Kesrith – die sterbende Sonne
Schoß, bis in die Tiefe seines Herzens erschüttert und erschlagen.
Eddan und Sathell, die stets ein Teil seines Lebens gewesen waren. Er weinte mit entblößtem Gesicht, die Tränen tropften ihm auf die Hände, und er schämte sich, eine Hand zu heben, um sie wegzuwischen, denn das Kel weinte nicht.
»Sathell ist sehr krank«, sagte Intel sanft. »Und er wußte genau, was er tat. Glaube nicht, daß wir uns im Haß trennten. Melein weiß es. Eddan weiß es. Sathell war ein guter Mann. Unser uralter Streit: er war nie meiner Meinung, und dennoch leistete er mir dreiundvierzig Jahre lang gute Dienste. Ich hege keinen Groll gegen ihn, weil er schließlich nur seine Meinung gesagt hat. Wir waren Freunde. Und seid Eddan nicht böse. Ich wäre überrascht gewesen, hätte er anders gehandelt.«
»Du bist hart«, sagte Niun.
»Ja«, sagte sie. Mit einer leichten Berührung fuhr sie ihm über die Schulter, wischte das Zaidhe fort. Er streifte es ab, wickelte das Tuch fest um die geballten Fäuste, den Kopf immer noch gesenkt, denn seine Augen waren feucht. »Letzter meiner Söhne«, sagte sie dann, »liebst du mich?«
So offen, wie diese Frage gestellt war, traf sie ihn wie ein Hammerschlag. Und in diesem Augenblick konnte er nicht einfach sagen: Ja, Mutter. Er brachte es nicht fertig.
»Mutter«, sagte er schmerzerfüllt, für das Kel der beste und wertvollste von all ihren Titeln.
»Liebst du mich, Niun?« Ihre zarten Finger strichen über seine Mähne, berührten die Empfindsamkeit seines Ohres, zogen an den unteren Haarbüscheln an seiner Brust, eine Intimität für nahe Angehörige und Liebhaber: Hier ist ein Geheimnis , sagte die Berührung, etwas Verborgenes: sei aufmerksam.
Er war jetzt nicht stark genug für Geheimnisse, für keinerlei weitere Last. Er schaute zu ihr auf, versuchte zu antworten. Das ruhige Gesicht schaute mit seltsamem Verlangen zu ihm herunter. »Ich weiß«, sagte sie. »Du bist hier. Du erfüllst mir gegenüber deine Pflicht. Das ist schon eine gute und fromme Tat, mein Kind. Und ich weiß, daß ich dich beraubt und mißachtet habe und dich zu allem gezwungen, was du getan hast und jemals tun wirst.«
»Ich weiß, daß du gute Gründe hast.«
»Nein«, sagte sie. »Du bist Kel'en. Du weißt es nicht; du glaubst es nur. Aber es ist richtig, daß du das sagst. Und du hast recht. Morgen – morgen wirst du es sehen, wenn du die AHANAL siehst. – Melein...«
»She'pan.«
»Trauerst du Sathell nach?«
»Ja, She'pan.«
»Machst du mir Vorwürfe?«
»Nein, She'pan.«
»Auf der AHANAL wird es eine She'pan geben«, sagte Intel. »Diese She'pan ist nicht so gut geeignet, wie du es durch mich geworden bist.«
»Ich bin zweiundzwanzig Jahre alt!« protestierte Melein. »She'pan, du könntest das Kommando über die AHANAL übernehmen, aber wenn sie dich herausfordern, wenn sie dich herausfordern sollten ...«
»Niun wird mich verteidigen, er wird mich gut verteidigen. Und er wird dich verteidigen, wenn deine Stunde gekommen ist.«
»Übergibst du mir seine Verpflichtung?« fragte Melein.
»Wenn es Zeit ist«, sagte sie, »werde ich es tun. Wenn es für dich Zeit ist.«
»Ich weiß nicht alles, was ich wissen muß, She'pan.«
»Du wirst jeden töten«, sagte Intel, »der dir die Pana wegnehmen will. Ich bin die älteste aller She'panei, und ich habe meine Nachfolgerin auf meine eigene Art vorbereitet.«
»Mein Gewissen...«, protestierte Melein.
»Dein Gewissen«, unterbrach sie die She'pan, »befiehlt dir, zu gehorchen und keine Fragen zu stellen!«
Und die Droge begann in ihr zu wirken, und ihre Augen trübten sich; sie sank in ihre Kissen und war still.
Schon bald schlief sie hörbar.
Man sagte – in einer Geschichte, die man sich im Kel erzählte –, daß die Menschen während des Falls von Nisren tatsächlich einmal in das Edun eingedrungen waren, ohne die Versuche der Mri zu beachten, sie zum A'ani herauszufordern: der erste und schwerste Irrtum, den die Mri im Zusammenhang mit den Menschen begingen. Eine menschliche Streitmacht war durch die Hallen geströmt, während das Kath verzweifelt zu entkommen versuchte. Und Intel hatte sich zwischen dieses und die Menschen gestellt und die Halle mit eigener Hand in Brand gesteckt. Ob es an Intel selbst lag oder am Feuer: die Menschen waren gegen sie nicht angekommen. Sie hatte sich lange genug gehalten, um einigen vom Kath die Flucht zu ermöglichen, bis das kämpfende Kel die Halle erreichen und sie auf ein Regul-Schiff in
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