefühlt hätte, wenn er sich gleich einem gewöhnlichen Beamten europäisirte? Seine goldgestickte Weste, sein »Chalwar« von untadelhaftem Schnitt, der keine Stickerei von schlechtem Geschmacke trug, seine in graziöse Falten gewundene Schärpe, das von einem »Saryk« aus Brussabaumwolle umhüllte Fez und endlich die Maroquinstiefeln bildeten ein Costüm, das ihm vortrefflich stand.
    Ahmet war auf das junge Mädchen zugegangen, hatte diese an den Händen gefaßt und sanft zum

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