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Ketchuprote Wolken

Ketchuprote Wolken

Titel: Ketchuprote Wolken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annabel Pitcher
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hatte, kam Dot mit ihrer Krone auf dem Kopf aus dem Wohnzimmer geschossen und gebärdete aufgeregt: »Ist das meine Prinzessinnentorte?«
    »Wie gewünscht!«, antwortete Mum. »Und wie geht’s meinem tollen Geburtstagsmädchen?«
    »Ich will sie sehen! Ich will sie sehen!«
    Mum stellte die Tüten ab und klappte den Karton auf. Dots Augen leuchteten, als sie die rosa Glasur betrachtete. Dann raste sie nach oben und stürmte in Sophs Zimmer.
    »Raus!«, schrie Soph.
    »Herr im Himmel, sie kann so übellaunig sein«, murmelte Mum. »Kein Wunder eigentlich, wenn sie so viel lügt. Ich hab sie heute früh zur Rede gestellt, und sie hat alles zugegeben. Wollte mir aber nicht sagen, warum sie das gemacht hat.«
    Ich ging in die Küche, stellte den Karton auf den Tisch und sagte über die Schulter: »Na ja, das liegt doch auf der Hand. Sie ist neidisch.«
    »Auf wen?«, fragte Mum, nahm sechs Kerzen und betrachtete bewundernd die Torte.
    »Auf Dot.«
    Mum schaute auf. »Warum sollte sie auf Dot neidisch sein?«
    Ich zuckte die Achseln. »Weil du deine ganze Zeit mit ihr verbringst.«
    Mum, die gerade eine Kerze in die Torte stecken wollte, verharrte in der Bewegung. »Ich muss, Zoe. Sie kann nicht hören …«
    »Das brauchst du mir nicht zu erklären. Ich verstehe das«, sagte ich und hatte wirklich zum ersten Mal das Gefühl, dass es so war. »Es tut weh, sie leiden zu sehen.«
    Mum schluckte und umklammerte die Kerzen fester. »Genau.«
    »Aber Soph leidet auch, Mum. Wenn du dich nicht mit Dot abgibst, dann regst du dich über Großvater oder die Jobsache oder dass wir nicht genug Geld haben auf. Und ich weiß auch nicht, aber es ist fast nicht mehr auszuhalten, dass ihr euch dauernd streitet. Tut mir leid«, fügte ich hastig hinzu, weil ich fürchtete, dass ich zu weit gegangen war und gleich Ärger kriegen würde.
    »Es braucht dir nicht leidzutun«, erwiderte Mum, sank auf einen Stuhl und starrte auf die Kerzen in ihrer Hand. Ich wollte rausgehen, aber als ich an der Tür war, sagte Mum: »Sag Soph, dass ich mit ihr reden will, ja?«
    Ich weiß nicht, worum es bei dem Gespräch ging, aber als wir zu Mittag aßen, waren Sophs Augen rot und verquollen. Die Lasagne mit der knusprigen Käseschicht schmeckte köstlich. Dot kicherte und schnaufte und gebärdete wie verrückt. Sie war aufgeregt wegen ihrer Bowlingparty am nächsten Tag, fragte sich, was für Geschenke sie von ihren Freundinnen bekommen würde, und freute sich darauf, Bowlingschuhe zu tragen.
    »Darf ich die behalten?«, gebärdete sie.
    Dad lachte. »Nein, Dummerchen! Du musst sie wieder zurückgeben. Aber für zwei Stunden gehören sie dir.«
    »Zwei ganze Stunden?«
    »Zwei ganze Stunden«, bestätigte Dad und kitzelte sie am Kinn.
    »Kindsköpfe«, raunte Mum Soph zu, die daraufhin breit grinste.
    Du fragst dich jetzt vermutlich, was sich inzwischen bei Aaron zu Hause abgespielt hat, Stu, und du kannst mir glauben, dass ich darüber auch nachgedacht habe, während ich mit Torte vollgestopft auf der Couch lümmelte und Mum und Dad in der Küche ein langes Gespräch hatten. Keine Ahnung, worum es ging, aber sie schrien ausnahmsweise mal nicht herum, so dass ich mich in Ruhe mit den Brüdern befassen konnte. Oder was man so Ruhe nennt, mit Flattern im Bauch. Angst war da bei, aber auch angenehme Aufgeregtheit. Zum hundertsten Mal checkte ich mein Handy, sah aber nur das Foto von Dot auf dem Display, das sie ohne mein Wissen selbst gemacht hatte: Sie streckte darauf mit verdrehten Augen die Zunge heraus und drückte dabei ihre Nase so weit hoch, dass man reingucken konnte.
    Die Zeit wollte nicht vergehen, auch nicht, indem ich eine Zeitschrift durchblätterte oder an Wischel der Wuschelklops weiterschrieb oder mein Zimmer so lange aufräumte, bis sogar meine DVDs alphabetisch geordnet waren. Am Ende konnte ich nur noch unter meine lila Bettdecke kriechen und abwarten. Ich zog sie mir wie ein Zelt über den Kopf, um den Rest der Welt auszuschließen, und als ich so dalag, klingelte plötzlich mein Handy. Ich starrte auf das Display, auf dem Aarons Name erschien und meine Welt erleuchtete.
    »Hey«, sagte ich, überglücklich, von ihm zu hören.
    »Hey«, erwiderte er.
    »Wie lief’s? War er sauer? Hat er dich geschlagen?« Aaron blieb stumm. »Oh Gott! Er hat dich gehauen, oder? Bist du okay?«
    Aaron atmete lautstark aus. »Ich wollte es wirklich machen, ich schwör’s dir.«
    »Was heißt ›wollte‹? Hast du’s ihm nicht gesagt?«
    »Ich konnte

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