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Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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dem die Krim gleich einer herrlichen Orange am Zweige eines Orangenbaumes hängt. An der einen Seite desselben dehnt sich die Bai von Perekop aus, an der anderen das Sumpfland von Sivach (oder Siwasch), welches mehr unter dem Namen des Faulen Meeres bekannt ist, ein ungeheuerer Teich von zwei Milliarden Quadratmeter, der durch die Gewässer von Tauris und durch die des Asow’schen Meeres ernährt wird, denen der Durchbruch von Ghenitsche als Canal dient.
    Im Vorbeikommen konnten die Reisenden dieses sumpfige Gewässer von Sivach wahrnehmen, dessen Salzgehalt sehr nahe dem Sättigungspunkte liegt.
    Daher entstehen auch an verschiedenen Stellen freiwillige Auskrystallisirungen von Salz, so daß man dieses Faule Meer leicht als die ergiebigste Saline der Erde ausbeuten könnte.
    Für den Geruchssinn ist es freilich kein Vergnügen, längs dieses Salzmorastes hinzufahren. Die Atmosphäre enthält hier eine merkbare Menge von Schwefelwasserstoffgas, und die Fische, welche sich in diesen See verirren, finden darin fast sofort den Tod. Dieses Gewässer entspräche also etwa dem bekannten Asphaltsee in Palästina. – Inmitten dieses Sumpfes verläuft die Eisenbahn, welche von Alexandrow nach Sebastopol hinabführt. Zu seinem Schreck hörte der Seigneur Keraban auch das betäubende Pfeifen der durch die Finsterniß dahinkeuchenden Locomotiven, welche über die Schienen brausen, auf die sich nicht so selten die schwerfälligen Wogen des Faulen Meeres stürzen.
    Am folgenden Tage, dem 31. August, führte der Weg während des Tages durch fruchtbare Gefilde. Da zeigten sich zuweilen Gruppen von Olivenbäumen, deren Blätter, wenn der Wind sie umkehrt, wie ein Quecksilberregen flimmern; Cypressen, von einem bis nahe an Schwarz streifenden Grün; prachtvolle Eichenriesen und hochragende Maulbeerbäume. Ueberall auf den Hügelgeländen zogen sich Rebenreihen hin, welche ein, dem der besten Weinlagen Südfrankreichs kaum untergeordnetes Gewächs liefern.
    In Folge von Ahmets Vorsorge, der die Rubel gleich haufenweise ausstreute, waren frische Vorspannpferde überall sofort zur Hand, und die reichlich bestochenen Postillone trieben sie zum schnellsten Laufe an.
    Gegen Abend wurde der Flecken Dorti passirt, und einige Lieues weiter erreichte man das Gestade des Faulen Meeres.
    Hier ist diese merkwürdige Lagune von dem Asow’schen Meere nur durch eine niedrige, auf einem Untergrunde von aufgehäuften Muscheln ruhende Sandzunge – man kann sie eben kaum Landzunge nennen – getrennt, deren mittlere Breite auf etwa eine Viertellieue geschätzt wird.
    Dieser Sandstreifen heißt der Pfeil von Arabat. Er erstreckt sich von dem Dorfe gleichen Namens im Süden bis nach Ghenitsche im Norden auf dem Festlande, und ist an eben dieser Stelle nur von einer dreihundert Fuß breiten Furth durchschnitten, durch welche wie oben erwähnt, das Wasser des Asow’schen Meeres eintritt.
    Bei Tagesanbruch wurden der Seigneur Keraban und seine Gefährten von feuchten, dicken, ungesunden Dünsten umlagert, welche erst nach und nach vor den Sonnenstrahlen verschwanden.
    Das Land war hier minder bewaldet und auch öder; hier weideten große Dromedare in voller Freiheit, was der Gegend den Anschein eines Zubehörs der arabischen Wüste verlieh. Die vorüberkommenden, ganz aus Holz ohne jede Benützung von Eisen erbauten Karren machten ein betäubendes Geräusch mit ihren von darauf spritzendem Erdpech knirschenden Achsen. Alles sieht noch sehr ursprünglich aus; in den Landhäusern, den einzelnen liegenden Farmen aber trifft man noch die alte tatarische Gastfreundschaft. Dort kann Jedermann einkehren, sich an den Tisch des Hausherrn setzen, aus den sofort vorgesetzten Schüsseln zulangen, essen, was ihm beliebt, trinken so viel er mag, um, wenn er fortgeht, sich mit einem einfachen Danke für die Erquickung abzufinden.
    Es versteht sich von selbst, daß die Reisenden die Einfachheit dieser alten Sitten, welche ja mit der Zeit verschwinden werden, niemals mißbrauchten; sie ließen immer und überall in Form von Rubeln greifbare Zeichen ihrer kurzen Anwesenheit zurück. Gegen Abend hielt das von langem Laufe erschöpfte Gespann in dem Flecken Arabat am südlichen Ende des Pfeiles.
    Hier erhebt sich auf dem Sande eine kleine Festung, an deren Fuße sich die Häuser bunt aneinander schmiegen. Ueberall grünten dicke Gebüsche von Fenchel, die Brutstätten von Nattern, und Wassermelonenfelder, von denen die Leute sehr reiche Ernten beziehen.
    Es war neun Uhr

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