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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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kommt der Capitan plötzlich her? Warum hat man ihn erwartet? Woher wußte man, daß er überhaupt wiederkommen wird? Niemand, auch die Gräfin nicht, konnte ahnen, daß sie ihn treffen würde. Ich glaube, seine Ankunft ist nichts anderes als Zufall.« »Du widersprichst dir selbst«, warf Hernan ein, »wenn es wirklich Zufall gewesen wäre, wieso hat dann Virgen die Soldaten landeinwärts geschickt? Wen sollten sie erwarten? Wen sollten sie bringen, wenn niemand damit gerechnet hat, daß der alte Porquez plötzlich auftauchen konnte? Hier ist eine Lücke. Eindeutig wußte man nur, daß unsere Dona über kurz oder lang zurückkehren werde. Also —?«
    »Also waren die Landsknechte ausgeschickt, um ihr aufzulauern. Demonio! Jetzt wird mir verschiedenes klar. Vielleicht sollte dieser verräterische Jose bei ihrem Nahen Escamillo benachrichten. Vielleicht sollte er sie auch ... umbringen?«
    »Madre de Dios!« fuhr Hernan auf, »so wird es sein. Man will uns betrügen. Daß der Kapitän dazwischenkam, war nur ein glücklicher Zufall ... für die Senores, die die Gräfin los sein wollten.«
    »Und was machen wir nun?«
    Sie starrten beide in den Sand und dachten nach.
    »He«, kam eine barsche Stimme — es war die des Maats — »was sitzt ihr da herum und träumt? Wollt ihr nicht euer Zelt abbrechen? Habt ihr die Glocke nicht gehört?« »Schon gut«, gab Punte zurück und erhob sich langsam. Der Maat kümmerte sich nicht mehr um sie.
    »Hör zu«, sagte Hernan, »ich habe keine Ruhe mehr im Leib. Ich habe im Gegenteil das untrügliche Gefühl, daß ich auf dem Weg zurückgehen sollte, den die Soldaten und der alte Porquez gekommen sind. Sieh zu, daß du mit dem Abbruch des Zeltes fertig wirst. Bis wir an Bord gehen, bin ich wieder da.«
    Punte nickte und machte sich an die Arbeit. Hernan aber schlich sich seitwärts hinter eine der Dünen und kroch dann von Westen her dem Hohlweg zu.
    Marina hing noch immer an dem Baum, an den sie der Verräter Jose gefesselt hatte. Verzweifelt versuchte sie, sich ihrer Fesseln zu entledigen, aber es gelang ihr nicht. Die Riemen schnitten tief ins Fleisch, der Knebel saß so fest im Mund, daß sie Mühe hatte, Atem zu schöpfen. Plötzlich hörte sie ein Geräusch. Als sie aufblickte, stand der treue Hernan neben ihr.
    Er befreite sie zuerst von dem Knebel. Dann schnitt er ihre Fesseln durch.
    Aber die Stunden am Baum hatten die Frau so geschwächt, daß sie sich keinen Schritt
    fortzubewegen vermochte. Sie knickte in die Knie und blieb schließlich zu Füßen Hernans liegen.
    »Wir müssen uns eilen, Senorita Capitan«, drängte der Korsar. »Wir werden in den nächsten Stunden die »Trueno«nicht mehr auf ihrem Ankerplatz vorfinden. Man hat Euch verraten. Nur Punte und ich haben geahnt, daß etwas nicht stimmen kann. So lief ich den Hohlweg entlang, weil ich mir schon dachte, daß der verdammte Jose irgendeine Teufelei begangen hätte. Nun, ich wurde belohnt, ich fand Euch.«
    »Ich danke dir«, hauchte sie unter Tränen, die ihr Antlitz seltsam verschönten. »Was rätst du mir nun zu tun?«
    Hier wußte der gute Hernan auch nicht weiter. Könnte man nicht vielleicht einen Aufstand unter der ergebenen Mannschaft anzetteln, wenn sie erführe, was der verehrten Frau zugestoßen war? Aber die verfluchten Hunde Virgen und Escamillo hatten sich durch die Anwerbung der bewaffneten Soldaten gegen alle Zufälle solcher Art gesichert. Die Mannschaft würde sich fügen müssen. Andererseits mochte der Anblick der geliebten Senorita Capitan vielleicht soviel Wut und Mut entfachen, daß der Sieg über die Verräter errungen werden konnte. Hernan meinte schließlich:
    »Am besten ist es, wir eilen so schnell wie möglich zum Ankerplatz zurück. Wenn man Euch dort sieht, dann werdet Ihr alle Korsaren auf Eurer Seite haben.«
    Sein Blick fiel in den Hohlweg. Er zuckte zusammen.
    »Dort liegt ja ein Mensch, Senorita, ein Toter, glaube ich gar. Wer ist es?«
    »Guillermo«, schluchzte die Frau.
    »Ah! Jose hat ihn ermordet! — Maldito, so ein heimtückischer Lump!« Hernan knirschte mit den Zähnen vor Wut.
    »Hört«, fuhr er fort, »wir müssen versuchen, die »Trueno« zu erreichen. Ich werde Euch ein Stück Wegs auf die Schulter nehmen. Vielleicht erholt Ihr Euch inzwischen.« Neuer Lebensmut kam über die Gräfin.
    »Bien, Hernan, versuchen wir es. Vielleicht bleiben wir doch Sieger.« Sie stieg ihm auf den Rücken.
    Er mußte langsam gehen mit seinem zusätzlichen Gewicht.
    Schon nach

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