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Kerrion 3 - Traumwelt

Kerrion 3 - Traumwelt

Titel: Kerrion 3 - Traumwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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seine Neugier.
    »Er sagt, daß Sie ihm unsere Miete nicht herausrücken.«
    Das sei unerhört, sagte Souad. Die Mieter gehe so etwas gar nichts an. Alles sei korrekt geregelt. Man könne auch nicht sagen, daß Sieger überhaupt nichts bekomme.
    »Er behauptet, er habe kein Geld«, sagte Hans.
    Ein reicher Mann sei das, heulte Souad auf, immer setze der Mann solche Gerüchte in die Welt.
    »Assez, Souad«, rief Frau Mahmouni, die entfernt saß und mit ihrem Taxifahrer plauderte, »Sieger sagt die Wahrheit: Er hat kein Geld.« Es war, als habe Souad einen Schlag bekommen. Er duckte sich und blinzelte verwirrt zu der levantinischen Matrone hinüber, deren Kleid - in dem gewohnten Schnitt - heute mit senffarbenen Gladiolen und Orangen bedruckt war, und vielleicht paßten ihre violetten Gesundheitssandalen sogar ganz gut dazu, es fehlte nur eine schwarze Spit-zenmantilla, und sie hätte dennoch ausgesehen, wie von Goya gemalt.
    Souad senkte die Stimme. Ein engerer Kontakt mit Herrn Sieger sei nicht ganz unriskant. Es sei nicht leicht davon zu sprechen, aber Hans müsse Bescheid wissen. Er könne dann selber entscheiden, wie er sich zu verhalten gedenke. In diesem weiten Umkreis - Souad machte mit der geöffneten Hand eine kreisförmige Bewegung, die die ganze Welt zwischen sei-ner Waschanlage und dem »Habsburger Hof« einbezog - sei Sieger bekannt. Nirgendwo hier bekomme Sieger auch nur eine Tasse Kaffee. In dem libanesischen Restaurant drüben habe man ihn sogar vor die Tür gesetzt. Nähere sich Sieger einer Imbißstube, wehre man drinnen ab - der da kriegt nichts. Der Äthiopier hier sei der unglücklichste Mensch von der Welt, denn der müsse Sieger nun einmal bedienen, er sei schließlich sein Mieter, aber dieser Mann finde immer einen Trick, der gehe auf Katzenpfoten. Tut mir leid, haben wir gerade nicht da, und was Sie statt dessen wollen, leider auch nicht. Die elegante Methode, Hans wisse, worum es gehe? »Er zahlt nicht.«
    »Ach, das sind doch Bagatellbeträge, darum geht es doch nicht«, sagte Souad und riß die Augen weit auf. Er hob den Zeigefinger mit dem sorgfältig abgekauten rosigen Fingernagel und legte ihn auf das linke untere Augenlid.
    »Verstehen Sie jetzt?« Die rothaarige Frau im dritten Stock habe nach einer längeren Unterhaltung mit Sieger eine Fehlgeburt gehabt. In dem Kiosk des Äthiopiers seien die Sicherungen herausgeflogen, nachdem Sieger dort einen Kaffee getrunken habe. Wann immer er, Souad, mit Sieger gesprochen habe - ganz lasse sich das nicht vermeiden -, habe er stets Erektionsschwierigkeiten festgestellt, Hans solle darauf auch einmal achten. Diese Dinge seien übel. Hans sah so verwirrt aus, daß Souad nicht an sich halten konnte und lauter, als er es eigentlich wollte, hervorstieß: »Der böse Blick. Vor allem Ihre Frau muß aufpassen. Hier weiß jeder Bescheid.«
    »Assez, Souad«, kam es wieder, diesmal scharf, von Frau Mahmouni. Souad heulte hündisch, die gekränkte Unschuld.
    »Aber jeder weiß doch ... «
    »Jeder weiß, weil Sie es jedem gesagt haben. Deswegen muß es noch lange nicht stimmen.«
    »Aber gerade Sie müßten doch... «
    »Ich habe keine Anhaltspunkte.« Dies war mit eisiger Objektivität gesprochen. Hans sah, wie die blauen Adern auf dem Handrücken der Frau Mahmouni hervortraten, ein nerviges Geflecht, das von Willensstärke und einer auch in körperlicher Schwäche ungebrochen bewahrten Kraft sprach.
    »Etwas anderes mag allerdings stimmen«, fuhr sie fort. »Das Horoskop von Sieger ist schlecht aspektiert. Er wird tatsächlich immer schlecht oder gar nicht bedient. Die Kellner sehen ihn nicht, obwohl er doch eigentlich nicht zu übersehen ist. Er kann sich auf niemanden verlassen. Was er veranlaßt, wird nicht ausgeführt. Seine Hemden gehen in der Wäscherei verloren oder kommen zerrissen zurück. Seine Anwälte verschlafen die Termine. Er muß alles zu teuer bezahlen.«
    Souad verstand diese Rede als Anklage. »Ich bin absolut korrekt zu Herrn Sieger, auf mich kann er sich hundertprozentig verlassen«, das war wieder in jenem maulenden Heulen vorgetragen, mit dem Souad Angriffe auf seine Rechtschaffenheit zu verteidigen pflegte.
    »Unsinn«, sagte Frau Mahmouni, »Sie sind der Beweis: ein interessanter Fall - mich bedienen Sie gut, ihn bedienen Sie schlecht - ein und dieselbe Person verhält sich in verschiede--nen Konstellationen vollständig gegensätzlich. Das ist ein Faktum. Es ist darüberhinaus auch ein Gesetz. Man kann über ein Gesetz nicht

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