Keraban Der Starrkopf
so glücklich, wenn Sie erst die Gattin des Seigneur Ahmet sind, daß auch auf mich ein wenig von Ihrem Glücke zurückstrahlen wird.
– Mein liebster Ahmet, murmelte das junge Mädchen, deren schöne Augen sich einen Moment verschleierten, als sie lebhafter an den Verlobten dachte.
– Da haben wir’s! Sie müssen gar die Augen schließen, um ihn zu sehen, meine theure Herrin! rief Nedjeb boshaft, während es, wenn er hier wäre, genügte, sie zu öffnen.
– Ich wiederhole Dir, Nedjeb, daß er ausgegangen, um sich im Bankhause nach einem Courier zu erkundigen, und daß er uns ohne Zweifel einen Brief von seinem Onkel mitbringt.
– Ja!… Einen Brief des Seigneur Keraban, worin Seigneur Keraban wiederholen wird, daß ihn, ganz wie wir’s wissen, seine Geschäfte in Constantinopel zurückhalten, daß er sein Comptoir noch nicht verlassen kann, daß der Tabak im Preise steigt, wenn er nicht etwa gar sinkt, daß er jedenfalls binnen acht Tagen eintrifft, wenn nicht vierzehn daraus werden!… Und die Sache hat doch Eile! Wir haben nur noch sechs Wochen übrig, und Sie müssen da verheiratet sein, wenn nicht Ihr ganzes Vermögen…
– Um meines Vermögens willen liebt mich Ahmet nicht.
– Zugegeben… doch darf dasselbe nicht durch Verzögerung auf’s Spiel gesetzt werden. O, dieser Seigneur Keraban… wenn der mein Onkel wäre!
– Und was thätest Du, wenn er Dein Onkel wäre?
– Ja, ich würde wohl auch nichts thun, da es scheint, als ob hier überhaupt nichts zu thun sei… Und doch, wenn er hier wäre, wenn er heute ankäme… morgen spätestens würden wir den Ehecontract beim Richter abschließen, und übermorgen, wenn der Iman das erste Gebet gesprochen, wären wir verheiratet und gut verheiratet, dann gäb’s auf der Villa Festlichkeiten vierzehn Tage lang, und endlich reiste Seigneur Keraban wieder ab, wenn es ihm Vergnügen machte, dahinunter zurückzukehren!«
Gewiß hätte Alles so geschehen können unter der Bedingung, daß der Onkel Keraban nicht mehr zögerte, Constantinopel zu verlassen. Die Registrirung des Contracts durch den »Mollah«, der gewissermaßen den Standesbeamten darstellt – ein Contract übrigens, durch welchen sich der zukünftige Gatte verpflichtet, seiner Frau Mobiliar, Kleidung und Küchenausstattung zu beschaffen – dann die religiöse Feierlichkeit, alle diese Formalitäten hätten in der kurzen Zeit, welche Nedjeb angab, erfüllt sein können. Freilich gehörte dazu noch, daß der Seigneur Keraban, dessen Anwesenheit zur rechtlichen Giltigkeit der Ehe unentbehrlich war, da er als Vormund des Verlobten seine Zustimmung geben mußte, sich die wenigen Tage, welche die ungeduldige Zigeunerin verlangte, von seinem Geschäfte abmüßigte.
In diesem Augenblick rief die junge Begleiterin:
»Ah, sehen Sie da, sehen Sie dort doch das hübsche Schiff, welches unten nahe dem Garten vor Anker gegangen ist!
– Wahrhaftig!« antwortete Amasia.
Und die beiden jungen Mädchen wandten sich zu der nach dem Meere hinabführenden Treppe, um das leichte, graziös schwankende Fahrzeug betrachten zu können.
Es war eine Tartane, deren Segelwerk jetzt lose herabhing. Eine leichte Brise hatte es ihr ermöglicht, die Bai von Odessa zu durchsegeln. Jetzt hielt die Ankerkette dieselbe kaum ein Kabel lang vom Ufer fest, und sie schaukelte auf den auslaufenden Wellen, welche am Fuße der Wohnung erstarben. Die türkische Flagge – ein rother Stander mit silbernem Halbmond – wehte am Ende ihrer Raa.
»Kannst Du den Namen lesen? fragte Amasia ihre Nedjeb.
– Ja, erwiderte das junge Mädchen. Sehen Sie, er steht am Hintertheile, der Name lautet »Guidare«.
Wirklich hatte sich eben die »Guidare«, Capitän Yarhud, auf diesem Theile der Bai festgelegt, es schien aber nicht, als sollte sie hier lange verweilen, denn ihre Segel wurden gar nicht gerefft, und ein Seemann würde erklärt haben, daß sie immer bereit war, in See zu gehen.
»O, sagte Nedjeb, das müßte herrlich sein, auf dieser hübschen Tartane dahinzufahren auf ruhigem Meere bei schwachem Winde, der sie unter ihren weißen Segeln schaukeln machte.«
In Folge ihrer geistigen Beweglichkeit bemerkte die junge Zigeunerin ein Kästchen, das auf einem kleinen lackirten Tischchen nahe dem Divan stand, öffnete es und nahm einige Kostbarkeiten aus demselben heraus.
»Und diese schönen Sachen, welche Seigneur Ahmet für Sie hat herbringen lassen! rief sie. Mir scheint, es ist schon eine gute Stunde her, daß wir sie gar
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