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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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hätte; da Sie jedoch von ihr sprechen, und weil es die Gelegenheit einmal mit sich bringt, will ich Ihnen ein Geständniß ablegen.
    – Ein Geständniß?
    – Ja, Freund Keraban! Frau Van Mitten und ich, wir leben jetzt von einander getrennt.
    – Getrennt? rief Keraban; mit beiderseitiger Zustimmung?
    – Mit beiderseitiger Zustimmung.
    – Und für immer?
    – Für immer!
    – Erzählen Sie mir den Hergang, wenn Sie dabei nicht Ihre Erregung…
    – Erregung? unterbrach ihn der Holländer. Warum glauben Sie, daß ich deshalb eine besondere Erregung empfinden sollte?
    – Nun, so sprechen Sie, sprechen Sie, Van Mitten! drängte Keraban. In meiner Eigenschaft als Türke liebe ich die Geschichten überhaupt, und in meiner Eigenschaft als alter Junggeselle interessiren mich vor Allem eheliche Erlebnisse.
    – So hören Sie, Freund Keraban, begann der Holländer, als ob er die Abenteuer eines Andern zu schildern dächte. Das Leben zwischen Frau Van Mitten und mir war allgemach unerträglich geworden. Wir hatten unaufhörliche Streitigkeiten über All’ und Jedes, über die Stunde, wo aufgestanden, und über die Stunde, wo zu Bett gegangen werden sollte, ebenso über die Zeit des Mittagessens, über das, was wir essen, und über das, was wir nicht essen würden, über das, was getrunken, und über das, was nicht getrunken werden sollte, über das Wetter, welches eben herrschte, wie über das, welches zu erwarten war, ebenso wie über das, welches gewesen wäre; über die Möbel, welche hier-oder dorthin zu stellen seien; über das Feuer, welches sie eher in dem einen als in dem anderen Zimmer angezündet wissen wollte; über das Fenster, welches sie gerade geöffnet, wie über die Thür, welche sie geschlossen wünschte; über die Pflanzen, welche im Garten gezogen, und über diejenigen, welche daraus entfernt werden sollten, endlich…
    – Das wäre ja eine hübsche Litanei, meinte Keraban.
    – Ja, und das wurde von Tag zu Tag schlimmer, obwohl ich gewiß von sanftem Charakter bin und gern von Anderen Lehren annehme. So gab ich auch meist nach, nur um nicht über jede Kleinigkeit einen Streit zu haben.
    – Das war jedenfalls, das Klügste, bemerkte Ahmet.
    – Nein, das war das Verkehrteste, behauptete Keraban, schon bereit, über diesen Gegenstand selbst einen Streit anzufangen.
    – Ich weiß es selbst nicht, fuhr Van Mitten fort; doch, wie dem auch sei, bei unserem letzten Streite beschloß ich, ihr zu widersprechen… ich that es auch, ja, ganz wie ein leibhaftiger Keraban.
    – Beim Barte des Propheten, das war nicht möglich! rief Ahmets Onkel, der sich wohl besser kannte.
    – Mehr als ein Keraban! setzte Van Mitten hinzu.
    – Mohammed beschirme mich! erwiderte Keraban. Aber zu behaupten, daß Sie noch starrköpfiger wären, als ich…
    – Das ist einfach unglaublich! entfuhr es Ahmet mit einem so überzeugten Tone, daß es seinem Onkel ordentlich zu Herzen ging.
    – Sie werden’s ja sehen, wehrte sich Van Mitten ruhig, und…
    – Wir werden eben nichts sehen! polterte Keraban heraus.
    – Wollen Sie mich gefälligst ausreden lassen. Der Streit, welcher sich damals zwischen Frau Van Mitten und mir entspann, betraf nämlich Tulpen, jene schönen, von den Liebhabern besonders geschätzten Tulpen, die »Genners«, welche einen schnurgeraden Blumenstengel emportreiben und von denen man über hundert Varietäten kennt. Ich besaß kein Exemplar, dessen Zwiebel mir weniger als tausend Gulden gekostet hätte.
    – Achttausend Piaster, sagte Keraban, der sich jede Geldsumme gern in türkische Münze übertrug.
    – Jawohl, etwa achttausend Piaster! antwortete der Holländer. Nun, so fiel es denn eines Tages der Frau Van Mitten ein, eine »Valentia« ausreißen zu lassen, um eine »
Oeil de Soleil
« an deren Stelle zu setzen. Das ging mir über alle erlaubten Grenzen. Ich widersetze mich… sie besteht auf ihrem Kopfe… ich will sie ergreifen… sie entwischt mir;… sie stürzt sich auf eine »Valentia«… reißt dieselbe aus…
    – Macht achttausend Piaster! sagte Keraban.
    – Da spring’ ich, fuhr Van Mitten fort, nun meinerseits nach ihrer »
Oeil de Soleil
« und reiße diese aus der Erde…
    – Macht sechzehntausend Piaster, rechnete Keraban nach.
    – Sie fällt über eine zweite »Valentia« her…
    – Macht vierundzwanzigtausend Piaster! meldete Keraban, als ob er Notizen in seinem Taschenbuche nachrechnete.
    – Ich antwortete ihr durch eine zweite »
Oeil de Soleil
«…
    – Macht

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