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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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meinen, den Kerl mit der Wunderflinte.« »Ihr meint El Silbador?«
    »El Silbador? Kenne ich nicht. Was ist mit dem Ausreißer?« »Er steht vor Euch.«
    Jetzt endlich richtete sich der Trunkene auf. Aber die Augen wollten ihm noch nicht so recht gehorchen. Er blinzelte lange, ehe er sie ganz öffnen konnte. Dann aber war sein Erstaunen um so größer.
    »Wer — — wer seid Ihr?« fragte er verwundert.
    »Ich habe mich bereits vorgestellt. In Spanien nennt man mich El Silbador — den Pfeifer.« Der Gouverneur dachte angestrengt nach. Plötzlich erhellten sich seine Züge. Aus irgendeiner Ecke seines Gedächtnisses kam die Erinnerung langsam herauf.
    »El Silbador — — el Silbador, diablo, seid Ihr nicht der Mann aus den Pyrenäen, der dort den Grafen de Villaverde y Bielsa aus seinem Kerker befreite?« »Das stimmt«, wunderte sich der Pfeifer. »Woher wißt Ihr das?«
    »Ein Kapitän, der mich oftmals besucht, brachte die Kunde aus Spanien. Ihr seid dort eine Berühmtheit, doch bislang wußte niemand, wohin Ihr gegangen seid.« »Es freut mich, solche Worte aus Euerm Munde zu vernehmen. Ihr werdet einer solchen Berühmtheit gegenüber wahrscheinlich nicht ungerecht sein wollen, nicht wahr?« »Aber hört, man hält mich hier weit und breit für besonders gerecht!«
    »Na, fein«, sagte der Pfeifer spöttisch. »Dann werdet Ihr mir vielleicht jetzt auch sagen, weshalb mich Eure Schergen am letzten Tag des vergangenen Jahres in Euer Staatsgefängnis eingeliefert haben, ohne daß ich von Euch vernommen worden bin! So etwas nennt man in Spanien Freiheitsberaubung!«
    »Man hat Euch hier im Gefängnis gehalten?« fragte der Gouverneur erstaunt. »Davon weiß ich ja gar nichts! Bis zu dieser Stunde war mir Eure Anwesenheit in Oran nicht bekannt.« »Wollt Ihr allen Ernstes behaupten, daß Ihr nichts von meinem Ausbruch aus dem Gefängnis gehört habt? Die ganze Stadt spricht darüber, und Eure Leute suchen mich draußen.« Don Hernando riß die Augen auf. Sie waren wie große Glaskugeln.
    »Ihr — Ihr seid — der Mann, der meinen Leuten die — die — den Kot ins Gesicht gegossen hat?«
    »Ja, der bin ich. Es war ein glänzender Einfall, nicht wahr? Sie werden Tage brauchen, bis sie den Geruch wieder loswerden.«
    Don Hernandos Gedanken wirbelten durcheinander. Richtig, Hamid hatte ja von einem pfeifenden Teufel gesprochen, und der Mann, der da jetzt mit drei Gewehren bewaffnet vor ihm saß — es war unfaßlich — dieser Mann sollte ein gemeiner Dieb sein? Don Hernando wollte es nicht glauben. Hier mußte ein Mißverständnis vorliegen. Er stand auf und ging im Zimmer umher. Seine Schritte waren schwankend.
    »Weshalb seid Ihr auf so ungewöhnliche Weise ausgebrochen?« fragte er den ungebetenen Besucher.
    »Weil ich sonst in diesem Loch, das Ihr Staatsgefängnis nennt, zugrunde gegangen wäre. Hundertmal habe ich verlangt, von Euch verhört zu werden. Die Posten nahmen überhaupt keine Notiz von meinen Bitten. Es blieb mir kein anderer Weg. Nun beantwortet mir eine Frage: weshalb habt Ihr mich eigentlich überhaupt erst einsperren lassen?« Der Gouverneur antwortete:
    »Ich hatte ja keine Ahnung, daß Ihr der berühmte Silbador seid. Davon hatte mir Hamid nichts gesagt.«
    »Ah, also auf Veranlassung dieses Gauners habe ich die Wochen im Gefängnis zugebracht.« »Ihr dürft meine Freunde nicht beleidigen.«
    »Ich beleidige niemanden. Wenn ich jemanden einen Gauner nenne, dann ist er es auch, und das kann ich jederzeit glaubhaft belegen. Ihr werdet übrigens gestatten, daß ich mir einen Becher Wein aus Euerm Krug einschenke; denn ich bin mächtig durstig.« Der Gouverneur nickte abwesend. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft. Das war ja noch viel schlimmer, als er geahnt hatte! Das alles hatte überhaupt nur durch seine Nachlässigkeit und Bestechlichkeit passieren können. Wenn jetzt eine Inspektion käme oder dieser Silbador Klage gegen ihn erhöbe? Eine verteufelte Situation.
    »Weshalb behauptet Hamid von Euch, daß Ihr ein Dieb seid?« fragte er den Trinkenden. Der Pfeifer setzte den Becher ab.
    »Ah, Euer Wein ist ausgezeichnet! Weshalb Hamid dies von mir behauptet hat, wollt Ihr wissen? Nun, das ist schnell erzählt. Hört gut zu. Dann werdet Ihr sehen, was für eine Sorte Freunde Ihr besitzt.«
    Er schilderte in kurzen Worten alles, was mit dem Säbel zusammenhing.Der Gouverneur wollte seinen Ohren nicht trauen.
    »Wieviel, sagt Ihr, hat Euch Hamid für das kostbare Stück gegeben?«
    »Fünftausend

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