Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keraban Der Starrkopf

Keraban Der Starrkopf

Titel: Keraban Der Starrkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
nicht von diesem vortrefflichen aber unreinen Thiere nähren! Nun wohl, wenn dieses unbekannte Gericht vom Schweine herrührt, so haben Sie nur Eines zu thun.
    – Und das wäre?
    – Sie verdauen es eben ganz still, Ihr Schweinefleisch, nachdem es doch einmal verschluckt ist!«
    Die Sache beunruhigte Nizib, der die Gesetze des Propheten streng beobachtete, aber doch sehr, und da er sein Gewissen so stark belastet fühlte, mußte Bruno sich beim Wirthe des Gasthauses erkundigen.
    Da beruhigte sich denn Nizib wieder und konnte seine Verdauung ungestört vor sich gehen lassen. Das räucherige Gericht war überhaupt kein Fleisch, sondern bestand aus Fisch, aus dem »Schebac«, der gleich dem Kabeljau in zwei Hälften getheilt, an der Sonne getrocknet, durch Aufhängen im Schornstein geräuchert und roh oder fast roh verzehrt wird.
    Aus Rostow, einem am Grunde der Nordspitze des Asow’schen Meeres gelegenen Hafen, wird hiermit nach allen Punkten der Küste ein lebhafter Ausfuhrhandel getrieben.
    Herren und Diener mußten sich also mit dem etwas mageren Abendbrot des Gasthofs von Arabat begnügen. Die Betten erschienen ihnen härter als die Kissen des Wagens; immerhin blieben sie darin von den unausbleiblichen Stößen der Landstraße verschont, und der Schlaf, den sie in den dürftig ausgestatteten Zimmern fanden, reichte doch hin, ihre Erschöpfung von den ausgestandenen Strapazen auszugleichen.
    Am nächsten Tage, dem 2. September, war Ahmet schon mit Sonnenaufgang auf den Füßen und suchte das Posthaus auf, um frische Pferde zu miethen. Das Gespann vom Vortage, das eine lange anstrengende Strecke zurückgelegt hatte, hätte ohne mindestens vierundzwanzig Stunden Ruhe nicht weiter benützt werden können.
    Ahmet hoffte den Reisewagen ganz fertig vor die Thür führen zu können, so daß sein Onkel und Van Mitten nur einzusteigen brauchten, um auf dem Wege durch die Halbinsel Kertsch dahin zu fahren.
    Am Ende des Ortes lag das Posthaus mit seinem, mit hölzernen Krummstäben, ähnlich dem Halse einer Baßgeige, geschmückten Dache; von frischen Pferden war aber nichts zu finden. Der Stall stand leer, und selbst um vieles Geld konnte der Posthalter kein Gespann liefern.
    Sehr verstimmt über diese Enttäuschung, kehrte Ahmet nach dem Gasthause zurück.
    Zum Aufbruch bereit, warteten der Seigneur Keraban, Van Mitten, Bruno und Nizib, daß der Wagen vorfahre. Einer derselben – wir brauchen ihn wohl nicht namhaft zu machen – fing schon an, deutliche Zeichen der Ungeduld merken zu lassen.
    »Nun, Ahmet, rief er, Du kommst allein zurück? Müssen wir denn den Wagen an der Poststation aufsuchen?
    – Das wäre leider auch nutzlos, lieber Onkel, antwortete Ahmet, es ist hier kein einziges Pferd zu haben.
    – Kein Pferd?… sagte Keraban.
    – Nein, vor morgen können wir keine erhalten.
    – Vor morgen nicht?
    – Ja, und damit verlieren wir volle vierundzwanzig Stunden!
    – Vierundzwanzig Stunden verlieren, schrie Keraban, aber ich bin nicht gewillt, deren zehn, nicht fünf, nicht eine zu verlieren!
    – Wenn es indeß, bemerkte der Holländer gegen seinen Freund, der schon auffahren wollte, wenn es eben keine Pferde gibt?…
    – Es wird schon welche geben!« antwortete der Seigneur Keraban.
    Auf ein gegebenes Zeichen folgten ihm Alle nach.
    Eine Viertelstunde später erreichten sie die Poststation und machten vor der Thür derselben Halt.
    Der Postverwalter stand auf der Schwelle in der ungenirten Haltung eines Mannes, der sehr wohl weiß, daß Niemand ihn zwingen kann, zu liefern, was er nicht hat.
    »Sie haben keine Pferde mehr? sagte Keraban schon in etwas gereiztem Tone.
     

    Alupka (Krim). (S. 143.)
     
    – Keine anderen als die, welche Sie gestern mit hierher gebracht haben, antwortete der Posthalter, und die können jetzt nicht weiter.
    – Und wie kommt es, daß Sie in Ihren Ställen nicht einmal Pferde zum Wechseln stehen haben?
    – Weil diese ein vornehmer Türke genommen hat, der sich nach Kertsch begibt, von wo er, nach Ueberschreitung des Kaukasus, nach Poti will.
    – Ein vornehmer Türke, rief Keraban; ohne Zweifel einer jener europäischen Ottomanen! Wahrhaftig, sie begnügen sich nicht, einen in den Straßen Constantinopels zu belästigen, nein, selbst auf den Straßen der Krim muß man ihnen begegnen! – Wer war es denn?
    – Ich weiß nur, daß er sich Seigneur Saffar nannte, weiter nichts, erwiderte der Posthalter gelassen.
    – Nun, und wer hat Ihnen erlaubt, diesem Seigneur Saffar zu

Weitere Kostenlose Bücher