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Ketchuprote Wolken

Ketchuprote Wolken

Titel: Ketchuprote Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annabel Pitcher
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korrigierte ich.
    »Na, dann sollte ich dich vielleicht mitnehmen.«
    Ich glaube, ich sagte gar nichts mehr, sondern rannte nur auf die Straße raus, als die Ampel auf Grün umsprang und ein Typ wütend etwas durchs Fenster seines Lieferwagens schrie. Ich hielt zur Entschuldigung die Hand hoch und hechtete kopfüber in DOR1S . Aaron raste los, noch bevor ich die Tür zugemacht hatte. Ich hatte mich im Sitzgurt verheddert, und mein Gesicht war irgendwo nahe der Handbremse, als der Wagen losschoss, weshalb ich mit der Nase an Aarons Schenkel knallte und wir beide zu lachen anfingen.
    »Halt mal irgendwo an«, sagte ich atemlos.
    Aaron kam vor dem China-Imbiss zum Stehen. »Hi«, sagte er, als ich mich normal hingesetzt hatte.
    »Hi«, erwiderte ich, und ein Knallfrosch, der alles andere als beschädigt war, explodierte zwischen uns. Aaron trug wieder eine verwaschene Jeans und einen schlabbrigen blauen Pulli, und seine blonden Haare taten gar nichts Besonderes, sahen aber einfach umwerfend gut aus.
    »Und wo fahren wir jetzt hin?«, fragte Aaron.
    Ganz weit weg, hätte ich gerne geantwortet, und als Erstes dachte ich an Timbuktu, aber ich sagte ihm natürlich meine Adresse, weil ich wusste, dass Mum auf mich wartete. Aaron schaute über die Schulter und fuhr los, und in diesem Moment legte eine Frau in dem China-Imbiss ein Schild in der Tür um. Geöffnet . Innen gingen die Lichter an, und im Fenster leuchtete ein grüner Drache auf, und ich dachte an Abenteuer in fernen Ländern und wünschte mir so sehr, wie ich mir noch nie in meinem ganzen Leben etwas gewünscht hatte, dass wir in einem Zauberauto säßen, das uns nach Timbuktu bringen würde.
    »Dann auf zur Fiction Road«, sagte Aaron – wobei er natürlich meine echte Adresse sagte –, und ich fand es fantastisch, dass er wusste, wo mein Haus war und mich gar nicht nach dem Weg fragen musste.
    Dad hatte mal dieses Buch über die Anpassungsfähigkeit des Menschen gelesen, in dem stand, dass wir so beeindruckende Wesen sind, weil wir uns an alles gewöhnen können. Und das ist absolut wahr, Stuart. Menschen können im Flugzeug schlafen, ohne daran zu denken, wie wundersam es ist, dass sie hoch über den Wolken durch die Luft fliegen, bis nach Südame rika oder sonst wohin, und dass sie Tausende von Metern über der Erde aufs Klo gehen und über den Ozeanen pinkeln. Und so war es auch, als ich bei Aaron im Auto saß. Zuerst war es Whoooahhhh, aber schon nach ein paar Minuten hatte ich das seltsame Gefühl, dass dies genau der Ort war, an dem ich sein sollte. Wir glitten die lange Straße entlang, und die Ampeln wurden genau im richtigen Moment grün, als speie der Drache aus dem Imbiss smaragdgrünes Feuer, um uns den Weg zu leuchten.
    Aaron warf einen Blick auf meine Uniform.
    »Bath Highschool?«, sagte er. »Auf der war ich früher auch. Und mein Bruder ist immer noch da.«
    »Echt?«, sagte ich, als fände ich das interessant, aber in mir wurde alles kalt. Leber. Milz. Herz. Alles erstarrte zu Eis.
    »Max Morgan.« Aaron bog rechts ab. Gab Gas, weil die Straße leer war. Fuhr langsamer und bog links ab.
    In diesem Moment kam hinter uns ein Krankenwagen mit Blaulicht und Martinshorn angerast und bewahrte mich davor, etwas sagen zu müssen. Aaron trat auf die Bremse, und dabei knallte etwas Hartes an die Windschutzscheibe. Eine kleine rote Figur baumelte vom Rückspiegel und stieß an das Glas. Ich berührte das Ding mit der Hand, während der Krankenwagen an uns vorbeischoss und hinter der nächsten Kurve verschwand.
    »Das war knapp!«, keuchte Aaron.
    »Ist das …«
    »Fräulein Roth aus Cluedo.« Aaron nickte. »Und Cluedo-Würfel. Alle am College hatten diese schlappen Plüschteile, deshalb dachte ich, ich hänge mir echte Würfel ins Auto. Außerdem find ich Cluedo cool.«
    »Spielst du das gern?«
    »Magst du Cluedo?«
    »Total«, antworteten wir beide gleichzeitig und grinsten.
    »So viel besser als Monopoly. Ewig da im Kreis rumlaufen …«, sagte Aaron.
    »Und über Los gehen …«
    »Und der Bank Geld stehlen, damit man Häuser kaufen kann …«, fuhr Aaron fort. »Macht doch jeder«, sagte er, als er mein entsetztes Gesicht bemerkte.
    »Ich nicht!«
    »Ach, komm!«
    »Nee, ganz im Ernst jetzt!«
    »Du hast bei Monopoly noch nie Geld gestohlen?«, fragte Aaron. »Dann muss ich dir irgendwann zeigen, wie man das macht.«
    »Okay«, sagte ich mit einem Achselzucken. Aber in meinem Inneren zerschmolz mein Herz und floss über meine Knochen.
    Mein

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