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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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kurzer Zeit mußte der Korsar innehalten und verschnaufen.
    Plötzlich stutzten beide.
    »Hast du das Geräusch gehört, Hernan?« fragte Marina.
    »Si, Senorita. Es klang wie das Knurren eines Hundes. Woher mag es gekommen sein? Ich dachte nicht, daß hier Menschen in der Nähe sein könnten.«
    Plötzlich erstarrten sie. Um die Biegung schoß ein riesiger Hund .. . dann noch einer ... und noch einer.
    Wie auf Kommando begannen sie zu bellen und umkreisten zähnefletschend das Paar. »Komm!« schrie Marina, »wir müssen weiter. Vielleicht lassen uns diese Biester in Ruhe.« Das war ein Trugschluß. Sie hatten kaum einen weiteren Schritt gemacht, als beide entsetzt aufschrien. Die riesigen Köter sprangen sie an, warfen sie nieder, stellten sich über sie und hielten die Schnauzen dicht an die Kehlen der beiden Menschen — eine unmißverständliche Drohung.
    Vorsichtig versuchte Hernan, sein Messer aus dem Gürtel zu ziehen, was ihm nach einigen Sekunden auch gelang. Mit unvermuteter Plötzlichkeit holte er aus und stach zu; aber es war doch nicht rasch genug. Noch ehe das Messer den Hund traf, schlug sich dessen Gebiß in Hernans Kehle. Dieser konnte nicht mehr den leisesten Laut ausstoßen. Er hatte seinen Geist aufgegeben.
    In diesem Augenblick kamen fünf Männer mit schwarzen Barten und funkelnden Augen um die Biegung geritten. Überrascht hielten sie die Pferde an.
    »Maschallah«, rief der Anführer in freudigem Erstaunen, »welch ein liebliches Weib hat uns Allah da geschickt!«»Wallah - Tallah!« ertönte es im Umkreis. »Eine Weiße gar! Und nicht nur weiß, sondern auch bildschön!«
    »Sie ist mindestens ihre zehntausend Piaster wert, wenn wir sie an den Sultan verkaufen«, rief der erste begeistert. »Ah, seht, unser braves Hundchen hat ihren Beschützer oder Mann bereits in den ersten Himmel befördert! Nun, macht nichts, dann haben wir keine Arbeit mehr mit ihm.« »Willst du nicht nachsehen, ob sie auch gesunde Zähne hat, Mustapha?« fragte einer der Begleiter.
    Der Anführer stieg trotz der unheimlichen Fettberge, die er mit sich herumschleppte, mit großer Wendigkeit vom Pferd und trat auf die verstört am Boden kauernde Marina zu, von der die Hunde jetzt abgelassen hatten und die überhaupt nicht wußte, worum es eigentlich ging; denn sie verstand nur wenige Worte der arabischen Sprache. Mustapha fuhr der Erschrockenen mit der rechten Hand in den Mund, öffnete ihn brutal und begutachtete ihre Zähne. .Dann wandte er sich befriedigt zu seinen Begleitern und sagte:
    »Allah hat es wirklich gut mit uns gemeint. Dieses Weib bringt nicht zehntausend, sondern mindestens zwanzigtausend Piaster. Ich werde sie auch nicht dem Sultan anbieten, sondern ein paar Spezialkunden, die schon immer eine weiße Sklavin haben wollten.« Die Männer betrachteten Marina nur als Ware. Der fette Kerl nahm sie auf und setzte sie vor sich in den Sattel. Sie dachte nicht daran, sich zu wehren, denn die Hunde behielten sie die ganze Zeit über mißtrauisch im Auge. Es waren große, gelbe nordafrikanische Sklavenhunde, die auf den Menschen dressiert waren und den zehnfachen Preis eines Menschen kosteten. Nach ein oder zwei Stunden kamen sie an eine Lichtung, auf der ein paar sehr luxuriöse Zelte standen. Eins war aus blauer Seide. Dort hinein brachte man die Gefangene. Zwei bildschöne arabische Frauen waren schon dort. Sie ruhten auf kostbaren Diwans. Ihre weiten Hosen bestanden aus in Damaskus gewebten Stoffen. Marina hatte den Eindruck, daß sie sich hier recht wohl fühlten.
    Die ältere von ihnen richtete ein paar Worte an die Gräfin, die diese aber nicht verstand. Dann wandte sie ihren Blick vollends zu der Neuen und musterte sie von oben bis unten. »Weiße Frau«, sagte sie auf einmal in gebrochenem Spanisch. »Ja«, antwortete Marina, nur, um wenigstens ein Wort zu sprechen.
    »Sie werden machen gutt Geld mit dir«, nahm die andere wieder das Wort, »weiße Frau vill wert bei Muslim.«
    »Wie meinst du das?« fragte Marina erschrocken.
    »Ich meinen, du Sklavin wie wir. Wir verkauft nach Türkei oder Indien. Ich nicht wissen, wohin.«
    Marina starrte die Frau, die diese schwerwiegenden Worte so gleichgültig gesagt hatte, mit entsetztem Blick an. War sie Mädchenhändlern in die Hände gefallen? Wollte man sie etwa nach dem Orient verschleppen? Sie hatte manches von den fürchterlichen Schicksalen europäischer Frauen gehört. Sie preßte die Hände an die Schläfen. Ihr Herz hämmerte wild. Und ganz plötzlich

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