Ketten der Liebe
Gespräch mit dir beruhigt hat, Iniga.«
»Mutter sagt, Hatiba ist sehr hübsch. Sie hat sie gesehen, als sie und Vater zu Hussein ibn Husseins Haus in die Berge gefahren sind, um den Vertrag auszuhandeln«, sagt Iniga. »Sie hat dunkle Haare und helle Augen.«
»Das sagte mir Mutter bereits, aber Mütter sind in solchen Angelegenheiten oft nicht die besten Richter, kleine Schwester«, warf er ein.
»Soll ich dir nach dem Brautbad Bericht erstatten?« fragte Iniga schelmisch. »Nicht, daß es dir etwas nützen würde, falls sie wirklich wie ein Pferd aussieht und sich wie ein Kamel benimmt. Du wirst sie trotzdem heiraten müssen.«
»Das tröstet mich wirklich, Iniga«, sagte Karim, und sie lachten beide. »Wirst du mir Bericht erstatten?« bat Karim. »Natürlich«, versprach sie ihm lachend. Machte es wirklich einen Unterschied, ob Hatiba hübsch war oder nicht? fragte er sich. Vielleicht würde es ein Leben etwas leichter machen, dachte er, aber es würde nicht unbedingt bedeuten, daß er sie lieben könnte. Armes, kleines Mädchen.
Sie war an all dem so unschuldig. Es war nicht ihre Schuld, daß er Zaynab liebte. Vielleicht brauchte er wirklich eine unerfahrene Jungfrau, die ihn für wunderbar halten würde, weil sie nichts anderes kannte. Das könnte ein wahrer Segen für ihn sein. Wenn Hatiba nie die Liebe kennengelernt hatte, war es unwahrscheinlich, daß sie darunter litt, wenn er sie nicht lieben könnte.
Bei diesen Gedanken wurde ihm unwohl. Diese Einstellung war unehrlich, und Karim al Malina war ein aufrichtiger Mann. Wie konnte er die Erinnerung an goldene Haare, aquamarinblaue Augen und einen Körper, der einen starken Mann schwach wie ein Baby werden ließ, aus seinem Gedächtnis löschen? Er war dazu nicht in der Lage. Aber Hatiba durfte nicht unter dieser Charakterschwäche leiden.
Das Brautbad fand am Tag vor der Hochzeit statt. Die Frauen der beiden Familien und die wenigen Freundinnen der Braut, die mit ihr in die Stadt gekommen waren, trafen sich am Nachmittag zum Baden, Einparfümieren und Schwatzen. Dies sollte die Braut beruhigen und ihr das Gefühl geben, bei Menschen zu sein, die sie liebten und immer lieben würden. Danach ging Iniga vom Badehaus zu den Gemächern ihres Bruders im Haus ihres Vaters.
»Hast du sie gesehen?« Karim hatte den Nachmittag über ungeduldig auf das Ende der Zeremonie gewartet. Iniga nickte ernst. »Und?« fragte er fast gierig.
»Wie Mutter schon sagte, sie ist sehr hübsch«, begann Iniga langsam, »aber ...« Sie suchte nach den richtigen Worten. »Aber was?« Bei Allah, was war los? fragte sich Karim. »Ich fand sie verdrießlich«, sagte Iniga geradeheraus. »Sie scheint über diese Ehe nicht glücklich zu sein, Karim. Es ist nicht Nervosität, da bin ich mir sicher. Den ganzen Nachmittag hat sie kaum gelächelt. Aber als sie es doch getan hat, konnte ich sehen, daß sie gute Zähne hat. Das ist wenigstens etwas.«
Sie war verdrießlich und hatte gute Zähne. Das war nicht gerade beruhigend. »Sie hat der Ehe zugestimmt«, erwiderte er, »sonst könnte sie nicht stattfinden. Vielleicht hat sie nur Angst, Iniga.
Schließlich soll sie morgen einen völlig fremden Mann heiraten.«
»Ja«, erwiderte Iniga. »Daran habe ich nicht gedacht. Schließlich habe ich jemanden geheiratet, den ich kannte, und ich habe auch nicht wirklich meine Familie verlassen. Du hast wahrscheinlich recht, Karim. Sie hat Angst, aber du wirst sie beruhigen, wenn du erst einmal ihr Mann bist. Dann wird sie schon merken, daß sie sich nicht zu fürchten braucht.« Aber Iniga glaubte ihre eigenen Worte nicht einen Augenblick. Hatiba war so verdrossen gewesen wie jemand, den man dazu gezwungen hatte, etwas gegen seinen Willen zu tun. Sie hoffte, daß Karim ihr helfen konnte, ihren Kummer zu überwinden. Vielleicht würde ihn diese Aufgabe auf gewisse Weise glücklich machen.
Die Hochzeit fand an einem klaren, sonnigen Tag statt. Sie hatten Glück, denn es war schon fast Regenzeit. Zuerst gingen die männlichen Familienmitglieder und Freunde baden und dann in die Moschee, wo der Imam den Vertrag prüfte, der vor Wochen von einem Kadi aufgesetzt worden war.
Er fragte, ob der Brautpreis bezahlt worden sei und war zufrieden, daß alle Parteien sich einig waren.
Dann vollzog er die Zeremonie, die Karim ibn Habib und Hatiba bat Hussein in der Ehe vereinte, obwohl die Braut selbst nicht anwesend war. Danach kehrten die Männer zu Habib ibn Maliks Garten zurück, in dem Hatiba in
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