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Kerker und Ketten

Kerker und Ketten

Titel: Kerker und Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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Piaster. Es ist eine Schande, daß sich der Gouverneur von Oran von solchen Blutsaugern und Schacherern so mißbrauchen läßt.«
    »Noch viel schlimmer«, sagte Don Hernando bestürzt, »er läßt sich außerdem auch noch von seinen Freunden betrügen. Ihr müßt wissen, daß ich den Säbel von Hamid gekauft habe, und zwar für zehntausend Piaster. Es ist allerdings nicht so schlimm; denn er ist fünfzehntausend unter Brüdern wert. Ich verstehe etwas von Diamanten.« Michel war sichtlich überrascht.
    »I h r habt ihn gekauft? Nun, mir kann es gleich sein, was Hamid damit gemacht hat. Aber wenn der Säbel, wie Ihr sagt, fünfzehntausend wert ist, so ist es umso verwerflicher, daß Hamid mir meine fünftausend Piaster wieder abnehmen ließ, zumal er an Euch, seinem Freund, ganze hundert Prozent verdient hat.«
    »Er ist eben ein guter Geschäftsmann«, entschuldigte der Gouverneur seinen Kumpan. Michel kniff die Augen zusammen und faßte sein Gegenüber ins Auge.
    »Ihr entschuldigt ihn noch? Wie soll ich das verstehen? Seid Ihr nicht vom König eingesetzt, um die Ordnung zu wahren? Was aber ist bei Euch in Ordnung? Ihr sperrt einen Unschuldigen auf das Geheiß eines Gauners in Euer Gefängnis, ohne ihn zu vernehmen. Und wenn Euch nachher die Augen geöffnet werden, so fallen Euch nur ganz unbegreiflich milde Worte ein! Hört, Senor, da komme ich nicht mehr mit. Wollt Ihr mir nicht verraten, was in Wahrheit hinter all dem steckt?«
    Der Gouverneur wurde auf einmal nüchtern. Jetzt erst überblickte er seine Situation richtig. Was um Himmels willen sollte werden, wenn dieser Fremde etwa darauf bestand, daß man Halef offiziell zur Rechenschaft zog? Vor Don Hernandos Augen tanzten bunte Kreise. Er hielt in seiner Wanderung durchs Zimmer inne und blieb vor Michel stehen.
    »Ich kann Hamid nicht anklagen«, sagte er mit unsicherer Stimme. »Ich kann Euch auch keine Erklärung dafür geben, warum das nicht möglich ist. Ich kann nur hoffen, daß Ihr nicht darauf besteht.«
    »Ihr braucht mir nichts zu erklären. Ihr müßt mich nur für meine ungerechtfertigte Haft entschädigen und mir die fünftausend Piaster wieder verschaffen. Andernfalls erhebe ich offiziell Klage gegen Euch, daß Ihr meine Anzeige nicht annehmen wollt. Die Gesetze sind gemacht, um den Menschen zu schützen, und nicht, um ihn durch ihre willkürliche Anwendung und Auslegung zu knechten.«
    »Ihr seid sehr klug, Senor Silbador. Ich merke aus Euren Reden, daß Ihr zu den gebildeten Menschen gehört. Seid Ihr eigentlich Arzt im europäischen Sinne?« »Ja, ich habe in Rostock studiert.«
    »In Rostock? Also Deutschland? Wie kommt Ihr dorthin?« »Ich bin Deutscher.« »Ah-«
    »Ist daran etwas Besonderes?«
    Don Hernando antwortete nicht sogleich. Ihm kam ein Gedanke. Wenn dieser pfeifende Teufel, wie ihn Hamid genannt hatte, kein Spanier war, so sah die Sache nur noch halb so gefährlich aus. Spanische Behörden kümmerten sich nicht um das Wohl und Wehe vonAusländern, die ohne besonderen Auftrag ins Land kamen. Vermutlich würde kein Hahn nach dem jungen Mann krähen, wenn er auf Nimmerwiedersehen verschwand. Aber zuerst mußte man ihn wieder gefesselt vor sich haben. Dann konnte man ihn beim nächsten Schub dem Kapitän mitgeben. Und es würde auch dem berühmten Silbador nicht leichtfallen, aus ägyptischer Sklaverei wieder zu entkommen. Und selbst wenn ihm das gelänge, Ägypten war weit und der Weg von dort in die europäische Zivilisation beschwerlich. »Ich habe einen Gedanken, Senor«, sagte der Gouverneur. »Sprecht ihn aus.« »Ich werde Euch die fünftausend Piaster ersetzen, wenn Ihr mir versprecht, daß Ihr dann in Zukunft die Gerichte nicht mit Euerm Fall belästigt.«
    »Bueno«, sagte Michel, >,ich will nicht juristischer sein als der Richter. Gebt mir die fünftausend und ein gutes Pferd, dann seid Ihr von meiner Gegenwart erlöst.« Don Hernandos Trinkeraugen funkelten heimtückisch. Er konnte seine Freude über Michels Einverständnis nur schlecht verbergen. Michel merkte es sofort, tat aber so, als sei alles in schönster Ordnung.
    »Wartet hier noch einen Augenblick. Ich gehe das Geld holen. Macht es Euch bequem und trinkt ein paar Becher Wein. Ihr werdet ein so köstliches Getränk nicht gleich wieder auf die Zunge bekommen. Entschuldigt mich jetzt.«
    Er wandte sich zur Tür und ging hinaus. Michel wußte, daß er im Augenblick nichts dagegen tun konnte. Es war ihm klar, daß der Gouverneur in kürzester Frist wiederkommen

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