Kerstin Gier 2
uns und das ganze Gepäck ins Auto bekommen.«
»Aber wir haben unsere Koffer doch noch gar nicht gepackt«, gab Michael zu bedenken.
»Egal«, antwortete Franziska. »Leer sind sie genauso groß wie voll.«
Grummelnd holte Michael Koffer, Schlafsäcke, Isomatten, Zelte und Schlauchboot aus dem Keller – und war erwartungsgemäß mit der Aufgabe des Einladens überfordert. Franziska half ihm. Aber sie merkte schnell, dass selbst der nicht gerade kleine Van nicht ausreichte, um diese Unmengen aufzunehmen. Mit nicht allzu guter Laune machte Michael sich auf den Weg in die Stadt, um einen Dachgepäckträger zu kaufen, den Franziska in stundenlanger Arbeit aufschraubte.
Einen Tag später gab es Zeugnisse, die Kinder kamen früh aus der Schule und standen im Weg herum. Franziska packte für Michael, sich, Lasse, der mit seinem Gipsarm zu nichts zu gebrauchen war, und für Josha. Am liebsten hätte sie auch Almas Sachen in einem Koffer verstaut, um sicherzugehen, dass ihre Tochter nicht nur Bücher, Hefte und Stifte einpackte. Aber Alma beharrte darauf, das alleine zu tun.
Am Ende sah es auf dem Bürgersteig vor der Weberschen Garage so aus, als würde die Familie auswandern.
Michael reichte seiner Frau die schweren Sachen in der von ihr vorgegebenen Reihenfolge und beide kamen gehörig ins Schwitzen. Als endlich alles eingeladen war, dämmerte es bereits. Michael fuhr den Wagen zurück in die Garage, und das Ehepaar fiel erschöpft ins Bett.
Um fünf Uhr morgens riss der Wecker die Familie aus dem Schlaf. Franziska und Michael hatten beschlossen, zeitigloszufahren, um dem Urlaubsstau zuvorzukommen.
Als endlich alle gewaschen, angezogen und startbereit waren, stand der große Zeiger der Küchenuhr auf der Sechs.
»Jetzt aber los«, bestimmte Michael, und seine Familie schritt im Entenmarsch hinter ihm her zur Garage. Es gab einen kurzen Streit – oder Disput, wie Alma es ausdrückte – darüber, welches der Kinder auf welchem Platz sitzen durfte; dann drehte Michael den Schlüssel im Zündschloss.
Der Van gab ein leises Klack-klack von sich.
Michael versuchte es erneut.
Klack-klack.
»Hast du vielleicht gestern das Licht angelassen?«, fragte Franziska vorsichtig.
»Das geht automatisch aus«, brummte Michael, während er zum dritten Mal versuchte, das Auto zu starten.
»Aber nicht, wenn man es manuell eingeschaltet hat«, erklärte Lasse vom Rücksitz aus.
»Ich bin ja nicht blöd!«, schimpfte Michael empört und probierte es verbissen weiter.
Franziska konnte Vieles, aber ein Auto reparieren konnte sie nicht.
»Alle aussteigen«, ordnete sie an.
»Ich rufe einen Abschleppwagen«, murrte Michael.
»Bringt der uns zum Campingplatz?«, ertönte Joshas Stimme.
»Der bringt den Wagen in die Werkstatt.«
»Vorher müssen wir ausladen«, seufzte Franziska und öffnete die Beifahrertür.
Alle stöhnten laut auf.
»Können wir dann heute nicht in Urlaub fahren?«, fragte Josha enttäuscht.
»Heute nicht, morgen nicht, übermorgen nicht«, antwortete Franziska. »Außer es ist die Batterie. Dann geht es schnell.«
»Es gibt eine Lösung«, sagte Alma, sobald ihre Familie komplett versammelt vor der Garage stand.
»Halt uns jetzt bloß keinen Vortrag über Motoren«, stöhnte Michael, der bereits sein Handy gezückt hatte.
Alma schüttelte den Kopf und zog einen Umschlag aus ihrer Tasche.
Franziska schaute nur mit einem Auge hin. Aber Michael erkannte sofort, um was es sich handelte. »Sind das etwa Flugtickets, Alma?«
Alma nickte. »Großmutter hat sie mir gegeben. Bevor ich in die Bibliothek gegangen bin, habe ich sie kurz besucht, weil sie mich darum gebeten hatte. Sie meinte, ein Campingurlaub sei absolut indiskutabel. Sardinien wäre zwar ebenfalls kein wirklich adäquates Reiseziel, aber es würde gerade noch angehen.«
Lasse stieß einen lauten Jubelschrei aus. »Hey, das ist cool! Da kann ich Ole treffen!«
»Das dürfte schwierig werden«, erwiderte Alma wie aus der Pistole geschossen. »Sardinien ist 270 Kilometer lang und circa 145 Kilometer breit.«
»Gibt es da Meer?«, fragte Josha.
»Ehe ich das annehme, sterbe ich«, sagte Michael nun ziemlich laut.
»Da bin ich dabei, Schatz«, antwortete Franziska. Bevor eines der Kinder etwas sagen konnte, fuhr sie fort: »Leute, ich habe eine supertolle Idee!«
Acht Augen richteten sich auf sie.
»Wir lassen alle Sachen im Auto, machen das Garagentor zu, steigen in meinen Wagen und fahren drauflos. Einfach irgendwohin. Ohne Gepäck. Und
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