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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Niedersitzen genöthigt, während Nedjeb rief:
    »Nun, Seigneur Ahmet, erhalten wir heute einen Brief aus Constantinopel?
    – Nein, erwiderte Ahmet, nicht einmal einen Geschäftsbrief von meinem Onkel Keraban.
    – O, der entsetzliche Mann! rief die junge Zigeunerin.
    – Ich finde es auch unerklärlich, fuhr Ahmet fort, daß der Courier nicht einmal eine Correspondenz aus seinem Comptoir gebracht hat. Es war heute der von ihm nie versäumte gewöhnliche Tag, an dem er die Geschäfte mit seinem Banquier in Odessa zu ordnen pflegte, und Dein Vater hat auch nichts erhalten.
    – Wirklich, lieber Ahmet, von Seite eines so ordnungsliebenden Kaufmanns, wie Dein Onkel Keraban, ist das zu verwundern. Vielleicht eine Depesche?…
    – Er eine Depesche senden? – Du weißt doch, beste Amasia, daß er ebensowenig durch den Telegraphen correspondirt, wie er nicht mit der Eisenbahn reist. Moderne Erfindungen selbst für geschäftliche Beziehungen zu benützen! Er würde, glaube ich, lieber in einem Briefe eine schlechte Nachricht, als eine gute in einer Depesche empfangen. Ah, der Onkel Keraban!…
    – Du hattest ihm aber doch geschrieben, lieber Ahmet? fragte das junge Mädchen, deren Augen liebevoll zu ihrem Verlobten aufblickten.
    – Ich hab’ ihm zehnmal geschrieben, um sein Eintreffen in Odessa zu beschleunigen, ihn zu bitten, einen näheren Termin für die Feier unserer
     

    »Theure Herrin,« sagte Nedjeb. (S. 91.)
     
    Hochzeit festzusetzen. Ich sagte ihm wiederholt, daß er ein barbarischer Onkel sei….
    – Ah, sehr schön! rief Nedjeb.
    – Ein Onkel ohne Herz, wenn er auch sonst der beste Mensch wäre!
    – Oho! unterbrach ihn Nedjeb, den Kopf schüttelnd.
    – Ja, ein herzloser Onkel, obwohl er seinem Neffen fast mehr als ein Vater war!… Aber er hat mir nur geantwortet, daß man von ihm, wenn er nur binnen sechs Wochen eintreffe, nichts weiter verlangen könne.
     

    Ahmet ging gewissenhaft in türkischer Tracht gekleidet (S. 95.)
     
    – Wir werden also warten müssen, bis es ihm beliebt, zu kommen, Ahmet.
    – Warten, Amasia, warten!… entgegnete Ahmet. Das sind eben so viele Tage des Glücks, die er uns stiehlt!
    – Und Diebe werden verhaftet, ja, Diebe, die doch niemals etwas Schlimmeres verbrochen haben! rief Nedjeb, mit dem Fuße stampfend.
    – Was meinst Du? sagte Ahmet. Ich werde noch einmal versuchen meinen Onkel Keraban zu erweichen. Wenn er bis morgen nicht geantwortet hat, reife ich selbst nach Constantinopel, und…
    – Nein, liebster Ahmet, antwortete Amasia, die Hand des jungen Mannes ergreifend, als wollte sie ihn zurückhalten. Ich würde durch Deine Abwesenheit mehr leiden, als mir die für unsere Vermählung gewonnenen wenigen Tage Freude machen könnten. Nein, bleib’ hier! Wer weiß, ob nicht irgend ein Umstand Deinen Onkel zu anderen Entschlüssen bestimmt.
    – Er von seinen Entschlüssen abgehen? erwiderte Ahmet. Da könnte man wohl ebensogut versuchen, den Lauf der Gestirne zu verändern, den Mond an Stelle der Sonne zu setzen und die Gesetze des Himmels umzustoßen.
    – Ach, wenn ich seine Nichte wäre! rief Nedjeb.
    – Und wenn Du es wärest, was würdest Du thun? fragte Ahmet.
    – Ich!… Ich würde ihn am Kaftan packen, erklärte die junge Zigeunerin, daß…
    – Daß ihm der Kaftan zerrisse, Nedjeb, weiter nichts.
    – Nun, dann zög’ ich ihn mit aller Gewalt am Barte…
    – Damit sein Bart Dir in der Hand bliebe!
    – Und trotzdem ist Seigneur Keraban doch der beste aller Menschen!
    – Ohne Zweifel, ohne Zweifel, stimmte Ahmet zu, aber so starrköpfig, daß, wenn er mit einem Maulthiere um den Preis des Starrsinns stritte, ich nicht auf das Maulthier wetten möchte!«
Neuntes Capitel.
Worin dem Gelingen des Planes des Cäpitan Yarhud nur sehr wenig fehlte.
    In diesem Augenblicke erschien ein Diener des Hauses – derjenige, welcher nach türkischer Sitte nur die Bestimmung hat, die Besucher anzumelden – in einer der Seitenthüren der Gallerie.
    »Seigneur Ahmet, sagte er, es ist ein Fremder da, der Sie zu sprechen wünscht.
    – Wer ist es? fragte Ahmet.
    – Ein maltesischer Capitän. Er besteht darauf, daß Sie ihn doch ja empfangen möchten.
    – Meinetwegen. Ich komme… antwortete Ahmet.
    – Lieber Ahmet, sagte da Amasia, empfange doch den Capitän, wenn er Dir nichts Besonderes mitzutheilen hat, gleich hier.
    – Vielleicht ist es der, welcher die reizende Tartane da unten führt? bemerkte Nedjeb, nach dem kleinen Schiffe zeigend, das unmittelbar vor dem

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