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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Hinterhalts geeignet.« »Was wißt Ihr schon vom Militär?«
    »Leider eine ganze Menge«, lachte Michel. »Ihr seht ja, daß sich die Burschen aus dem Staub gemacht haben. Der Erfolg ist entscheidend, nicht der Befehl. Wenn Ihr Euch das nicht für die Zukunft hinter Eure grünen Ohren schreibt, so werdet Ihr es nie zu etwas bringen.« »Macht mir gefälligst keine Vorschriften, Senor. Ihr wißt ja nicht einmal, wie ein caballero eine Dame behandelt. Ihr seid ein Barbar.«
    Michel maß ihn mit einem mitleidigen Blick. »Ich habe weder Lust noch Zeit, Euch die näheren Erklärungen für mein Benehmen zu geben, wenigstens jetzt nicht. Steht auf und gebt den gesunden Leuten Befehl, die verwundeten Kameraden in die Höhle zu bringen, damit ich sie dort verbinden kann. Im übrigen müssen wir uns auf einen weiteren Angriff gefaßt machen.« Sechs der Soldaten waren dem Angriff der Araber zum Opfer gefallen. Vier waren schwer, acht weitere leicht verwundet.
    Michel half, so gut er konnte. Das war ohne jeglichen Verbandsstoff und ohne alle Medikamente nicht einfach.Seine Freunde halfen ihm, die Schwerverwundeten in die Berghöhle zu tragen, die sich an die Felsspalte anschloß. Dort bettete man sie auf schnell bereitete Lager aus dürren Ästen und verdorrten Zweigen.
    Michel opferte Stück um Stück seiner Hemdfetzen und verband die Wunden so kunstgerecht wie möglich. Bei einigen stellte sich bereits Wundfieber ein.
    Ohne Aufforderung half Marina bei der schwierigen Arbeit. Nach einer Weile gesellte sich auch der verkleidete Engländer hinzu.
    »Ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich mich ein wenig nützlich mache?« fragte er höflich. Michel Baum sah auf. Seine Augen ruhten forschend auf dem jungen Gesicht. Dann nickte er. »Helft mir Streifen machen. Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr Euern Burnus opfern würdet. Vermutlich habt Ihr sowieso europäische Kleidung drunter, nicht?« »Yes«, gab der junge Mann zu und machte sich an die Ausführung des Gebots. Michels Interesse für ihn war erwacht. »Sagt mir, Freund, wie kommt Ihr mit der Gräfin zusammen? Ich irre mich doch nicht, wenn ich annehme, daß Ihr zur Besatzung der »Trueno« gehört?«
    »Nicht ganz. Die Kapitänin rettete mich«, meinte er lakonisch, wobei er Marina einen Blick zuwarf.
    »Sie rettete Euch?« Michel ließ für einen Augenblick von der Arbeit ab. Dann fuhr er in halb zynischem, halb bitterem Ton fort. »Es ist das erstemal, daß ich so etwas höre« — und zu Marina gewandt in spanischer Sprache »— habt Ihr aus Euerm Seeräubergeschäft eine Lebensrettungsgesellschaft gemacht?«
    Marina warf den Kopf zurück und blitzte ihn mit ihren dunklen Augen zornig an. Aber sie schwieg.
    »Darf man Euern Namen erfahren?« fragte Michel den Engländer in seiner Sprache. Dieser nickte eilig.
    »Gewiß. Verzeiht, daß ich vergaß, mich vorzustellen. Ich heiße Steve Hawbury und bin der Sohn von General Hawbury.«
    »Ah!« Michel stieß einen Ruf der Verwunderung aus. »Der Sohn von Lord Robert Hawbury im britischen Kolonialamt?«
    Jetzt war es an Steve, verwundert zu sein.
    »Ja. Ihr kennt meinen Vater?« »No, nicht Euern Vater, aber Eure Schwester.«
    Marina zuckte bei diesen Worten sichtlich zusammen. Michel Baum kannte die Schwester dieses Jungen? Woher? Blitzschnell fiel ihr ein, was sie mit Graf Eberstein vereinbart hatte, bevor sie ihn an der französischen Küste absetzte. Er sollte doch — — —
    Sie fluchte innerlich. War dieser, ihr letzter Schachzug gegen den Silbador unnötig geworden durch die Bekanntschaft mit der Schwester Steve Hawburys? Hatte er sich in sie verliebt? Marina wäre keine Frau gewesen, hätte sie nicht hinter jeder Bekanntschaft des einzigen Mannes, dem ihr ganzer Haß und ihre ganze Liebe gehörten, mehr gewittert als Freundschaft. In Marina entfaltete sich die Eifersucht zu steigender Glut.
    »Ihr kennt meine Schwester Isolde? Irrt Ihr Euch auch nicht? Es mag in England viele Hawburys geben.«
    »Well, aber nur einen, der General im Kolonialamt ist. Dessen Tochter lernte ich unter---
    wenig erfreulichen Umständen kennen, Umständen, die ich dieser Dame hier« — er machte eine Kopfbewegung zu Marina hin — »verdanke.« Steve begann zu fragen.
    Michel berichtete alles, was er mit der Schwester des jungen Mannes gemeinsam erlebt hatte. »Teufel!« rief Steve, »so ist sie also die Gefangene des Daj von Algier! Sagt, Mr. Baum, gibt es denn keine Möglichkeit, sie zu befreien?« Michel schwieg. Dann nickte er.
    »Ich

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